„Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, sagt Lenert im Gespräch mit der Main-Post. In den letzten nicht einfachen zwei Jahren, so der 39-Jährige, erfolgte eine Neuausrichtung auf hochtechnologische Produkte für die Fahrzeugindustrie. Schmitter trennte sich von Unternehmensbeteiligungen und Produktsparten. „Wir haben den Umgang mit der Krise in diesen zwei Jahren bereits trainiert und werden gestärkt nach der Weltwirtschaftskrise am Markt stehen“, ist Lenert überzeugt.
Zu der Neuausrichtung gehört auch der Einstieg des chinesischen Autozulieferers Zhonding Co. Ltd., der 75,1 Prozent der Aktien der SchmitterGroup AG seit Dezember 2008 hält. Die enge Verflechtung mit dem Familienunternehmen, das sich auf Gummidichtungen in Fahrzeugen sowie unterschiedlichen Hydraulik- und Pneumatikanwendungen konzentriert, stützt Schmitter in der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht nur finanziell. Mit dem starken chinesischen Partner, der über 10 000 Mitarbeiter in etwa 20 Fabriken zählt und Gummisegmente liefert, positioniere sich Schmitter aufgrund der hohen Kompetenz in der Umformtechnik von Stahlrohren, mit gemeinsam entwickelten neuen Systemen in der globalen Motorenproduktion, so Lenert.
Zur Krisenbewältigung gehören neben Einsparungen bei den Fix- und Sachkosten auch Einschnitte in den Betrieben in Thüngen, wo 240 Mitarbeiter kurzarbeiten, sowie in Drensteinfurt mit 70 Kurzarbeitern und in den Standorten in Österreich und Malaysia. In Thüngen haben die Mitarbeiter sich vertraglich zusichern lassen, dass es bis Jahresende keine Entlassungen gibt. Für Diplom-Ingenieur Lenert aus Erlangen, der die letzten drei Jahre nach eigener Aussage Schmitter in Österreich sanierte und der die soziale Verantwortung gegenüber den Arbeitnehmern betont („Unsere Mitarbeiter sind unser größtes Kapital“), steht allerdings alles auf dem Prüfstand, wenn es gilt, die Firma im Kern zu erhalten. Mehrarbeit, Überstunden, flexible Arbeitszeiten, Abstriche bei Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie eine Verschiebung der Tariferhöhung, es gebe nichts, was man nicht überdenken müsste, so der 39-Jährige. 50 Prozent Umsatzeinbruch ist keine Konjunkturdelle, sondern verlangt auch nach adäquaten, wenn auch ungeliebten Maßnahmen, so sein Credo.
Er schließt auch keine Entlassungen in den vier Standorten aus, denn für ihn ist das derzeitige Durchatmen in der Autoindustrie trügerisch. Bleibt die Dynamik am Markt, wenn die Abwrackprämie ausgelaufen ist? Lenert ist überzeugt: „Der Markt wird sich in den nächsten ein bis drei Jahren nicht erholen.“
Nutzfahrzeuge sinken in der Nachfrage genauso wie große Pkw, auf dem Markt sind derzeit kleine Autos gefragt. Schmitter trägt dem Rechnung. Lenert zählt das Produktspektrum auf, mit dem die Thüngener mit fünf bis zehn globalen Wettbewerbern den Weltmarkt beherrschen: Einspritzdüsen, die die Kolben mit Öl kühlen, Kardanrohre, Lenkgehäuseteile sowie Kraftstoffeinspritzleitungen und Kraftstoffverteilersysteme für Benzin-Motoren (wie z.B. für die modernen FSI-Motoren). „Besonders hier wächst der Markt gegen die Krise, dank der Kraftstoff- und Immissionsdiskussion“, sagt der neue Vorstandsvorsitzende.
Durch die Allianz mit Zhonding, wie Alexander Lenert, die auf lange Sicht angelegte Zusammenarbeit nennt, mit der Konzentration auf das Kerngeschäft und auf technisch anspruchsvolle Produkte übersteht die SchmitterGroup die Krise, „nicht heillos, aber wir überstehen sie.“
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