Das Arbeitsaufkommen in einigen Schneidereibetrieben war gerade zu Beginn der Corona-Pandemie hoch. Nicht nur mit dem Nähen von Schutzmasken waren diese beschäftigt – auch die Nachfrage nach Stoffen und Nähzubehör stieg während der Ausgangsbeschränkungen drastisch an, erinnert sich Schneidermeisterin Nadja Born an das Frühjahr. "Ein Trend zum Selbstnähen war schon die letzten Jahre zu bemerken", sagt Born. "Durch die Corona- Krise hatten die Leute wieder deutlich mehr Zeit, um eigene Stücke anzufertigen, selbst alte Nähmaschinen wurden wieder betriebsbereit gemacht."
Gemeinsam mit ihrer Geschäftspartnerin Carolin Vormwald betreibt Born das Geschäft "Nähfreunde" in der Lohrer Innenstadt. Dort dreht sich alles um Stoffe und Fäden. "Querbeet, vom Kind bis zum Senior", beschreibt Born ihre Kundschaft. Auf Kundenwunsch fertigen die beiden Schneiderinnen individuell auch Kinderkleidung und kleinere Artikel.
Traum von eigener Änderungsschneiderei erfüllt
"Ich habe mein Handwerk in der Türkei gelernt", sagt Nazan Ucar, die gemeinsam mit ihrem Mann Hikmet eine Änderungsschneiderei in der Lohrer Innenstadt betreibt. Ucar war in ihrer Heimat 20 Jahre in der Textil- und Änderungsbranche selbstständig. Den Traum vom eigenen Laden in Deutschland erfüllten sich die beiden Türken im vergangenen Jahr.
Neben einer vorwiegend älteren Kundschaft haben die Ucars einen Wandel hin zu jüngeren Menschen erkannt. "Der Trend ändert sich", erklärt Nazan Ucar. "Ein Kleid oder eine Hose zu ändern spart auch Geld." Die Corona-Krise habe der kleinen Schneiderei zugesetzt, sagt Hikmet Ucar. Etwa ein Viertel weniger Aufträge kamen dieses Jahr rein. Als Konkurrenz zu anderen Betrieben sehen sich die Ucars nicht. Und Freude an der Ausrichtung ihrer Arbeit, für die sie viel Zeit und Geduld benötigen, hat das Ehepaar ohnehin.
Wombacher Schneiderin macht in erster Linie Maßanfertigungen
Seit 1993 arbeitet Vera Nätscher in ihrer eigenen Schneiderei in Wombach. Die Meisterin ihres Handwerks hat den Beruf der Maßschneiderin gelernt. Nätscher erklärt, dass sie in erster Linie Maßanfertigungen macht. Neben ihrer handwerklichen Tätigkeit engagiert sich die 61-Jährige auch als stellvertretende Obermeisterin in der Innung des Bekleidungshandwerks für Unterfranken. Dort hat Nätscher Fertigkeiten gelernt, die sie noch immer selbst an Auszubildende und Praktikantinnen weitergibt.

"Vor allem Frauen sind bereit, für nachhaltige und hochwertige Bekleidung mehr zu zahlen", sagt Nätscher. Vermehrt Zuwachs hatte Nätscher zuletzt auch von jungen Frauen. Ein Grund dafür dürfte auch ihre Spezialisierung auf Kleidung der 40er und 50er Jahre sein. Hierfür hat die Schneidermeisterin mit "Zeitreise Franken" ihr eigenes Label gegründet. "Das ist mein Faible", so Nätscher. "Ich liebe auch Möbel und Fahrzeuge aus dieser Epoche."
Dass der Schneiderin die Tradition zu ihrem Beruf bewusst ist, beweist sie seit einigen Jahren auch bei der Lohrer Karfreitagsprozession. Dort ist Nätscher bei der Schneiderzunft aktiv. Auch das Kostüm des Lohrer Schneewittchens stammt aus ihren Händen. Im Frühjahr nähte sie zudem in langen Schichten zweilagige Schutzmasken.
"Unser Beruf wird bestehen bleiben", ist sich Nätscher sicher. Neben einem Gespür für Farben und Formen steht für Nätscher die Frau im Vordergrund: "Die Liebe zur Kleidung der Frau, egal mit welcher Figur, ist auch die Liebe zu meinem Beruf."