„Es riecht, als ob sich 1000 Frauen gleichzeitig die Nägel lackieren“, beschreibt Rita Zeh, was ihr seit August 2010 stinkt. Als Ursache der Gerüche haben sie und ihre Nachbarin Dagmar Wohlfahrt eine wieder in Betrieb genommene Schreinerei in der Zellinger Vorstadt ausgemacht.
Zehn Jahre war diese Schreinerei laut den beiden Damen stillgelegt. Vor der Neuinbetriebnahme sei das Gebäude zwar energetisch saniert worden, aber die Abzugs- und Filteranlage sei noch die alte und auf dem Stand von vor 40 Jahren.
Baurechtlich ist das allerdings nicht zu beanstanden. Auf einen Beschwerdebrief vom Oktober teilte ihnen Landrat Thomas Schiebel Mitte November mit, dass der Spritzraum der Schreinerei schon 1975 und 1984 als solcher ausgewiesen war. Das gehe aus Akten des Staatsarchivs Würzburg hervor, die das Landratsamt eigens anforderte. Damit besteht für die gesamte Schreinerei Bestandsschutz, auch wenn sie zehn Jahre stillgelegt war. Gleiches teilte ihnen auch Zellingens Bürgermeister Wieland Gsell mit. Aus baurechtlicher Sicht gibt es nichts zu beanstanden. Die jetzige Nutzung nach dem Immissionsschutzgesetz werde durch das Landratsamt geprüft.
Neben dem Geruch nach Lack und Lösungsmittel monieren Zeh und Wohlfahrt das laute Brummen der Anlage. Wenn diese laufe, sei an Fenster öffnen oder Aufenthalt im Garten nicht zu denken, auch biologischer Gemüseanbau sei nicht möglich. In der Schreinerei werde täglich bis zu zehn Stunden gearbeitet, auch samstags und sonntags. In ihrem Brief an den Landrat fragen sie sich sogar, ob die Schreinerei nicht schon ein Industriebetrieb sei.
Tischler Theo Inderwies, der die Schreinerei schon im Mai von der Firma Benkert pachtete, versteht die Aufregung nicht. Er habe insgesamt eher wenig zu lackieren, überwiegend verarbeite die Tischlerei Platten mit fertigen Kunststoffoberflächen. Wie er wisse, habe der Vormieter anders als er sogar sonntags lackiert. Zum Spritzen verwende er ganz normalen DD-Lack (das sind Lacksysteme auf Polyurethanbasis). Den Abzugskamin habe er, wie vom Landratsamt gefordert, etwas erhöht. Weitere Investitionen in diesem Bereich werde er aber nicht leisten, das liege in den Händen seines Vermieters. Zudem liege die Schreinerei in einem Mischgebiet.
Möglicherweise ist das Problem bald aus der Welt. In den nächsten Tagen sind Rita Zeh und Dagmar Wohlfahrt zu einem Gespräch ins Landratsamt eingeladen. Landrat Thomas Schiebel kündigte schon Mitte November an, dass ein Umweltingenieur aus dem Sachgebiet Immissionsschutz an einem Lösungsvorschlag arbeitet.