Es gibt Kinder in der Zellinger Hauptschule, die kommen morgens um 7 Uhr und gehen abends um 7 Uhr. Das mag in Schülerohren früherer Generationen nach Höchststrafe klingen, „aber die Hauptschule Zellingen hat für ihre Kinder ein soziales Paket geschnürt, das Modell für alle Hauptschulen stehen sollte“, findet Jürgen Keller, Leiter der Kinder- und Jugendhilfe des Diakonischen Werks Würzburg.
Zweimal in der Woche, mittwochs und donnerstags, gibt es um 7.15 Uhr Frühstück für die Kinder, informiert Rektorin Maria Düsel. Von Montag bis Freitag können die Schüler die Offene Ganztagsschule (OGS) besuchen, die ihnen Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung, individuelle Förderung und Freizeitgestaltung bietet. Am Dienstag, Donnerstag und Samstag öffnet ab 18 Uhr das Jugendzentrum im ehemaligen Zeichensaal im Keller der Schule seine Pforten.
Grenzen der Arbeit fließend
Außerdem gibt es an der Schule einen Sozialpädagogen für die Schulsozialarbeit. Christof Reißenweber ist bereits seit 2004 „an Bord“ der Hauptschule. 18 Stunden seiner Arbeitszeit widmet er der OGS, 22 Stunden der Schulsozialarbeit. Diese Stunden fallen in die Schulzeit, in den Vormittag, damit er für die Schüler, die seiner Unterstützung bedürfen, auch erreichbar ist. Oft aber sind die Grenzen seiner Tätigkeiten fließend.
Simon ist 15 Jahre alt und besucht im dritten Jahr die Offene Ganztagsschule. Der Neuntklässer geht gerne hin. „Meine Noten haben sich gebessert, und das Programm ist abwechslungsreich mit viel Sport.“ Das Mittagessen findet er sehr gut. Seine Eltern sind beide berufstätig, daheim müsste er mittags selbst etwas kochen. Und abends geht er immer ins Jugendzentrum. „Ich sehe den ganzen Tag meine Freunde.“
„Mit diesen Angeboten wird die Schule zu einem Lebens- und Erlebnisraum für die Kinder“, sagt Jürgen Keller vom Diakonischen Werk als Träger der Offenen Ganztagsschule und des Jugendzentrums. Die Schule steht nicht isoliert für sich, sondern wird, zum Beispiel durch die Aktionen des Juz, das nicht nur Schüler und Ehemalige besuchen und das auch Vereine einbindet, zu einem Teil der Dorfgemeinschaft. „So eine Jugendarbeit funktioniert nur an einer Hauptschule, weil die Kinder vom Ort sind.“
„Mit diesem Paket tragen wir den Anforderungen einer veränderten Kindheit Rechnung“, erklärt Rektorin Düsel. Es sei nicht so, dass an der Zellinger Hauptschule besonders viele Problemfälle zu finden seien. Vielmehr sei es der gesellschaftliche Wandel, der Veränderungen auch an der Schule mit sich bringt.
„Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“, zitiert Jürgen Keller ein afrikanisches Sprichwort, übertragen auf eine Familie, die es behütet. Doch allzu oft fokussierten sich heutzutage alle Aufgaben auf die Mutter, was Keller keinesfalls als Schuldzuweisung, sondern lediglich als Teil einer gesellschaftlichen Entwicklung verstanden wissen will. Die Besonderheit der ganztägigen Betreuung liege daher auch im Team, das den Kindern durch Kontinuität feste Bezugspersonen bietet.
Fünf bis 20 Schüler, vorrangig aus der fünften bis siebten Klasse, kommen an den beiden Tagen zum Frühstück, das unter der Leitung eines Sozialpädagogen und einer Hauswirtschaftslehrerin steht. Das Frühstück, ein gesundes Büfett, kostet einen Euro und soll sich finanziell selbst tragen. Eingekauft wird vorher. Die Kinder helfen bei der Vorbereitung und beim Abräumen.
Zu ihnen gehört Anna-Lena. Der Zwölfjährigen, die auch die Ganztagsschule besucht, macht es Spaß, in der Helfergruppe zu arbeiten. „Frühstück in der Schule ist lustiger als daheim.“ Nicht alle Kinder stehen aus reinem Vergnügen um 7 Uhr in der Schule. „Einige Kinder gehen morgens mit aus dem Haus, wenn die Eltern zur Arbeit müssen“, sagt Rektorin Düsel.
ie Offene Ganztagsschule (OGS) bietet 44 Plätze in zwei Gruppen, die mit 49 Schülern belegt sind. „Wir sind dicke voll“, sagt Maria Düsel. Es besteht eine Warteliste. Neben den Angeboten wie Essen, Hausaufgabenbetreuung und Freizeit gibt es auch Förderungen außer der Reihe. Im vergangenen Jahr, zum Beispiel, gab es für die Neuntklässer ein Spezialprogramm als Vorbereitung auf den „Quali“. „Alle haben bestanden, darunter war auch der Schulbeste.“ Heuer gibt es ein ähnliches Angebot.
Das Jugendzentrum richtet sich an die Zwölf- bis 18-Jährigen als Zielgruppe. Rund 20 Kinder und Jugendliche kommen an den Öffnungsterminen. Im Jugendzentrum liegt eine wichtige Schnittstelle zwischen Schule und Dorfgemeinschaft.
Dieses Rund-um-Angebot gibt es nicht für lau. Sachaufwandsträger der Hauptschule ist der Schulverband Zellingen. Für die OGS stellt der Verband im laufenden Jahr 19 832 Euro zur Verfügung. Die Jugendsozialarbeit an der Schule kostet den Verband nochmal 16 164 Euro pro Jahr.
Zukunft liegt bei den Kindern
Diese Beträge werden nach Schülerzahlen auf die Mitgliedsgemeinden umgelegt. „Ich sage den Gemeinden immer: bevor Ihr ,e Sträßle' teert, die Zukunft liegt bei unseren Kindern“, sagt Thomas Hehrlein, Geschäftsführer des Schulverbandes. So ist die Kommune Zellingen mit 13 860 Euro für die OGS dabei, 11 200 Euro zahlt sie anteilig für die Schulsozialarbeit und das Jugendzentrum schlägt mit 27 500 Euro zu Buche, erklärt Kämmerer Wolfgang Pfister auf Anfrage der Main-Post.
Diakonie und Kirche steuern für das Jugendzentrum 2273 Euro pro Jahr plus die ehrenamtliche Leitung bei, für die OGS zahlen sie 5000 Euro im Jahr und unterstützen die Schulsozialarbeit mit 2500 Euro jährlich. Weitere Zuschüsse erhält Zellingen vom Staat und vom Kreis.
Das Team
Eine feste und verlässliche Größe im Zellinger Schulleben bildet das Team, in dessen Händen die ganztägige Betreuung der Kinder liegt:
Christof Reißenweber, Sozialpädagoge (Frühstück, Offene Ganztagsschule (OGS), Jugendsozialarbeit an Schulen); Katrin Ganzinger, Sozialpädagogin (OGS und Jugendzentrum); Kilian Schick, Sozialpädagoge (OGS und Jugendzentrum); Martina Klug, Motopädin (OGS); Elfriede Hagen, Lehrerin im Ruhestand (OGS); Marion Kraft, Hauswirtschaftslehrerin (Frühstück) sowie Jürgen Keller, Leiter der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe des Diakonischen Werks Würzburg.