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ERLENBACH: Seehofer auf Stimmenfang im Garten Eden

ERLENBACH

Seehofer auf Stimmenfang im Garten Eden

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    Quo vadis, CSU – wohin gehst du? Kreisvorsitzender und Landratskandidat Klaus Bittermann (Lohr), Bundeslandwirtschaftsminister und Kandidat um den Parteivorsitz, Horst Seehofer, und stellvertretender Kreisvorsitzender Walter Höfling (Rieneck) bei der Kundgebung in der Erlenbacher Festhalle in Gedanken versunken.
    Quo vadis, CSU – wohin gehst du? Kreisvorsitzender und Landratskandidat Klaus Bittermann (Lohr), Bundeslandwirtschaftsminister und Kandidat um den Parteivorsitz, Horst Seehofer, und stellvertretender Kreisvorsitzender Walter Höfling (Rieneck) bei der Kundgebung in der Erlenbacher Festhalle in Gedanken versunken. Foto: FOTO Joachim Spies

    Nach eineinhalb Stunden engagierter Rede kann Seehofer zufrieden sein. Ernst Herr (Lohr), der ihn und Huber gehört hat, hält ihn für „den besseren Vorsitzenden“. Auch Brigitte Kuhn (Steinbach) stellt fest: „Vieles hat mir aus der Seele gesprochen.“ Doch was denken die anderen? Der Beifall der über 200 Zuhörer im Saal ist freundlich, aber nicht enthusiastisch. Minister Eberhard Sinner, der Chef der Staatskanzlei, bringt es auf den Punkt: „Das Rennen ist noch nicht entschieden, aber es gibt eine Führung für Huber.“

    Mit dem Frankenlied, gespielt von den Erlenbacher Musikanten unter Dörte Rolfing, zieht Seehofer in den Saal. „Die Franken sind auf dem Weg in den Garten Eden“, stellt er später fest, denn der nächste Ministerpräsident Bayerns, Günther Beckstein („der richtige Mann, auch wenn er sich beim Parteivorsitz anders festgelegt hat“), sei Franke. Dass Franken mit Gabriele Pauli auch eine Parteivorsitzende stellen könne, darüber verliert Seehofer kein Wort.

    Überhaupt ist Pauli den CSUlern am Freitagabend nur eine Randbemerkung wert. Leider bestehe nicht die Möglichkeit, auch die dritte Bewerberin um den Parteivorsitz in den Landkreis Main-Spessart zu holen, so Kreisvorsitzender Klaus Bittermann. Die schöne Landrätin wolle nicht zu den Kreisverbänden kommen, ergänzt Eberhard Sinner. Allen Rednern und Zuhörern im Saal ist klar: Huber oder Seehofer – das ist die Frage, nichts anderes.

    Für die 16 Delegierten aus dem CSU-Kreisverband Main-Spessart gibt es bei der Wahl am 29. September keine Vorgaben. „Das ist ein demokratisches Verfahren; jeder muss selbst entscheiden“, betont Minister Sinner, der sich aber ebenso wie Bittermann bereits auf Huber festgelegt hat. Trotzdem findet er den Wettbewerb im Innern gut. „Da kriegt die Partei keine müden Füße und das macht sie wettbewerbsfähiger nach außen“, sagt der Lohrer.

    Horst Seehofer weiß, dass er sie alle ansprechen muss, wenn er eine Chance haben will – die Jungen und die Alten, die Konservativen und die Liberaleren, die Frauen, die Funktionäre und die von der Politik Enttäuschten. Die CSU müsse den Charakter der Volkspartei bewahren, müsse glaubwürdig sein und sich zugleich erneuern, sagt er. Dafür propagiert er den Politiker als Dienstleister: „Wir müssen den Menschen vermitteln, dass nicht sie für uns da sind, sondern wir für sie.“

    Erfahrung und Hefeteig

    Was Seehofer wurmt: „Mir sind manchmal einige Leute zu viel unterwegs, die sich überlegen, wie man die Beute verteilt, und nicht, was können wir für die Menschen in unserem Land tun.“ Für die Erneuerung der Partei brauche es die Erfahrung der Älteren, vor allem aber den „gärenden Hefeteig“ der Jugend. Beifall bei den Anwesenden aus der Jungen Union findet sein Appell: „Wir müssen den Staffelstab des Erfolges Zug um Zug an die junge Generation der 30- und 40-Jährigen weitergeben.“

    Beifall gibt es auch für seiner Bemerkung, es sei arrogant und frech in der bildungspolitischen Diskussion, wenn man Hauptschüler mit Gescheiterten gleich setze. Sie seien für eine Gesellschaft genauso wichtig wie Eliten. Seehofer: „Erst das Zusammenspiel der verschiedensten Kräfte und Talente ermöglicht Marktwirtschaft und lässt Wohlstand für alle entstehen.“ Seine Schilderungen des Ringens um Bürokratieabbau erinnern ein wenig an Don Quichottes Kampf gegen Windmühlen. Es sei leichter, einen neuen Paragrafen zu beschließen als einen bestehenden abzuschaffen, bedauert der Minister mit Hinweis auf Verbände und Interessensgruppen, und findet in Eberhard Sinner einen Leidensgenossen: „Jeder Paragraf weniger in Bayern ist ein Gewinn für die Menschen, aber jeder Paragraf wird verteidigt wie das Weltkulturerbe.“

    So verspricht Seehofer zwar Erich Roth (Wiesenfeld), seine Sorgen um die Zukunft der Zuckerrübenanbauer ernst zu nehmen, bittet ihn aber zugleich, seine Anliegen auch bei den eigenen Verbänden deutlich zu machen. Eine ähnliche Anregung geht an Unternehmerin Brigitte Kuhn, die das Gerede über Bürokratieabbau in Deutschland aggressiv macht. „Ich unterstelle den Politikern, dass sie oben nicht wissen, was sie unten verbrechen“, schimpft sie. Schafzüchter Wolfgang Brasch (Fellen) und Eußenheims Bürgermeister Herbert Schneider stoßen mit ihren jeweiligen Anliegen ins selbe Horn. Doch Licht in den Bürokratiedschungel zu bringen, das ist wie Dicke-Bretter-Bohren. „Jeder hat tausend Gründe, weshalb ein bestimmter Paragraf sein muss“, berichtet Seehofer aus seinen Gesprächen.

    Alltagssorgen an der Basis

    Verständnis zeigt der Bundesminister für den Ärger von Erlenbachs Bürgermeister Paul Diener, der auf die Schwächen des bayerischen Kindergartengesetzes hinweist. Hier würde das Wahlrecht der Eltern höher gewichtet als die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen, so Diener unter dem Beifall der Kommunalpolitiker. Stark machen will sich Seehofer für den deutschen Wein, der Diener, zugleich Weinbauvorsitzender, am Herzen liegt. „Wenn andere Länder Limonaden herstellen und als Wein bezeichnen wollen, dann sollen sie das tun“, so Seehofer. „Wir aber wollen unseren fränkischen Wein in bewährter Qualität erhalten.“

    Als „netten Kerl“ und „soziales Gewissen der CSU“ hatte Klaus Bittermann eingangs den Bundesminister vorgestellt. Dass dieser das bleiben will, egal wie die Wahl ausgeht, das findet den stärksten Beifall im Saal. „Wenn man verliert, dann hat man sich wieder einzureihen und mitzuhelfen, dass die nächsten zwei Jahre erfolgreich gestaltet werden“, sagt Seehofer. Doch resignieren muss er noch nicht.

    „Es war weise von Ihnen, zu uns nach Erlenbach zu kommen“, begrüßte ihn Ortsvorsitzender Wolfram Blasch mit Hinweis auf die früheren Gäste Franz-Josef Strauß, Helmut Kohl und Gerhard Schröder im Saal, „denn viele politischen Schwergewichte sind erst ins Amt gelangt, nachdem sie hier ihre höheren Weihen erhalten haben.“

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