Die Bretter, die angeblich die Welt bedeuten, bestehen für Manuela Feistle und Hugo Wamser zur Zeit aus feinem Sand und – hoffentlich bis zum Ende der Spielzeit – aus trockenem Erdboden. Die Kulisse vor dem in dämmeriges Abendlicht getauchten Schloss Mespelbrunn ist noch schöner als im Film und die Freilicht-Darsteller des Stücks „Wirtshaus im Spessart“ bekommen mehr hörbaren Applaus als seinerzeit die Filmschauspieler – obwohl letztere sogar Weltruhm erlangten.
Noch bis einschließlich 25. August singen, tanzen und springen rund 100 Laienschauspieler der Spessartbühne Mespelbrunn und des FSV Hessenthal/SV Mespelbrunn vor dem malerischen Wasserschloss, das in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in seine heutige Gestalt im Renaissance-Stil umgebaut wurde.
Tragende Rollen spielen in dem kurzweiligen Stück auch zwei echte Main-Spessarter: Manuela Feistle aus Roden und Hugo Wamser aus dem Bischbrunner Ortsteil Oberndorf. Auftritte vor Leuten sind für beide nichts Ungewohntes. Ihre Erfahrung darin erleichtert beiden das Agieren auch vor größerem Publikum.
Den größeren „Karrieresprung“ von beiden als Schauspieler hat zweifelsohne Hugo Wamser vollzogen. Der Vollblut-Karnevalist amüsiert von Kindesbeinen an seine Mitmenschen. Schon im Kindergarten entfaltete er sein komisches Talent mit Späßchen wie „Krixe, kraxe kruxe – schifte, schafte, schufte...“. Als Heranwachsender später in der Katholischen Jungen Gemeinde (KJG) steuerte er eigene Sketche zu Unterhaltungsabenden bei.
DJK-Fasching und der Spessartbund waren weitere Sprossen auf seiner schauspielerischen Karriereleiter. Seine erste Büttenrede im Oberndorfer Fasching hielt er schon 1965. Das Thema war damals die Mondlandung, lange bevor der erste Mensch den Erdtrabanten betrat. Verfasst hat er seine Bütten- und lustigen Reden selbst. Auch heute noch tut er dies für andere. Den Oberndorfer Carnevalsverein „Die Rattel“ gründete er 1968 mit.
Die „ernsthafte Schauspielerei“ kam bei der Theatergruppe des Spessartbundes zu ihrem Recht. Zur Truppe der Spessartbühne Mespelbrunn stieß er durch seine ehemalige Nachbarin Irmgard Amrhein, geborene Leimeister. Sie wohnt in Mespelbrunn und verkörpert im aktuellen Schauspiel einen Räuber.
Nach dem Vorsingen für das Freilichtstück „Das Wirtshaus im Spessart“ vor einer Gesangslehrerin der Theatertruppe wurde er akzeptiert. Singen muss er in seiner Rolle als Paruccio, singender Troubadour mit Tanzbär und besserer Vergangenheit, in der Anfangsszene des Stücks. Der 62-jährige Rentner wechselt sich in dieser Rolle, die im Film von Rudolf Vogel gespielt wurde, mit Günter Köstler aus Mespelbrunn ab. Wamsers zweite und dritte Rolle sind die des Gemeindedieners zu Beginn und des Räubers Bullenbeißer. Der will unbedingt den Pfarrer Hauck aufhängen und prügelt sich mit seinem rauflustigen Räuberhauptmann.
Eine Hauptrolle verkörpert Manuela Feistle. Im richtigen Leben ist die 35-jährige Sekretärin bei Bosch Rexroth in Lohr und begeisterte Motorradfahrerin. Ihr Darstellerdasein bei der Spessartbühne Mespelbrunn währt schon einige Jahre länger.
2005 schlug ihr ein ebenfalls dort schauspielernder Arbeitskollege vor, erst kleinere, dann größere Rollen zu übernehmen. Dieses Jahr ist sie im „Wirtshaus“ als Räuberliebchen Bettine zu sehen. Bei dieser Rolle kommt es stark auf das Gesangstalent an. Auch ihr Rolle ist wie alle tragenden mehrfach besetzt. Wenn jemand ausfällt, muss ein eingeübter Ersatz einspringen. In der letzten Freilicht-Saison 2007 trat sie als Zofe Barbara auf.
Zu sehen ist sie in den Vorstellungen am 22. Juni, 6., 13. und 28. Juli sowie am 3., 11. und 24. August.
Auch gehört sie zum Ensemble der Spessartbühne, das regelmäßig im Gasthaus „Zur Post“ in Hessenthal das Publikum fasziniert. Auch im von Mitglied Herbert Schüßler verfassten Musical „Notaufnahme“ sind ihre Sangeskünste gefragt.
Ihr komödiantisches Talent entwickelte sie früher im Rodener Fasching. „Der hat in den vergangenen Jahren aber nachgelassen“, bedauert sie. Gerne trat sie dort in die Bütt und in Sketchen auf, außerdem trainierte sie das Rodener Männerballett. Letzteres tut sie heute im Erlacher Carnevalsverein ECV.
Die Freilicht-Aufführungen sind für sie wegen der einzigartigen Atmosphäre vor einem historischen Real-Bühnenbild aber besonders reizvoll. Einen Wermutstropfen aber hat sie dabei schlucken müssen. Wegen ihres Auftritts am Samstag, 9. Juni, hat sie das erste deutsche Spiel bei der Fußball-EM versäumt. „Aber geärgert hab ich nicht nicht darüber. Der Auftritt vor mehr als 750 Menschen hat mich dafür entschädigt.“
Aufführungen des „Wirtshaus im Spessart“ jeden Freitag und Samstag bis einschließlich 25. August. Kartenverkauf beim Touristikverband Spessarträuberland, Hauptstraße 16, 6387 Heimbuchenthal, unter Tel. 06092/319 oder 0152/528 1060, Fax 06092/5511 und
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