(lies) Eher einem Familientreffen denn einem steifen Festakt glich die Feier der Selbsthilfegruppe „Nach Krebs“ zum 25-jährigen Bestehen im Gemündener Kolpingheim. Aus fast allen Teilen des Landkreises kommen die Mitglieder, die bei ihren offenen Zusammenkünften an jedem zweiten Mittwoch im Monat um 14 Uhr gemeinsam der Krankheit die Stirn bieten, vor allem aber die Geselligkeit pflegen.
Die Bedeutung dieser Gemeinschaft für die rund 40 Mitglieder und für Neuerkrankte unterstrichen in der Feierstunde alle Redner. Sehr persönliche Worte fand Christine Füller (Wolfsmünster), die seit Jahren zum Leitungsteam der Gruppe gehört und in der Feier die Leitung von Helene Lampert (Wernfeld) übernahm.
Sechs Gründungsmitglieder
Füller berichtete, wie sie seinerzeit ihre erkrankte Mutter Elfriede Joa (Wernfeld) immer zur ambulanten, belastenden Chemotherapie in eine Arztpraxis nach Karlstadt fuhr. Heute habe sich viel verbessert: Eine Chemotherapie erfolge in der Regel nicht mehr mit Spritzen, sondern mit Infusionen im Krankenhaus; und zugegebene Mittel machen die Nebenwirkungen erträglicher. Elfriede Joa gehörte dann zu den sechs Gründungsmitgliedern der Gruppe und unterstützte seit 15 Jahren Helene Lampert als stellvertretende Leiterin, die ihrerseits nun diese Position übernimmt.
Die neue Leiterin schilderte die Geschichte der Krebs-Selbsthilfegruppe (die Main-Post berichtete am 12. März). In einer Gedenkminute gedachte die Versammlung der seither 40 Verstorbenen. Für sie alle lag ein Buch mit den Sterbebildchen aus; vor dem Foto der 1996 gestorbenen Initiatorin und ersten Gruppenleiterin Marianne Jodl (Gemünden) brannte eine Kerze.
Über 200 Selbsthilfegruppen sind in der Bayerischen Krebsgesellschaft Bayern zusammengeschlossen. Geschäftsführer Markus Besseler (München) begann mit dem geflügelten Wort „Hilf dir selbst, so wird dir der Himmel helfen“ seine Ansprache: „Selbst aktiv zu werden, sich selbst um Beistand zu kümmern, das wird in diesem kurzen Satz als Schlüssel für wirkungsvolle Hilfe herausgestellt. Wie richtig dieser Ansatz ist, belegt Ihr Tun sehr eindrucksvoll.“ Besseler verdeutlichte die Bedeutung der Gruppe: Dort werde man nicht nur als Kranker gesehen, sondern in der Gesamtheit als Person. Das stärkt das Selbstwertgefühl und hilft, mit den Veränderungen im gesamten Alltag besser fertig zu werden.
In der Gruppe bündele sich das Wissen, davon profitiere jeder, und jeder werde zum Experten, sagte Markus Besseler und fasste zusammen: „Sie als Gruppe geben einander Mut und Kraft und stehen in schwierigen Situationen füreinander ein. Sie spenden Trost und nehmen sich in die Arme, wenn Worte nicht mehr in der Lage sind, das auszudrücken, was gesagt werden will.“ Der Geschäftsführer überreichte eine Spende und ehrte zusammen mit Christine Füller mit Blumensträußen die Gründungsmitglieder Elfriede Joa, Helene Lampert, Margot Raitl (Langenprozelten) und Rita Zügner (Rieneck).
Landrat Thomas Schiebel hob das ehrenamtliche Engagement hervor und stellte fest: Der Krebs – eine Krankheit, die oft mit Tod und Leiden verbunden ist – sei vor 25 Jahren ein Tabu-Thema gewesen, „und es ist heute leider noch nicht viel besser geworden“. Für das nächste Monatstreffen der Gruppe stellte er ein paar Flaschen Landratsschoppen in Aussicht. Gemündens Bürgermeister Georg Ondrasch nannte Selbsthilfe und Ehrenamt „unverzichtbare Bestandteile unserer Gesellschaft“. Neben anderen positiven Effekten der Gruppe sei die Stärkung der Selbstheilungskräfte wichtig. Ondrasch überreichte eine Spende und sagte noch ein Geschenk zu.
Grüße der Landtagspräsidentin
Simone Hoffmann, die im Selbsthilfebüro Main-Spessart in Karlstadt etwa 70 Selbsthilfegruppen betreut, bezeichnete „die wichtigen Frontleute“ der Gemündener Krebs-Gruppe als „Prachtexemplare“. Abordnungen der Selbsthilfegruppen Alzenau, Kahl und Würzburg nahmen an der Feier teil. Grüße übermittelten die Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Zöller und die Landtagsabgeordneten Eberhard Sinner, Günther Felbinger und Harald Schneider. Die Feierstunde umrahmte am Flügel Manfred Marold (Gössenheim). Für die Bewirtung hatten Spender und die Gruppenmitglieder selbst gesorgt.