Als 18-Jähriger mit einem erst zwölfjährigen Mädchen pornografische Texte und intime Fotos gewechselt zu haben, hat einem jungen Mann aus dem Raum Marktheidenfeld eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes eingebracht.
Dass der Antrieb dazu womöglich mehr von dem Mädchen ausgegangen war, spielte keine Rolle. Das machte Richter Thomas Schepping klar: Wenn ein Kind nicht genug Einsicht habe, „müssen die Erwachsenen die Verantwortung übernehmen“.
40 Stunden gemeinnützige Arbeit
Das Jugendschöffengericht Gemünden unter Scheppings Vorsitz verurteilte den jungen Mann zur Ableistung von 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit binnen drei Monaten sowie mindestens sechs Beratungsgesprächen am Jugendamt Main-Spessart. Die Verfahrenskosten ersparte ihm das Gericht, da er so gut wie mittellos ist. Der 19-Jährige lebt bei seiner Mutter und ist bereits Vater eines zweijährigen Kindes, zu dem er aber kaum Kontakt hat; von den 300 bis 350 Euro, die er als Aushilfe verdient, kann er keinen Unterhalt leisten.
Im September 2014 hatte er in einem Internet-Forum ein Mädchen kennengelernt, erst zwölf Jahre alt, das stand in ihrer Selbstbeschreibung. Man schrieb sich kurze Nachrichten.
Nach etwa einem Monat „sind Gefühle entstanden durch das Vertrauen“, wie der Angeklagte erzählte – es kam zur Schilderung von Sexpraktiken, zum Austausch von Nacktfotos. Nach ein paar Wochen habe er den Internet-Kontakt abgebrochen, „weil ich gedacht hatte, es könnte Ärger mit den Eltern geben“.
Zum Geschlechtsverkehr getroffen
Den Ärger gab es dann ein halbes Jahr später mit der Polizei. Das Mädchen war dreimal von zuhause abgehauen – es hatte sich mit bis zu 23-jährigen Männern zum Geschlechtsverkehr getroffen. Da die Zwölfjährige weitgehend die Aussage verweigerte, wertete die Polizei ihre Chats aus: Intimfotos von sich hatte sie „vielfach verschickt“, berichtete eine Polizistin als Zeugin; 13 Verfahren leitete die Staatsanwaltschaft schließlich ein, darunter das gegen den 18-Jährigen aus dem Raum Marktheidenfeld.
Der folgte übernervös und verschüchtert seinem Gerichtsverfahren und bat einmal um eine Unterbrechung, um mit seiner vor dem Gerichtssaal wartenden Mutter zu reden. Sichtlich peinlich waren ihm die Vorträge aus seinen Dialogen mit dem Mädchen, dessen Fotosammlung er am Richtertisch sichten musste: „Erkennen Sie Ihren Penis wieder?“
Mädchen wollte schwanger werden
Das Mädchen stamme aus zerrütteten Familienverhältnissen, auch sexueller Missbrauch dort stehe im Raum, informierte der Vorsitzende Richter. Gegenüber der Polizei hatte die Zwölfjährige als Begründung für die sexuellen Kontakte angegeben, sie wolle schwanger werden, sie sehne sich nach einer Familie. Seither ist sie in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung untergebracht.
Ideal sind die Familienverhältnisse des Angeklagten ebenfalls nicht, steht im Bericht der Jugendgerichtshilfe. Er lebt bei der geschiedenen Mutter in einer „sehr desolaten Wohnung“, habe kein eigenes Zimmer und schlafe, wie auch die Mutter, im Wohnzimmer, schilderte dem Gericht ein Polizist seine Eindrücke von der Haussuchung. Dabei hatten sich keine belastenden Aufzeichnungen gefunden, was als Beleg dafür gewertet wurde, dass der junge Mann den Kontakt zu dem Opfer tatsächlich endgültig abgebrochen hatte.
Es ergaben sich auch keine Hinweise auf ähnliche Kontakte. Er sei nicht pädophil veranlagt, „vielleicht nur sehr naiv“, meinte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Er habe durchaus Beziehungen mit älteren Frauen. Das bestätigte der Angeklagte dem Gericht. Die Mutter seines Kindes sei älter als er; ein bis eineinhalb Monate sei er mit ihr zusammengewesen und habe auch schon längere Beziehungen gehabt.
Schädliche Neigungen verneinte die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Wegen der offensichtlichen Reifedefizite schlug sie die Anwendung des Jugendstrafrechts und die Art der Ahnung vor. Dem folgten der Staatsanwalt, der Vertreter der Nebenklage, der Verteidiger und schließlich auch das Jugendschöffengericht. Das Urteil ist rechtskräftig.