Mit Stichtag 1. April macht Steinfeld einen Schritt, der für Kommunen dieser Größenordnung bislang eher selten ist: Die Gemeinde löst sich von der staatlichen Beförsterung durch das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt und übernimmt Förster Martin Volkmann-Gebhardt in den eigenen Dienst.
Nach der Forstreform von 2004 in Bayern wollte sich der Freistaat ursprünglich schrittweise bis Ende 2025 aus der kommunalen Beförsterung zurückziehen. Mit diesem Datum vor Augen habe er am vom AELF gestellten Förster Volkmann-Gebhardt "gebohrt", er solle direkt bei der Gemeinde seine Arbeit fortsetzen, berichtete Bürgermeister Günter Koser.
Denn er schätze dessen fachliche Arbeit. Der Gemeinderat wisse, dass Volkmann-Gebhardt der Steinfelder Wald am Herzen liege, "dass er ihn fast liebt". Ende 2021 habe Volkmann-Gebhardt ja zu einem Wechsel gesagt. Beim AELF, das er als fairen Partner kennengelernt habe, sei er auf offene Ohren gestoßen, so Koser.
Mehr Zeit für den Wald
Der Gemeinderat habe daraufhin dem Schritt in die forstliche Selbstständigkeit einmütig zugestimmt. Volkmann-Gebhardt hat laut Koser durch den Wechsel mehr Zeit für den Gemeindewald. Denn bislang sei er nur 60 Prozent seiner Arbeitszeit in Steinfeld gewesen. Dafür musste die Gemeinde jährlich 65.000 Euro ans AELF überweisen. Dessen Amtsleiter Ludwig Angerer betonte, seit 2004 habe sich einiges verändert. Vor allem wegen der Folgen des Klimawandels sei der Freistaat bereit, auch über 2025 hinaus Kommunalwälder in der staatlichen Betreuung zu belassen. Die Konditionen seien noch unklar, es laufe aber wohl darauf hinaus, dass die Kommunen die vollen Kosten und nicht nur 60 Prozent übernehmen müssten.
Wenn der Schritt in die forstliche Selbstständigkeit auch kein ungewöhnliches Modell sei, in Main-Spessart und Unterfranken sei er bis auf große Kommunalwälder bislang eher selten. Mit Volkmann-Gebhardt verliere er einen langjährigen Kollegen, so Angerer: "Es war eine gute Zeit." Dennoch ergebe sich für beide Seiten eine "Win-win-Situation". Die Gemeinde bekomme einen Förster, der sich in der Region und mit den Abläufen auskenne, was Fördergelder, Genehmigungsverfahren und das Vertragsnaturschutzprogramm angehe. Volkmann-Gebhardt erhalte mehr Zeit, den Steinfelder Wald weiterzuentwickeln und resilient für den Klimawandel aufzustellen.
Das AELF nutze den Abgang des Försters für eine "neue Revierausformung über mehrere Kommunen". Nach Angaben des Amtsleiters hat Volkmann-Gebhardt bislang 40 Prozent seiner Arbeitszeit auf die Betreuung von Privatwaldbesitzern in Steinfeld, Gräfendorf und Karsbach und des Juliusspital-Waldbesitzes in Main-Spessart verwandt. Dieser Bereich plus der Privatwald in Eußenheim, das ebenfalls den Weg in die forstliche Selbstständigkeit gegangen sei, werde zum neuen "Beratungsrevier Lohr 2" zusammengefasst. Das neue Revier sei organisatorisch fertig, die Leitung sei intern ausgeschrieben worden. Einige Bewerbungen lägen schon vor, berichtete Angerer.
Die Privatwaldbetreuung habe er gerne gemacht, "ich konnte es gut mit den Waldbesitzern", betonte Volkmann-Gebhardt. Im Gemeindewald Steinfeld könne er nach dem Wechsel "aus dem vollen Topf des Waldbaus schöpfen". Er sehe sich als "Dienstleister vor Ort – mehr als das bisher möglich war". Vor allem die Bürokratie beim Staat wird Volkmann-Gebhardt nicht vermissen: "Verwaltungsaufgaben ufern mehr und mehr aus, so dass die Zeit für den Wald immer geringer wird." Der Förster räumte ein, dass er Bürgermeister Koser anfangs eher als Gegner betrachtet habe, weil dieser vor einer Übernutzung des Gemeindewalds gewarnt habe.
Er sei bei Kosers Amtsantritt noch ein Anhänger des "Entrümpelns" gewesen: Mehr Licht falle auf den Waldboden und fördere Mischbaumarten. Nach drei Trockenjahren wisse er, dass es nicht darum gehe, möglichst viel Holz aus dem Wald zu holen, sondern diesen zu schützen. Je mehr auf dem Boden verbleibe, desto mehr Feuchtigkeit werde gebunden und Wärme abgehalten.
Die Bevölkerung mitnehmen
Der 59-Jährige will neue Aufgaben angehen, "die vorher gar nicht denkbar waren". So solle die Jagd im Gemeindewald nicht mehr langfristig verpachtet, sondern in Pirschbezirken organisiert werden, die nur für ein Jahr vergeben werden. Sein Ziel sei es, die Bejagung so zu organisieren, dass bis zu seiner Pensionierung der Wald ohne Zäune wachsen könne. Jagd und Waldbau sollten miteinander in Einklang gebracht werden.
Die Bevölkerung will Volkmann-Gebhardt "mehr in ihren Wald hineinnehmen" und bei vierteljährlichen Waldbegängen informieren. Der Förster sprach von der Motivation, "nochmals mit Freude auf die Arbeit zu gehen". Angerer bescheinigte ihm, der Steinfelder Wald repräsentiere "genau meine Programmatik für Waldbewirtschaftung".