Kira und Joy sind für Pferde schon alte Damen, friedlich trotten sie auf einer Koppel in Steinfeld herum und grasen. Lena Trebeß und ihre Freundin Sophia Böhnel (beide 14) aus Steinfeld (Lkr. Main-Spessart) haben sich in die beiden an sich gesunden Tiere (beide 25) verguckt und sie davor bewahrt, als Pferdewurst zu enden. "Wir haben sie angeschaut und wollten sie nimmer hergeben", erzählt Lena. Hätten sie ein paar Tage gezögert, wären Kira und Joy heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben.
Die beiden Pferde haben über 20 Jahre lang als Reittiere in einer Reitschule gedient. Die Mädchen erzählen, dass deren Besitzerin sie verkaufen oder verschenken wollte, weil sie umziehen wollte. Für die Tiere wäre kein Platz mehr gewesen. Allerdings habe die beiden niemand gewollt, auch kein Tierschutzverein. Über eine Freundin hörte Sophia, die selbst in einer Reitschule reitet, von Kira und Joy und meldete ihr Interesse an. "Ich wollte schon immer ein Pferd", sagt sie. Und Lena trauerte noch der Haflinger-Stute Nelly hinterher, die ihre Familie bis vor einem Jahr hatte und die immer schon freudig gewiehert hatte, wenn sie aus ihrem Fenster auf die Koppel schaute.
Sechs Tage Frist, um sich zu entscheiden
Lenas Mutter Marion erzählt, wie es weiterging. Ende Juni schauten sie sich die Pferde an. Sie bekämen sie geschenkt, aber die Besitzerin setzte ihnen eine Frist bis Mitte der nächsten Woche, um sich zu entscheiden. Ansonsten würden die beiden am Samstag zum Schlachter gebracht. Joy hat eine Heustauballergie – bei Pferden keine Seltenheit. Was es für eine Arbeit ist, ein Pferd mit einer solche Allergie zu haben, weiß Marion Trebeß. Nelly, die sie 24 Jahre lang hatte, hatte darunter gelitten. Deswegen war die Steinfelderin eher ablehnend.
"Ziel war eigentlich ein Platz auf einem Gnadenhof", erzählt sie. Aber sie bekamen nur Absagen, auch weil sie sie nicht getrennt weggeben wollten. "Die waren schon immer zusammen, die hängen sehr aneinander", sagt ihre Tochter. Was also tun? Die Mädchen hatten ihre Entscheidung schnell gefällt. Aber Marion Trebeß machte ihrer Tochter auch klar: "Ich kann die Betreuung für zwei Pferde nicht übernehmen." Das gehe schon wegen ihrer Berufstätigkeit nicht so einfach. Die Mädchen müssten sich also darum kümmern. Und sie sagte ihrer Tochter, die wie ihre Freundin jetzt in die 9. Klasse kommt: "Die Schule darf auch nicht darunter leiden."
Pferde haben Probezeit bestanden
Dass die beiden sonst gesunden Tiere aber zum Schlachter kommen, wollte Lenas Mutter auch nicht. Also wurde eine Freundin engagiert, die einen Pferdeanhänger hat, und Kira und Joy nach Steinfeld geholt. Zunächst sollten sie jedoch nur ein paar Wochen auf Probe auf der Koppel von Lenas Oma und Opa stehen, wo zuvor die Stute Nelly und bis vor ein paar Jahren ein weiteres Pferd gestanden waren. Inzwischen ist die Probezeit abgelaufen und entschieden: Die beiden dürfen bleiben. Jetzt kümmern sich die Mädchen und ihre Mütter zu viert um die zwei Pferde. "Mir geht es darum, dass es den Tieren gut geht", sagt Sophias Mutter.
Eine erste Ration Heu und Stroh erhielten sie vom Steinfelder Landwirt Hubert Handel geschenkt. Von ihrem Taschengeld kauften die Schülerinnen Zaumzeug. Sophia hatte schon zuvor ein paar Dinge, etwa Pferdedecken und ein Halfter. Das hatte sich die Pferdenärrin schon gekauft, als sie noch kein Pferd in Aussicht hatte, erzählt ihre Mutter. Für Heustauballergikerin Joy wurde zudem spezielle Einstreu gekauft, ein Tierarzt schaute sich die Tiere an, von einem Hufschmied bekamen sie Hufeisen verpasst.
Behandlung mit Blutegeln klappte nicht
Kira verordnete der Tierarzt eine Reitpause, weil sie eine dicke Sehne hat. "Die Joy hat noch richtig Power", erzählt Lena. Sie wundert sich, dass sie in der Reitschule zum Schluss nicht mehr geritten wurde, Kira jedoch schon. Die dicke Sehne haben sie schon versucht mit Blutegeln zu behandeln, aber die hätten nicht angebissen. Jetzt tut es einstweilen ein Kühlgel.
"Jetzt wiehern sie schon, wenn wir kommen", erzählen die Mädchen. Sophia kümmert sich hauptsächlich um Joy, Lena um Kira. Abends nach der Schule waren sie jetzt meist eineinhalb Stunden bei den Pferden. Am Wochenende seien sie eigentlich die ganze Zeit auf der Koppel. Sophia kümmert sich noch dazu um die Pferde einer Freundin auf der angrenzenden Koppel.
Party zur Finanzierung der Tiere geplant
Um den Unterhalt der beiden geretteten Pferde zu finanzieren, haben sich Lena und Sophia etwas überlegt: Am Sonntag, den 4. August, veranstalten sie ab 14.30 Uhr eine Koppel-Party mit einem kleinen Flohmarkt und Kaffee und Kuchen. Freundinnen hätten sich schon bereit erklärt, Kuchen zu backen. Und Kinderschminken soll es auch geben. Der Weg zur Koppel in Steinfeld ist ab Hintere Point 2 ausgeschildert.