Stroh zu Gold spinnen – das klappt normalerweise nur im Märchen. Und auch nur dann, wenn Rumpelstilzchen kräftig mithilft. Aber Stroh zumindest dergestalt zu veredeln, dass es zur Energieerzeugung eingesetzt werden kann, ist eine Kunst, die der modernen Landwirtschaft nicht fremd ist. Benötigt wird zu diesem Zweck eine Pelletiermaschine, die aus herkömmlichem Stroh unter Beimischung von Kalk brennbare Pellets für den Einsatz in Biomasseöfen herstellt.
2,5 Tonnen Strohpellets entsprechen dabei dem Brennwert von etwa 1000 Litern Heizöl, kosten aber nur rund die Hälfte. Und: Stroh ist ein ohnedies anfallendes Nebenprodukt beim Getreideanbau, wächst also jährlich nach, während die Erdölressourcen bekanntlich endlich sind. „Ganz so einfach kann man das nicht sehen“, bremst Gebhard Karch vom Maschinenring Arnstein allerdings die bei solchen Perspektiven aufkeimenden Träume vom billigen Rohstoff zur Energieerzeugung.
Denn Stroh habe letztlich auch einen nicht unerheblichen Düngewert für die Äcker der Bauern, werde normalerweise untergepflügt und liefere wertvollen Humus für die Aussaat des nächsten Jahres.
„Man muss das schon genau abwägen, ob man seinem Acker diese Nährwerte entziehen möchte“, sagt Karch, denn: „Dann muss man sie eben anderweitig wieder zuführen.“ Aus diesem Grund ist Stroh unterm Strich auch kein Gratisprodukt, sondern kostet auf dem freien Markt rund 80 bis 90 Euro je Tonne; heuer etwas mehr, da die Getreidehalme aufgrund langer Trockenheit nicht gar so lang ausgefallen sind. Weitere Kosten in Höhe von rund 100 Euro je Tonne entstehen bei der Weiterverarbeitung der landwirtschaftlichen Ballenware.
Eine Tonne Pressgut pro Stunde
Diese erfolgte jüngst in Eßleben – sehr zum Gaudium der zwei- und dreijährigen Kids aus dem örtlichen Kindergarten – mit Hilfe einer mobilen Pelletiermaschine, angemietet vom Maschinenring und für einen Tageseinsatz geordert durch den Eßlebener Landwirt Georg Keller.
Früh am Morgen rollte der 26 Tonnen schwere Dreiachser auf den Hof des Auftraggebers, von außen zu sehen war zunächst nur der 40-Fuß-Überseecontainer auf dem Hänger. Maschinenmann Kevin Balser vom landwirtschaftlichen Lohnunternehmen Seipp, das deutschlandweit zwei mobile Pelletieranlagen im Einsatz hat und ganzjährig ausgebucht ist, verwandelte den Transporter binnen kürzester Zeit in eine einsatzfähige Maschine.
Diese arbeitet weitgehend autark, angetrieben von einem Heizölgenerator, benötigt lediglich einen Wasseranschluss für die Kühlung der Pelletierpresse. Ausgangspunkt des Veredelungsvorgangs ist ein herkömmlicher Strohballen, vorzugsweise in Quaderform, der über einen Ballenauflöser zwei Mühlen zugeführt wird, die das Stroh auf eine Endlänge von acht Millimetern herunterkürzen. In einem Zyklon wird dem Material anschließend Luft entzogen, ehe es in einem Vorratsbehälter zwischengelagert und anschließend über eine Schnecke der eigentlichen Pelletierpresse zugeführt wird.
Die fertigen Pellets, die hier ausgeworfen werden, haben eine Temperatur von rund 90 Grad; loses Material an diesen wird unter einem nachfolgenden Rüttelband noch eingesammelt und erneut der Presse zugeführt. „Aus einem 200 Kilo-Ballen erzeugen wir 195 Kilo Pellets“, sagt Kevin Balser stolz. Stündlich kann seine Maschine rund eine Tonne Pressgut erzeugen.
Georg Keller probiert in seinem Biomasseofen erstmals Strohpellets aus; ein Kollege aus dem Ort lässt sich am selben Tag noch einige Tonnen reiner Strohpellets als Einstreu für seine Pferde und Hühner erzeugen. Vorteil dieser Variante gegenüber dem herkömmlichen Stroh: Die Pellets sind leichter zu lagern und zu verarbeiten, benötigen weniger Platz, saugen aber besser und länger. Grundsätzlich eignen sich die Strohpellets freilich auch als Tiernahrung, allerdings gehen sie im Magen ähnlich wie Plätzchenteig noch etwas auf, weshalb sie gerade bei Geflügel leicht zu Koliken führen können.
Strohpellets als Energielieferant – „das ist noch in den Anfängen“, sagt Kelvin Balser; zumeist werde er mit seiner Maschine zur Herstellung von Einstreupellets angefordert. Es gebe einfach noch zu wenig Biomasseöfen und nicht alle Betreiber seien so experimentierfreudig wie der Eßlebener Georg Keller. Die Zukunft aber – davon ist er überzeugt – gehöre diesem nachwachsenden Brennstoff, zumal der Heizölpreis seit 2009 um fast 100 Prozent gestiegen und eine Trendumkehr nicht zu erwarten sei.