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Esselbach: Ritter von Espelbach: Vom Dienstmann zum kaiserlichen Ritter

Esselbach

Ritter von Espelbach: Vom Dienstmann zum kaiserlichen Ritter

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    Esselbach mit Kredenbach war einst die Heimat der Ritter von Espelbach.
    Esselbach mit Kredenbach war einst die Heimat der Ritter von Espelbach. Foto: Adolf Spreng/Film-Photo-Ton-Museumsverein

    „Was ich doch für ein kleines Königlein bin“ – diese Zeile stammt (übersetzt) aus der Feder des kaiserlichen und königlichen Kriegskommissars, Ritters und „Eques Auratus“ Georg von Espelbach in einem Brief an seinen Nürnberger Freund Hans Rieter von Kornburg. Verfasst hat er den Brief im Jahr 1561 im friesischen Harlingen. Zu diesem Zeitpunkt ist Georg 49 Jahre alt, Drost (Kommandant, Richter) auf der Festung Harlingen und Grietman (in etwa Landrat) der Region Barradeel, frisch verheiratet mit der gut 30 Jahre jüngeren Katharina van Dekema, älteste Tochter eines friesischen Ritters. Doch wie kommt ein Ritter von Espelbach nach Harlingen und in diese Position? Der Reihe nach.

    Die Entwicklung der Herren von Espelbach mag exemplarisch für weitere ritteradelige Familien stehen, die im 12./13. Jahrhundert erstmalig in Urkunden sichtbar werden, eine Blütezeit erleben und dann im Mannesstamm erlöschen. Häufig mangelt es an Quellen, um ihre teils kurzen, teils langen Wege nachzuzeichnen. Bei den Espelbach fehlt ein Familienarchiv. Doch sind sie nach jetzigem Kenntnis- und Forschungsstand die einzige Niederadelsfamilie im Altlandkreis Marktheidenfeld, die sich über einen Zeitraum von nachweislich über 460 Jahren nach ihrem Herkunftsort, Esselbach, nennt.

    Esselbach zwischen Machtblöcken Würzburg und Mainz

    1182 testiert Heinrich von Espelbach mit anderen geistlichen und weltlichen Zeugen eine Urkunde des Würzburger Bischofs. Dies bedeutet, dass der Ort Esselbach zu dieser Zeit bereits existierte. Gleichzeitig ist Esselbach Grenzgebiet zwischen den sich ausbreitenden Machtblöcken Würzburg und Mainz, obwohl das Reichskloster Fulda um 1150 noch Anspruch auf das im Jahr 839 ertauschte Gebiet erhebt. Durch den Ort führt die Altstraße „Via Publica“. In unmittelbarer Nähe, bei Bischbrunn, kreuzt die „Via Publica“ die Nord-Süd-Verbindung „Heristrata“.

    Im Jahr 2010 neu errichteter Mauerrest bei der Kirche von Esselbach in  Richtung Weed heute.   
    Im Jahr 2010 neu errichteter Mauerrest bei der Kirche von Esselbach in  Richtung Weed heute.    Foto: Gertrud Nöth

    Esselbachs Bedeutung liegt in seiner strategischen Lage, so dass das Hochstift Würzburg es für zwingend erforderlich hält, hier einen eigenen Ministerialen zu platzieren. Dieser Stand rekrutiert sich aus den vormals unfreien Dienstmannen, aus deren Reihen sich sukzessive im 12. und 13. Jahrhundert der freie Niederadel formiert. Sie werden dann beispielsweise als „miles“ oder „Ritter“ bezeichnet – wie auch die Espelbach.

    Um ihre Kriegs-, Hof- und Verwaltungsdienste auszuüben, erhalten sie Dienstlehen. Mit Aufstieg in den Niederadel werden an sie auch vererbbare sogenannte Mannlehen vergeben. Das Dienstlehen der Espelbach befand sich in Esselbach im „Hofgut“, das mit seinen mehr als 35 Hektar groß genug war, sowohl die Familie als auch die Bediensteten zu ernähren. Hier dürfte die Keimzelle von Esselbach anzusetzen sein und hier dürfte sich auch der Sitz der Familie Espelbach befunden haben. Letzte Reste einer mittelalterlichen Anlage sind heute noch am Dorfgemeinschaftshaus sowie an der Kirche Richtung der Freizeitanlage „Weed“ zu sehen und lassen eine daraus entstandene Kirchenburg vermuten.

    Im 13. und 14. Jahrhundert mehren die Espelbach sowohl Eigentum als auch Lehenbesitz. Die Familie verzweigt sich. Ihr größter Lehengeber ist das Hochstift Würzburg, doch treten sie auch in Vasallenverhältnisse zu den Grafen von Henneberg, den Grafen von Wertheim und den Herren von Hohenberg (Homburg/Wern). Burggüter in Laudenbach, auf der Karlsburg und Homburg/Wern gehören zu ihren Lehen. Ihr Lehenbesitz mit Einkünften und Rechten reicht bis Wittershausen (Oberthulba), Schweinshaupten (Bundorf) oder Wülflingen (Haßfurt). Weitere Lehen befinden sich auf der Marktheidenfelder Platte und um Karlstadt. Über Eigentum verfügen die Espelbach etwa in Marktheidenfeld, Karbach oder Aschfeld.

    Ritter drängen in militärische Führungspositionen

    Politische und gesellschaftliche Veränderungen um 1400 veranlassen viele niederadelige Familien zum Umdenken: Grundherren sind bestrebt, ihre Territorien abzurunden, kleinere Herrschaften darin aufzulösen beziehungsweise sie sich einzuverleiben. Hinzu kommen die aufstrebenden Städte mit Handel und Gewerbe sowie Veränderungen im militärischen Bereich, Söldnerheere entstehen. Für die Ritter, deren Kerngeschäft das Kriegshandwerk war, bleiben vornehmlich militärische Führungspositionen.

    So verkaufen Konrad von Espelbach und sein gleichnamiger Sohn 1385 alle ihre Leibeigene in den Amtsbezirken von Rothenfels, Karlstadt und Homburg am Main. Einige überlieferte Urkunden berichten von Lehenverkäufen der Espelbach innerhalb des Würzburger Lehenhofs. Burkard, Götz und Hans von Espelbach verkaufen bzw. verzichten auf ihre Karlsburger Burggüter. Die Lehenverhältnisse zum Hochstift Würzburg, zu den Grafen von Henneberg und den Herren von Hohenburg enden. Bis mindestens 1454 dauert das Lehenverhältnis mit den Grafen von Wertheim an. „Die gut zu Espelbach“, das dürfte das „Hofgut“ sein, wird 1373 an Hans von Grumbach als Mannlehen vergeben. Ab jetzt dürfte die Verbindung der Ritter von Espelbach zu ihrem Herkunftsort nur noch in ihrem Namen bestanden haben.

    Ritter von Espelbach im Deutschen Orden

    Die oft verklärten Raubritter finden sich bei den Espelbach bisher nicht. Vielmehr nutzen sie die Gunst der Stunde für einen Berufs-, Orts- und Arbeitgeberwechsel: Sie suchen und finden eine Bindung zum Deutschen Orden (DO). Eine Bilderbuchkarriere legt dabei Peter von Espelbach hin. Stationen seiner Karriere sind: Komtur in Weißenburg (Elsaß), Marburg, Burg Horneck und Frankfurt-Sachsenhausen. Die Führung des Frankfurter Hauses galt nach dem Amt des Hochmeisters und Deutschmeisters als die höchste Position innerhalb des DO. Als Generalvisitator des DO für die italienischen Ordensprovinzen Apulien und Sizilien stirbt Peter von Espelbach vermutlich 1431 am 14. Juli auf einer solchen Visitationsreise.

    Der Deutsche Orden stellt die Eintrittskarte für die Familie von Espelbach in die freie und Reichsstadt Dinkelsbühl dar. Die Abwanderung von Niederadelsfamilien in Städte gehört mit zu den Zeichen der Zeit um 1400. Andere Familien streben in die Reichsritterschaft, die dem Kaiser unterstellt ist. 1422 ist in Dinkelsbühl erstmals ein Hans von Espelbach als Amtmann des DO dokumentiert.

    Stifterfigur der Margarethe von Espelbach hinter dem Sakramentshaus in der Dinkelsbühler Sankt-Georg-Kirche.
    Stifterfigur der Margarethe von Espelbach hinter dem Sakramentshaus in der Dinkelsbühler Sankt-Georg-Kirche. Foto: Gertrud Nöth

    Über mehrere Generationen sind die Espelbach fester Bestandteil im städtischen sozialen und gesellschaftlichen Gefüge: als Mitglieder des Rats, Vögte und Pfleger des Deutschen Hauses oder Vorsteher der Viertelmannschaften für Kriegs- und Wachdienste. Sie verheiraten sich standesgemäß, auch in Nürnberger Patrizierfamilien, wie beispielsweise die Familie Gugel. Steinerne erhaltene Zeugnisse ihrer festen Verortung und ihres Standesbewusstseins sind heute noch in der Sankt-Georg-Kirche in Dinkelsbühl zu erkennen: Margarethe von Espelbach und ihr Ehemann Konrad Kurr stiften 1480 das Sakramentshaus, das als eines der schönsten in Franken gilt.

    Höhepunkt der Familiengeschichte

    1512 wird in Dinkelsbühl der eingangs zitierte Georg von Espelbach geboren. Mindestens ab 1546 bis 1555 ist Georg als Kriegskommissar des Kaisers Karl V. nachweisbar, demnach muss er eine entsprechende Ausbildung genossen haben. Er nimmt an Kriegszügen in Deutschland, Frankreich und Ungarn teil, hebt Truppen aus und ist für deren Bezahlung (Stichwort Kriegskasse) verantwortlich. Kurz vor seiner Resignation bestätigt Kaiser Karl V. in Brüssel im Oktober 1555 Georg von Espelbach „sein uhralt erblich wappen und clainot, so seine voreltern und er von vilen undencklichen jahren hero gefuert“ und verleiht der Familie weitere Freiheiten und Privilegien, wie beispielsweise Schlösser zu bauen und sich danach zu benennen oder die Lehengerechtigkeit.

    Gleichzeitig wird Georg von Espelbach zum „Eques Auratus“ ernannt. Bei den Rittern vom güldenen Sporn handelt es sich um einen geschlossenen Personenkreis, der sich als Funktionselite überwiegend aus dem ritterbürtigen Niederadel rekrutierte. Bei den bisherigen Forschungen sind rund 170 Vertreter der „Equites Aurati“ bekannt geworden, darunter zahlreiche Niederadelige aus Franken. Als Beispiele seien hier Ulrich von Hutten oder Sebastian von Rothenhan genannt.

    Grabplatte des Ritters Georg (I) von Espelbach nach einer Zeichnung von Willem van der Lely (Quelle: Königliche Bibliothek Den Haag). 
    Grabplatte des Ritters Georg (I) von Espelbach nach einer Zeichnung von Willem van der Lely (Quelle: Königliche Bibliothek Den Haag).  Foto: Repro Gertrud Nöth

    Während sich die Spuren anderer Familienzweige verlieren, überträgt König Philipp II. von Spanien (Sohn Karls V.) Georg von Espelbach unter anderem das Amt des Drost (Drossard) in der Stadt und Festung Harlingen in Friesland. Die unruhigen Zeiten in den spanischen Niederlanden erfordern loyales katholisches Personal an strategisch wichtigen Punkten, wie in Harlingen.

    Auch wenn Georg sich in seinen Korrespondenzen hin und wieder beklagt, am Ende der Welt zu wohnen, fühlt sich Georg offensichtlich wie ein kleiner König, ob der Befugnisse, die er hat, und auch ob der Annehmlichkeiten, die mit seiner Position verbunden sind. Am 29. März 1575 stirbt Georg von Espelbach und wird in Harlingen-Almenum beigesetzt. Er hinterlässt Frau und vier Kinder, die ab ca. 1580 nach Köln ins Exil gehen, nachdem in Friesland der Calvinismus offizielle Religion wurde. Im Februar 1644 sterben innerhalb von neun Tagen in Köln die Geschwister Georg (II) und Emerentiana von Espelbach. Sie waren die letzten bisher bekannten Träger des Namens Espelbach, des ursprünglich aus dem Südost-Spessart stammenden Rittergeschlechts.

    Zur Autorin: Gertrud Nöth hat Mittlere und Neuere Geschichte studiert. Sie forscht und publiziert seit mehreren Jahren zu Themen im Südost-Spessart, insbesondere zu Triefenstein und Esselbach. 

    Literatur: Gertrud Nöth: Die Ritter von Espelbach. Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Esselbach. Band I. Herausgegeben von der Gemeinde Esselbach 2021.

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