In der Schweiz wird im Juni über die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens abgestimmt. Die große Frage dabei ist, ob Menschen noch arbeiten, wenn es für den Lebensunterhalt nicht notwendig ist. In Karlstadt experimentiert der Tauschring bereits seit vier Jahren mit dem bedingungslosen Grundeinkommen. Dass dies jemand ausgenutzt hat, ist in dieser Zeit nur ein Mal vorgekommen.
Die Mitglieder tauschen untereinander Waren und Dienstleistungen beziehungsweise die dafür aufgewendete Zeit und helfen sich so gegenseitig bei alltäglichen Dingen. Das geschieht nicht unbedingt im Direkttausch. Stattdessen wird der Arbeitsaufwand, ausgedrückt in der Verrechnungseinheit „Purzel“, auf ein eigenes Konto verbucht. Jede Arbeit ist gleichwertig: Pro Stunde 20 Purzel. Bei Waren entspricht das einem Wert von zehn Euro.
Anreger für Tauschgeschäfte
Zurück zum Grundeinkommen: Beim Karlstadter Tauschring bekommt jedes Mitglied monatlich 50 dieser „Purzel“ als Grundeinkommen gutgeschrieben. „Wir hatten das Problem, dass das Ganze stagniert ist“, sagt Andrea Dillmaier. „Seit wir das bedingungslose Grundeinkommen vor etwa vier Jahren eingeführt haben, haben wir wieder viel mehr Tauschaktionen.“
Durch dieses bedingungslose Grundeinkommen sinke die Hemmschwelle, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die zwar angenehm, aber nicht notwendig sind. Denn die 50 „Freipurzel“ kann man nicht gegen Waren und nur bis Ende des Monats einlösen. „So bleibt das Ganze im Fluss“, sagt Andrea Dillmaier.
Die Palette der Angebote umfasst beinahe alles: Von Putzen, Babysitting und Fahrdiensten über Naturalien, Garten- und Handarbeit bis hin zu Fahrradreparaturen, dem Karlstadter Schwebebad oder Yoga. Angebote und Gesuche stehen monatlich aktualisiert im sogenannten „Purzel-Blättle“ der Initiative.
Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen kann theoretisch jedes Mitglied des Karlstadter Tauschrings nur die 50 „freien“ Purzel monatlich ausgeben, ohne selbst Zeit für andere zu investieren. „Wir könnten es nicht verhindern, nur ansprechen“, sagt Andrea Dillmaier. „Tatsächlich ist das in den vier Jahren aber nur ein einziges Mal vorgekommen.“ Letztendlich habe die Person nach erfolglosen Gesprächen mit dem Organisationsteam die Initiative von sich aus verlassen. „Wir haben schon ein Auge auf die Kontostände“, sagt Dillmaier, „nicht darauf, wer mit wem tauscht, aber ob Bewegungen stattfinden, ob es Veränderungen und eventuell Handlungsbedarf gibt. Dann sprechen wir das an.“
Vernetzung unter Tauschenden
Dass man grundsätzlich etwas anbietet, verpflichtet nicht dazu, es jederzeit und bei jeder Nachfrage zu machen. Hat man länger keine Zeit, kann man sich beim Organisationsteam inaktiv melden. Das Angebot verschwindet dann aus dem „Purzel-Blättle“ und die Verwaltungsgebühren von fünf „Purzel“ monatlich (die nicht mit den 50 „Freipurzeln“ verrechnet werden können) entfallen.
Größtenteils tauschen die Mitglieder aus Karlstadt und Umgebung untereinander. „Wenn es ein besonderes Angebot gibt, fährt man auch schon mal nach Würzburg oder weiter“, so Dillmaier. Das betreffe vor allem Zimmer, die für Kurzurlaube über ganz Deutschland zur Verfügung stehen, oder Pflanzen.
Die große Reichweite ergibt sich auch aus der Kooperation mit dem Hammelburger Tauschring und der Mitgliedschaft im Ressourcen-Tauschring, einer Art Verrechnungsstelle für Ferntauschaktionen. Der Karlstadter Tauschring ist einer von knapp 100, die ihm angeschlossen sind. Am 6. April 2000 wurde der Karlstadter Tauschring von einem zehnköpfigen Freundeskreis gegründet. Heute hat er 33 aktive Mitglieder im Alter von etwa 30 bis 70 Jahren.
Interessierte sind am Donnerstag, 25. Februar, um 20 Uhr zum Informationsabend in der Vhs unter der Leitung von Moira Scholz oder zum monatlichen Treffen eingeladen. Diese finden an jedem letzten Mittwoch im Monat in der Pilsstube „Alt Franken“, Hauptstraße 34, ab 20 Uhr statt.