Es ist ein mittelalterliches Konzept, modern umgesetzt: Schon vor vielen Jahrhunderten wurden im Untergeschoss eines Rathauses Märkte abgehalten – nicht anders ist es jetzt im Rathaus-Center in Marktheidenfeld. Am Dienstagabend wurde im Erdgeschoss des Gebäudes in der Luitpoldstraße die Eröffnung des tegut-Lebensmittelmarkts mit rund 150 Vertretern aus Politik und Wirtschaft gefeiert. Seit Mittwoch können die Kunden dort einkaufen.
Die Kassen hätten bei tegut schon früher klingeln können. Als die Marktmitarbeiter zu Wochenbeginn die Obst- und Gemüsetheken bestückten, traten immer wieder Neugierige über die Schwelle des Haupteingangs und fragten, ob sie denn schon etwas bekommen könnten – jedoch ohne Erfolg. Die amüsante Anekdote, die der tegut-Gebietsverantwortliche Richard Dietz am Dienstagabend erzählte, zeigt: Wohl noch nie hat in der Stadt eine Eröffnung für so großes Interesse gesorgt – davor und danach. Am ersten verkaufsoffenen Tag zählte Filialgeschäftsführer Benjamin Kupka rund 4000 Kunden – ein Ansturm, mit dem er gerechnet hatte und auf den er und seine 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbereitet waren.
Der in Partenstein wohnende Kupka ist sehr jung für einen Geschäftsführer: Gerade mal 26 Jahre ist er alt – und dennoch hat er bereits viel Erfahrung bei tegut gesammelt. In Burgsinn, wo er groß geworden ist, und im Würzburger Stadtteil Zellerau hat er bereits Filialen geleitet. Kupkas Stellvertreter ist der 23-jährige Tim Kretz, der ebenfalls aus Burgsinn stammt. Lernende – so nennen sie bei tegut die Auszubildenden – gibt es derzeit zwei. In diesem Jahr sollen noch drei weitere Lehrstellen geschaffen werden.
Der Vorstandsvorsitzende kam höchstpersönlich zur Eröffnung nach Marktheidenfeld. Thomas Gutberlet, der seit August 2009 an der Spitze von tegut steht, sagte, er hoffe, dass der neue Markt „die Bürger wieder ein Stück näher zusammenbringen kann“. Ein Wunsch, der wegen der aktuellen Diskussion über die Verkehrssituation in der Altstadt, die die Bevölkerung in zwei Lager spaltet, eine ganz eigene Bedeutung bekommt.
Dass der tegut-Markt ein Politikum war, ist und gewiss noch eine Zeit lang bleiben wird, darauf ging Bürgermeisterin Helga Schmidt-Neder in ihrer Rede nicht ein. Wohl aber klang in ihren Worten durch, welche Hoffnungen sie mit der Ansiedlung des Marktes im Zentrum Marktheidenfelds verbindet. Schmidt-Neder sagte, die „erste Epoche des Projekts Rathaus-Center“ sei „geschafft“. Einer Stadt, die das Wort „Markt“ in in ihrem Namen trage, stehe ein derartiger Markt gut zu Gesicht. Nun hoffe sie auf „gute Nachbarschaft“. Die Einweihung des Verwaltungsgebäudes im Obergeschoss des Rathaus-Centers wird die Stadt am Samstag, 19. Juni, mit einem Bürgerfest und einem Tag der offenen Tür feiern.
Der katholische Pfarrer Hermann Becker und sein evangelischer Amtsbruder Bernd Töpfer segneten den tegut-Markt. Dort, wo es über 15 000 Artikel zu kaufen gibt, erinnerte Töpfer daran, dass es in und um Marktheidenfeld Menschen gebe, die nicht genug zu essen haben. Die Tafel bemühe sich, einen Ausgleich zu schaffen – und sei für jede Hilfe dankbar.
Die geladenen Gäste hatten abschließend die Gelegenheit, den 1450 Quadratmeter großen Markt in Augenschein zu nehmen und einige Spezialitäten zu probieren.