Das Gaspedal mit der Bremse verwechselt: Dieser simple Bedienungsfehler war die Ursache des tragischen tegut-Unfalls in Marktheidenfeld vor zehn Monaten. Das hat am Dienstag das Amtsgericht Gemünden festgestellt und die Unglücksfahrerin zu einer Geldstrafe verurteilt. Immerhin hatte ihr Fehler gravierende Folgen: Ein Mann starb, fünf Unfallbeteiligte erlitten Verletzungen oder Schocks, und die Fahrerin ist wegen des Traumas noch heute in psychologischer Behandlung.
In dem Prozess überließ die kleine blondhaarige 60-Jährige aus dem Raum Marktheidenfeld das Reden meist ihrem Anwalt. Noch immer wirkte sie mitgenommen. Ihrem Geständnis folgten Worte des Bedauerns. Unter Tränen sagte sie: „Von ganzem Herzen entschuldige ich mich bei allen, die durch mich Leid erfahren haben. Es tut mir sehr leid.“
Da die Angeklagte sich nicht mehr an Details der Fahrt erinnern konnte, rekonstruierte das Gericht den Unfall mit Hilfe von zwei Überwachsungskameras, den Aussagen des ersten Polizeibeamten am Unfallort und dreier Augenzeugen sowie eines Sachverständigengutachten. Demnach hatte die Angeklagte am 10. November 2010 beim Versuch, ihr Parkticket an der Ausfahrt des Parkplatzes in den Automaten zu schieben, versehentlich das Bremspedal losgelassen. Daraufhin hatte sich ihr Automatikwagen selbstständig in Bewegung gesetzt. In Panik hatte die Fahrerin dann aufs Gas- statt aufs Bremspedal getreten, so dass der Wagen weiter beschleunigt hatte.
Mit maximal 25 Stundenkilometern war er durch den Eingang des Marktes gebrochen, hatte Blumenregal, Kassenbereich und einen Betonpfeiler gestreift und schließlich einen Rentner frontal erfasst, der zwischen Auto und Bäckertheke eingeklemmt blieb, bis Marktpersonal den Motor ausschaltet und den Wagen zurückgeschoben hatte. Mit vor Schreck über den Kopf gehaltenen Händen sei die Frau durch den Markt gefahren, berichtete ein Zeuge. In diesen vier bis fünf Sekunden habe sie weiter Gas gegeben, zitierte Richter Dr. Alexander Milkau den Gutachter, der keine technischen Defekte am Auto feststellte. Milkau: „Dann nahm das Drama seinen Lauf.“
Wegen ihres Fehlers ist die Frau der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung schuldig. Für das Strafmaß berücksichtigte der Richter ihre persönliche Situation: Die 60-Jährige ist Hausfrau und betreut ihre 86-jährige Mutter. Vom Gehalt des Mannes bleiben nach Abzug des Schuldendienstes für das Eigenheim rund 1500 Euro netto. Einig waren sich alle Prozessbeteiligten, dass die Frau wegen ihres geringen Unrechts keine Gefängnisstrafe zu erwarten habe. Die Staatsanwältin forderte 4500 Euro Geldstrafe, der Richter verhängte 3000 Euro, da die Angeklagte nicht vorbestraft ist und die Verantwortung nicht von sich schob.
„Es war nur ein Fahrfehler, aber mit großen Folgen“, resümierte Milkau. Der Unfall habe bei jedem Beteiligten das Leben verändert. Die tragischen Ereignisse seien durch die Strafe nicht rückgängig zu machen. Der Richter hofft allerdings, „dass durch die Aufklärung ein gewisser Frieden einsetzt“ und „jeder sein Leben wieder in den Griff bekommt“.