Lisa-Marie Gärtner aus Lohr hat von September bis November ein Praktikum bei den Vereinten Nationen (UN/UNO) in ihrer Traumstadt New York gemacht. Die Begeisterung darüber ist der 28-Jährigen noch immer anzumerken. „Ich wollte schon immer mal nach New York, ich wollte schon immer mal ein Praktikum bei der UN machen.“ Zuvor studierte sie schon zwei Semester in den USA und bekam so die US-Präsidentschaftswahl hautnah mit.
New York ist ein teures Pflaster. Für ein Zehn-Quadratmeter-Zimmer im 11. Stock musste sie im Monat 1100 Dollar berappen, nach aktuellem Wechselkurs über 900 Euro. Und ein einzelner Apfel, berichtet sie, kostet in der Stadt, die gern „Big Apple“ (großer Apfel) genannt wird, schon mal 1,99 Dollar – auch wenn er nicht groß und auch sonst nicht besonders ist. Ein Lohrer Rambour jedenfalls sicher nicht.
Ihr waren es die teuren Lebenshaltungskosten wert
Aber die hohe Miete und die hohen Lebenshaltungskosten waren es wert, findet sie. „So eine Chance krieg ich nie wieder“, sagte sie sich. Und ihr Zimmerchen lag schließlich nicht irgendwo, sondern in der Upper Westside in Manhattan, mittendrin also, der Central Park gleich um die Ecke. „Ich hätte auch was Günstigeres bekommen können“, sagt sie, etwa in Queens oder Brooklyn. „Aber ich hab mir gesagt: Ich mag lieber eine gute Lage haben und nur eine halbe Stunde auf Arbeit fahren am Morgen und nicht wie von Brooklyn aus eineinhalb Stunden.“ Sie hat es genossen.
Lisa-Marie Gärtner hat zwar für ihr Praktikum eine Aufwandsentschädigung bekommen, die war aber bescheiden. Obendrein gab es ein Stipendium vom Deutschen Akademischen Austauschdienst. Aber um sich den New-York-Aufenthalt leisten zu können, musste sie im Sommer zusätzlich arbeiten. Das alles machte ihr nichts aus. Auch an den beständig hohen Lärmpegel gewöhnte sie sich.
Am Wochenende war wegen Lärm und Menschenmassen Landflucht angesagt
Und dass sie die halbe Stunde in der U-Bahn praktisch immer regungslos eingequetscht zwischen anderen Fahrgästen stehen musste, mit Umstieg am stets vollen Times Square, war halt so. Lärm und Menschenmassen entfloh sie aber am Wochenende gern mal, etwa an einen eineinhalb Stunden entfernten Strand. „Ich habe diese Oasen am Wochenende gebraucht, damit ich abschalten kann.“
Die 28-Jährige ist in Pflochsbach aufgewachsen. Nach der Mittleren Reife lernte sie bei Bosch Rexroth Kauffrau für Bürokommunikation und machte eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin in Würzburg. Anschließend machte sie in zwei Jahren ihr Abitur an der Berufsoberschule in Marktheidenfeld. Mittlerweile studiert sie in Erlangen Politikwissenschaft und Englisch und American Studies. Gerade schreibt sie an ihrer Bachelorarbeit.
Einreise leicht gemacht mit Diplomatenvisum
Ihr Praktikum hat sie, um genau zu sein, nicht direkt bei der UNO gemacht, die ihren Hauptsitz in New York hat, sondern bei der Ständigen Vertretung Deutschlands bei den Vereinten Nationen, einem Bindeglied zwischen dem Auswärtigen Amt und den Vereinten Nationen. Sie hat sich beim Auswärtigen Amt sicherheitshalber auch für andere Städte und Länder beworben, aber New York war ihr Traum. „Ich konnte es lange gar nicht glauben, dass es wirklich geklappt hat.“ Sie bekam für die Einreise sogar ein Diplomatenvisum und wurde am Flughafen einfach durchgewunken und musste nicht wie üblich mehrere Stunden warten.
Vom diplomatischen Alltag und von internationaler Politik hat sie nach eigener Aussage viel mitbekommen. Ihr Ausbilder, dem sie zugeordnet war, hat Themen behandelt wie Menschenhandel, Kriminalitäts- und Drogenbekämpfung, Sanktionsregime und hatte den Fokus auf dem Balkan und dem Nahen Osten. „Wenn bei der UN eine Resolution verhandelt wurde zum Thema Menschenhandel, dann sind wir da hingegangen“, erzählt Gärtner. Sie habe viele Termine bei der UNO für ihn wahrgenommen. „Ich war immer gut beschäftigt.“
Trump immer ein Thema bei der UNO
Bei ihrer Arbeit traf sie auch den Ex-Bundespräsidenten Horst Köhler, der jetzt der UN-Sonderbeauftragte für den Westsahara-Konflikt ist. Ob Trump, der wenig von der UNO hält, ein Thema war? „Trump ist immer ein Thema“, sagt die 28-Jährige. Im German House, wo sie arbeitete, sei viel über Trump diskutiert worden. Außerdem steht der Trump-Tower nur zwei Häuser vom Deutschen Haus entfernt. Viele Touristen machten davor Fotos.
„New York ist großartig, weil man unheimlich viele Möglichkeiten hat“, sagt sie – viele Museen, viele Galerien, Ausstellungen, Theater, Comedy-Shows, internationale Küche, spannende Orte. Die Amerikanerin, mit der sie zusammenwohnte, hatte viele Insidertipps für sie. Da sie vor dem Praktikum schon zweimal in New York gewesen war und die Touristensachen wie Freiheitsstatue, Times Square oder das Museum of Modern Art schon abgeklappert hatte, konnte sie sich dieses Mal „aufs Leben dort konzentrieren“, wie sie sagt.
Von August 2016 bis Mai 2017 hatte die Lohrerin zuvor in North Carolina an der privaten Duke University in Durham studiert. Die Studiengebühren von 30 000 Dollar im Semester hätte sie sich selbst nicht leisten können, aber auch hier bekam sie glücklicherweise ein Stipendium.
Mitstudenten wegen Wahl Trumps am Boden zerstört
Dort erlebte sie auch den Wahlkampf 2016 mit. In Durham seien die Menschen ziemlich liberal, erzählt sie, besonders an der Universität mit vielen ausländischen Studenten. Den Wahlabend verfolgte sie mit ihren amerikanischen Freunden im Fernsehen. Das Ergebnis war für diese niederschmetternd: „Die waren wirklich am Boden zerstört, unheimlich viele haben auch geweint.“
Nach dem Bachelor möchte Lisa-Marie Gärtner zunächst gerne noch einen Master machen – irgendwo in Europa. Sie könnte sich auch vorstellen, eine Weile in den USA zu leben. Dort seien Masterprogramme aber zu teuer. Ihr Berufswunsch ist das Auswärtige Amt. Dass sie dabei alle drei Jahre in ein anderes Land versetzt würde, findet sie reizvoll. Der Auswahlprozess sei aber eine große Hürde.
Aber sie fühlt sich auch am Main zu Hause und sagt: „Irgendwann würde ich schon gerne wieder nach Lohr zurückkommen“