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HIMMELSTADT: Theo Glassen gibt Kutschfahrten auf

HIMMELSTADT

Theo Glassen gibt Kutschfahrten auf

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    Theo Glassen hatte noch vor wenigen Wochen sechs Gespanne mit zwölf Pferden. Er hatte 2006 viele Tausend Euro in den Nachbau einer Original-Postkutsche und in die Postillons-Uniformen investiert. Im April 2007 wurde am Lusamgarten in Karlstadt eigens eine Postkutschen-Haltestelle mit großem Brimborium eröffnet. Der Rentner und Nebenerwerbslandwirt war guter Dinge, dass nun auch das Planwagengeschäft in Karlstadt besser anläuft. Doch Theo Glassen hat resigniert.

    Er fühlt sich im Stich gelassen. Keine Hilfe aus dem Karlstadter Rathaus, keine Unterstützung vom Fremdenverkehrsbüro, keine Werbung in den Hotels und Gasthäusern für seine Ausflüge in Kutschen und Planwagen, zählt er auf. „Ich kann nicht alle Kaffeekassen füllen, damit man Urlauber und Besucher auf meine Planwagenfahrten aufmerksam macht. Für die Karlstadter Offiziellen, Hoteliers und Gastwirte wäre es nur ein kleiner Hinweis auf meine Kutschenfahrten. Aber meine Plakate verschwanden unterm Tresen“, klagt Theo Glassen.

    Im vergangenen Jahr war sein Auftragsbuch in Karlstadt fast voll; 2008 sei es wie abgeschnitten. Manfred Goldkuhle, der noch als zweiter Bürgermeister Glassens Bemühungen unterstützte, weil er seine Kutschfahrten als Bereicherung für den Tourismus ansieht, kann den Rückgang der Aufträge in Karlstadt auch nicht nachvollziehen.

    Der zweite Frust Glassens trifft die Lohrer Polizei, die seine Überführungsgespanne ständig kontrolliere. Ein Ermittlungsverfahren wegen des angeblichen Gebrauchs eines nicht versicherten Fahrzeugs stellte der Staatsanwalt am 28. April 2008 ein. Gegen einen Bußgeldbescheid über 100 Euro legte Glassens Anwalt Roland Klein aus Würzburg Widerspruch ein: „Ich erwarte deshalb im September, Oktober noch einen Prozess beim Amtsgericht Gemünden“, sagt der Rechtsanwalt auf Nachfrage. Glassen soll die doppelte Strafe zahlen „wegen wiederholter und vorsätzlicher Begehung“. Hinter einer Zugmaschine hatte Glassen zwei zu Kutschwagen umgebaute ehemalige landwirtschaftliche Anhänger gehängt und war im November 2007 von der Lohrer Polizei gestoppt worden.

    Für Rechtsanwalt Roland Klein ist das gründliche Vorgehen der Lohrer Polizei gegen seinen Mandanten mit „Kanonen auf Spatzen geschossen“.

    Theo Glassen, seit 1985 mit Planwagen und Kutschen unterwegs, fühlt sich regelrecht verfolgt. Schon im Februar 2005 berichtete er in der Main-Post von den Problemen, die er nach eigener Aussage nur mit der Lohrer Polizei habe und die ihm bis heute geblieben seien. Der 68-Jährige muss seine Pferde und die Kutschen zum Einsatzort fahren. Dieser kann auch außerhalb Main-Spessarts in Würzburg, Bad Kissingen oder im angrenzenden Baden-Württemberg und Hessen sein. „Wenn mein Lkw, beladen mit den Pferden, einen Tieflader mit einem Planwagen drauf zieht, habe ich keine Probleme. Ziehe ich aber mit meinem 75 PS starken Schlepper eine Pferdebox und einen Planwagen, halten mich die Lohrer Polizeibeamten an.“ Und zwar nur die Lohrer, fügt der gelernte Schmied und einstige selbstständige Heizungsinstallateur an.

    „Ich hätte gern noch ein paar Jahre Kutsch- und Planwagenfahrten zur Brauchtumspflege angeboten.“

    Theo Glassen Rentner

    Die Beamten tun allerdings nur ihre Pflicht. Das Problem ist das grüne Nummernschild für landwirtschaftliche Gespanne, mit dem Glassen fährt. Sein Traktor und der Pferdewagen fallen darunter, nicht aber die Planwagen. Dazu erläutert Wolfgang Remelka, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Lohr, dass Theo Glassen wisse, welche Hänger er mit dieser grünen Nummer fahren dürfe und dass ein Planwagen kein landwirtschaftlich genutzter Hänger ist.

    Schon 2005 erteilte ihm die Kfz-Zulassungsstelle die Auskunft, dass er drei steuer- und versicherungspflichtige Möglichkeiten habe, mit seinem Gespann korrekt öffentliche Straßen zu nutzen. „Aber auch die mit dem roten Nummernschild für Überführungen wollte Glassen aus Kostengründen nicht nutzen“, erklärt Heinz Nöth von der Zulassungsstelle im Landratsamt.

    Der Traktor, der das Gespann zu den Einsatzorten zieht, sei versichert und damit auch die haftungsrechtlich die Überführung der Planwagen, sagt sein Anwalt. Gleiches gelte auch für Bauwagen, die zu den Baustellen gezogen werden, oder für Zirkusse. Warum also nicht für Kutschen zur Brauchtumspflege? Glassen hat die Bestätigung, dass seine Planwagen haftpflichtversichert gegen Personen- und Sachschäden sind.

    In seinem Schreiben an den Staatsanwalt am 23. April kurz vor der Einstellung der Ermittlungen betonte Anwalt Roland Klein, dass ausschließlich die Polizeiinspektion Lohr massiv versuche, gegen Glassen vorzugehen, während alle angrenzenden Inspektionen die Handhabung nicht beanstandet hätten.

    Seine Gespanne sind verkauft beziehungsweise stehen zum Verkauf. Besonders schwer fällt dem 68-Jährigen der Abschied von seinen Pferden, die nun Planwagen für andere ziehen. Auch für seine Postkutsche sucht er einen Interessenten. Die zehn Pferdeboxen auf seinem Grundstück in Himmelstadt möchte Glassen vermieten. Ihm bleiben noch die Fohlen Charly und Lauser, zwei Kaltvollblutrappen, die er aber später auch verkaufen wird.

    Theo Glassen ist traurig: „Ich hätte gern noch ein paar Jahre Kutsch- und Planwagenfahrten zur Brauchtumspflege angeboten. Aber wenn noch nicht mal die Unkosten hereinkommen und ich von meiner schmalen Rente draufbezahlen muss, weil es kaum noch Aufträge gibt, geht es nicht mehr.“

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