So viele verschiedenfarbige Uniformen sieht man in Lohr im Jahresverlauf eigentlich nur bei einem Anlass: dem Jahresrückblick des Ortsverbands in der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW). Nach zwei Jahren Zwangspause wegen der Corona-Pandemie war es jetzt in der Unterkunft an der Walter-Senger-Straße wieder soweit.
Das THW Lohr habe sich in den zwei Jahren enorm weiterentwickelt, berichtete Ortsbeauftragter Michael Nätscher. Während der Pandemie habe auch das THW Lohr neue Formen der Kommunikation und der Ausbildung entwickelt, sagte Kathrin Hock, die kommissarische stellvertretende Ortsbeauftragte, die die Veranstaltung moderierte. Für eine Organisation wie das THW, die auf gemeinschaftliches Vorgehen angewiesen sei, seien mangelnde persönliche Kontakte ein Problem. "Denn einen Einsatz kann man nicht virtuell absolvieren."
Nach den Worten von Michael Nätscher hat sich das THW Lohr "stark gewandelt, um seinen Zukunftsaufgaben gerecht werden zu können". Personell und materiell habe sich im Technischen Zug die zweite Bergungsgruppe zur Fachgruppe N (Notversorgung und Notinstandsetzung) weiterentwickelt. Sie unterstütze andere Einsatzgruppen mit Beleuchtung und elektrischer Energie und verfüge über eine Camp-Ausstattung für eine autarke Übernachtung der eingesetzten Mannschaften.
Neue Fahrzeuge
Die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen im Technischen Zug habe zwei neue Großfahrzeuge erhalten. Mit diesen Lastwagen könne nun das "große Equipment mitgeführt werden", so Nätscher. Der Zugtrupp, die Führung des Technischen Zugs, habe ein neues Führungsfahrzeug erhalten.
Zudem seien für den Stab des Ortsverbands ein seit Langem gewünschter Geländegabelstapler und ein vom Förderverein finanzierter Personenwagen angeschafft worden. Werkstatt, Küche und Verwaltungsbüros hätten umfangreiches Material und Gerät erhalten.
Trotz der Pandemie habe das THW Lohr zwei Rekordeinsätze absolviert, erläuterte der Ortsbeauftragte. Der Transport von Schutzausstattung für das bayerische Gesundheitsministerium sei der größte Logistikeinsatz gewesen. Die Hilfeleistung nach der Sturmflut in NRW und Rheinland-Pfalz, unter anderem auch im Ahrtal, sei für die beiden Fachgruppen des Technischen Zugs der größte Einsatz dieser Art in der Geschichte des Lohrer THW gewesen.
Frauenquote: 25 Prozent
Einen Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre in Bildern und Videos zeigten Katrin Brendolise, die Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit, und Simon Lichtinghagen. Für "ZDF" (Zahlen, Daten, Fakten) war wie vor der Pandemie Kathrin Hock zuständig. Nach ihren Angaben verfügt der Ortsverband Lohr derzeit über 162 Helferinnen und Helfer bei einer Frauenquote von 25 Prozent oder 40 Helferinnen.
Den Bundesdurchschnitt von 16 Prozent Frauen und den Bayerndurchschnitt von 15 Prozent übertreffe der Lohrer Ortsverband damit bei Weitem. Das Ziel der Bundesanstalt, einen Frauenanteil von 30 Prozent, werde man auch noch schaffen. Mit 48 Einsatzbefähigten, die über die nötigen Ausbildungen und Impfungen verfügten, übertreffe man das Ziel von 40 für einen Ortsverband dieser Größe ebenfalls.
Mehr Einsatzstunden
Die Zahl der jährlichen Dienststunden im Ortsverband reduzierte sich laut Hock wegen der Pandemie von über 20.000 im Jahr 2019 auf rund 9900 im vorigen Jahr. Davon besonders betroffen war die Ausbildung. Gestiegen ist dagegen die Zahl der Einsatzstunden wegen Pandemie und Flutkatastrophe von 2000 (2019) auf über 2500 (2021).
Für ihre Verdienste zeichneten Nätscher und Hock Christian Brunn, Gerhard Fröhlich, Hubert König und Christian Rosenberger mit dem Helferzeichen in Gold mit Kranz aus. Das Helferzeichen in Gold bekamen Klaus Fischer, Sabrina König, Simon Lichtinghagen, Manuel Rubenbauer, Christian Seubert und Kai Sturm.
In den Grußworten wurde immer wieder die gute Zusammenarbeit der "Blaulichtfamilie" in Stadt und Kreis betont. "So dicke waren wir noch nie beieinander", meinte der neue Kreisbrandrat der Feuerwehr, Florian List. Es sei beruhigend zu wissen, dass man auch als Helfer jemanden im Hintergrund habe, "den wir nicht nur zu den Kameraden, sondern zu den Freunden zählen können".
Erstes Treffen seit 2019
"Jede Krise hat auch eine Chance, im Main-Spessart-Kreis sind wir noch enger zusammengerückt", unterstrich Thomas Schlott, der Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes. Es sei während der Pandemie nicht leicht gewesen, den Ausbildungsstand hoch zu halten, aber davon habe die Bevölkerung nichts bemerkt, sagte Wolfgang Remelka, der Leiter der Polizei-Inspektion Lohr.
"Wir standen in den letzten zwei Jahren vor vielen Herausforderungen", sagte Carina Weißenseel von der THW-Regionalstelle Karlstadt. Das Lohrer Treffen sei die erste Präsenzveranstaltung seit 2019. Die Unentbehrlichkeit des THW betonten stellvertretender Landrat Manfred Goldkuhle und Lohrs dritte Bürgermeisterin Ruth Steger.