Er ist Geschäftsführer des Lohrer Teppichhauses Art Oriental und hat ein fachmännisches Händchen für Knoten und Teppiche: Karl-Heinz Achmad Djoharian. Dass er auch ein tierisch gutes Händchen besitzt, zeigt sich an seiner Mitbewohnerin Coco. Die Blaustirnamazone aus der Gattung der Amazonenpapageien lebt seit bald dreieinhalb Jahrzehnten höchst wohlbehalten unter seinem Dach.
Geschuldet ist ihr Zuzug einem Zufall. Djoharian hatte 1986 in der Zeitung nach Ersatzteilen für ein defektes Auto gesucht. Dabei fiel ihm die Anzeige eines Papageienzüchters in der Nähe von Schweinfurt ins Auge. Sein Interesse war geweckt, er fuhr hin. "Wir hatten in unserer Familie schon immer Vögel", erzählt er. Auch sei sein aus dem Iran stammender Vater in der Heimat Taubenzüchter gewesen.
Das "Mistvieh" wollte er sofort
Bei dem Züchter bei Schweinfurt wurde Djoharian nicht fündig – bis ihm kurz vor dem Gehen das sechs Monate junge Baby Coco gezeigt wurde. »Ein aggressives Mistvieh, das wollen Sie bestimmt nicht haben«, habe der Verkäufer gesagt. Djoharian wollte und "Diva" Coco wollte auch. Die Chemie zwischen beiden stimmte augenblicklich.
Mittlerweile ist aus dem Baby eine Dame von 35 Jahren geworden; ihren heute 52-jährigen Besitzer hat sie längst als Partner erkoren. Von ihm gekrault zu werden und mit ihm zu schmusen und zu kuscheln steht bei ihr an oberster Stelle. "Meine Frau Barbara akzeptiert sie als Schwarmmitglied. Bei ihr testet sie aus, wie weit sie gehen kann", sagt Djoharian.
Coco behaupte den Platz als Herrin im Haus. Sie fordere Aufmerksamkeit ein, sei freundlich und extrem neugierig auf alles Fremde. Dass sie auch Humor hat, zeigt sich, als Djoharian ein Erlebnis seines Vaters zum Besten gibt: "Beim Vorbeigehen an einer Voliere rief er dem darin wohnenden Papagei 'Hallo' zu." Dessen Antwort kam prompt: »Arschloch".
Sie spricht nach Lust und Laune
Coco lacht und lacht. Sie spricht auch – sofern sie Lust dazu hat. Nicht einzelne Worte, sondern ganze Sätze, in denen sie den Gemündener Dialekt von Djoharians Mutter nachahmt. Ist Essenszeit, sagt die Amazone: "Goody goody. Ah, guck amal, ’s gibt was." Ist sie müde, legt sie ihren Kopf unter den Flügel und sagt: "Coco macht golle golle." Wenn Karl-Heinz Djoharian aus dem Haus geht, fragt sie "Gehste mit?".
Ist er bis spätabends geschäftlich unterwegs, telefoniert er mit seiner "Partnerin" per Freisprechanlage im Auto. Dann säuselt diese: "Ja wo is’ er denn?" Die Amazone liebt klassische Musik, allen voran die drei Tenöre Plácido Domingo, Luciano Pavarotti und José Carreras. Zu ihrem Hochgenuss zählt, von Barbara Djoharian geduscht und geföhnt zu werden, vor dem Fernseher unter deren Decke zu schlüpfen oder Taschen zu inspizieren. "Halt typisch Frau", lacht Djoharian.
Verkuschelt und gerne faul
Animiert er seine Vogeldame zu Bewegung, um ihren Kreislauf in Schwung zu bringen, will sie schnell wieder herumgetragen werden. Fazit: "Coco ist nicht nur extrem verkuschelt, sondern auch faul." Was ihr gar nicht behagt, sind Babygeschrei und Hitze im Sommer. Da zieht sie sich in ihre Höhle im hinteren Teil ihres Käfigs zurück und tut ihr Missfallen lautstark kund.
In der Wohnung darf sie frei herumfliegen, auch geht sie auf der Schulter ihres "Partners" aus dem Haus ("Gehste ada?") ohne auszubüchsen. "Ihr die Flügel zu stutzen wäre für mich undenkbar gewesen", sagt Djoharian.
1988 erkrankte die Amazone schwer. "Wir brachten sie in die Tierklinik nach Würzburg, fürchtend, sie würde nicht überleben." Anfassen ließ sie sich nur noch von ihrem Partner. Dreimal am Tag fuhr Djoharian ins Krankenhaus, um sie zu füttern und ihr Spritzen zu geben. Nach sechs Wochen kehrte sie fit nach Hause zurück.
Ein Rat liegt Karl-Heinz Djoharian am Herzen: "Wer sich einen Papagei anschaffen möchte, sollte wegen langer Lebenserwartung der Tiere sein eigenes Alter ins Kalkül ziehen." Papageien können Menschen überleben. Amazonen werden bis 50 Jahre alt, Graupapageien bis zu 60. Das Alter von Aras liegt bei 70 Jahren, bei Kakapos sind es bis zu 95 Jahre.
BlaustirnamazonenBlaustirnamazonen, auch Rotbug-, Geldbug- oder Gelbflügelamazonen genannt, gehören zur Gattung der Amazonenpapageien. Verbreitung: Südamerika, von Bolivien, Brasilien, Paraguay bis ins nördliche Argentinien. Erscheinungsbild: kräftiger grauer Schnabel und ebensolche Füße, Gewicht 80 bis über 500 Gramm, Länge 33 bis 38 Zentimeter, Schwanzlänge elf bis 14 Zentimeter, Flügelspannweite bis 24 Zentimeter. Grundgefieder grün, meist blaue Stirn, Vorder-, Hinterkopf und Wangen gelb gefiedert. Männchen und Weibchen unterscheiden sich nicht im Federkleid.
Lebenserwartung: im Durchschnitt 25 bis 50 Jahre.
Verhalten: am aktivsten in den frühen Morgen- und späten Nachmittagsstunden, dazwischen Ruhe- und Schlafphasen mit Kopf um 180 Grad nach hinten gedreht.
Bevorzugte Fortbewegung: Klettern.
Verhalten und Haltung: Beliebt als Ziervögel wegen ihrer Fähigkeit, die menschliche Sprache nachzuahmen. Blaustirnamazonen, die als Jungvögel in menschliche Obhut kommen, können sehr zahm werden. Mit Erreichen der Geschlechtsreife im fünften bis sechsten Lebensjahr können sie ein deutlich aggressiveres Verhalten an den Tag legen. Als artgerecht wird die paarweise Haltung in geräumigen Volieren empfohlen.