„Das ist die seltsamste Freundschaft, die ich je hatte“, bekennen zwei neunjährige Jungen in Auschwitz. Eine „grenzenlose“ Freundschaft zwischen dem jüdischen KZ-Häftling Schmuel und dem deutschen Jungen Bruno, die am Mittwoch- und Donnerstagabend auf der Theaterbühne der Realschule tödlich endete.
Gewiss keine leichte Aufgabe, die sich das Schulspiel unter Leitung von Realschullehrerin Julia Waldner mit dem sensiblen Drama über die Nazi-Gräuel (frei nach dem irischen Autor John Boyne) gestellt hatte. „Eine Wahrheit im Theater ist auch im Leben eine Wahrheit“ – dieses Zitat charakterisiert das Stück „Der Junge im gestreiften Pyjama“.
Zum Inhalt: Der deutsche Junge Bruno zieht 1943 mit seiner Familie in das Vernichtungslager „Aus-Wisch“, wohin sein Vater als Kommandant versetzt wird. Zwischen dem jüdischen KZ-Häftling Schmuel und Bruno entwickelt sich eine enge, aber gefährliche Freundschaft. Schmuel besorgt seinem Freund einen gestreiften Pyjama, und Bruno kriecht durch ein Loch im Stacheldrahtzaun. Auf der „anderen Seite“ erschreckt ihn das Unrecht an den gefangenen Juden.
Kindliche Perspektive
Die Perspektive des Neunjährigen erlaubt einen unverstellten Blick auf die grausamen Absurditäten. Schmuel und Bruno sterben in der Gaskammer. Das ist der Höhepunkt der Freundschaft und das Ende der Geschichte, die Fragen stellt. Fragen nach heute noch existierenden Zäunen, nach deren Akzeptanz und dem Leben „auf der richtigen Seite“.
Die Theatergruppe habe sich in diesem Jahr bewusst gegen eine Komödie und für einen ernsten Stoff entschieden, führte Realschulrektor Georg Strobel zum Thema hin. Nicht nur im Rahmen des Stückes hätten sich die Akteure mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Hintergrundwissen wurde auch im Unterricht und beim Besuch der KZ-Gedenkstätte Buchenwald erarbeitet.
Leonie Hoffmann (15) und Nina Macalik (14) lebten förmlich ihre Rollen als Bruno und Schmuel. „Zunächst war es schwer, sich in das Thema hineinzuversetzen“, waren sich beide nach der Vorstellung einig. Die Perspektive vertieft hätten die Eindrücke aus dem KZ Buchenwald.
Inszenierung geht unter die Haut
„Euch ist eine unter die Haut gehende Inszenierung des Stückes gelungen“, zeigte sich der Schulleiter am Ende beeindruckt. Er lobte Engagement, Begeisterungsfähigkeit und Ausdauer der Schulspielgruppe. Das Stück wurde ab September 2009 inklusive zweier intensiver Probewochenenden einstudiert. „Die Darsteller ließen sich von der schauspielerischen Herausforderung derart fesseln, dass sie viel Freizeit investierten – selbst an Feiertagen und in den Ferien, betonte Regisseurin Julia Waldner.
Handwerklich und schauspielerisch auf hohem Niveau, inhaltlich aufrüttelnd und packend eroberte „Der Junge im gestreiften Pyjama„ seine Zuschauer. Die unerbittliche Konsequenz des Szenarios ließ ein tief berührtes Publikum zurück, das die Leistung mit lang anhaltendem Applaus und Bravo-Rufen honorierte. Für Nachhaltigkeit sorgte der Tenor des Stückes, nationalsozialistisches Gedankengut, Rassismus und Antisemitismus mit aller Kraft zu bekämpfen sowie Menschenrechte, Freiheit und Demokratie jeden Tag neu zu verteidigen.