Ob man bei Altmeister Shakespeares berühmtestem Trauerspiel „Hamlet“ Tränen lachen kann? Man kann. Zumindest, wenn man als Zuschauer im Theaterkeller des Weinhauses Mehling Platz bezogen hat, um der etwas anderen Shakespeare-Tragödie beizuwohnen: der Komödie „Hamlet oder was Sie schon immer über Dänen wissen wollten“ aus der Feder von Schauspieler Joe Henselewski.
Fünf Jahre nach der Uraufführung ließen er und Bühnenpartner Mathias Schiemann ihren Fünfakter am Wochenende dort wieder aufleben, wo er geboren wurde. Selbstverständlich eine so urkomische Zweitgeburt wie der erste „Wurf“ 2002. Das Schauspieler-Duo hatte vorab einen Frontalangriff auf das Zwerchfell angedroht. Und hielt sein „Versprechen“. Nach wenigen Sätzen die ersten glucksenden Lacher. Im Verlauf von knapp anderthalb Stunden Vorstellung trampeln auf dem Theaterkellerboden mancher Gäste Füße vor Spaß.
Nichtsdestotrotz ist man als Zuschauer schließlich im Bilde über die Originalzustände. Nicht erst am bitteren Ende, als Horatio alias Schiemann weint „Vergebung, edler Hamlet!“. Worauf der gespielt mausetote Hamlet (Henselewski) ins Publikum raunt, dieses dürfe nun klatschen, falls es das wolle.
Die Kurzfassung des Originals aus dem Jahr 1601 geben die Bühnenakteure bereits zu Beginn der Vorstellung: Dänenprinz Hamlet rächt die Ermordung seines Vaters, des Königs. Der Mörder tritt die Thronfolge an und heiratet Gertrude, die Witwe. Polonius-Tochter Ophelia verschmäht Hamlets Liebe. Der Prinz wird zum Grübler, dessen scharfer Geist und tiefdringende Einsicht ihn am raschen Handeln hindern und Ophelia (Schiemann) zu den Worten bewegt „Oh welch edler Geist ist hier zerrüttet! Mir ist weh zu sehen, was ich seh'“.
Auf der Mehlings-Bühne indes vollzieht sich eine rasante Handlung und Wandlung: Henselewski streift sich Haut und Stimme von Claudius, dem Dänenkönig, über, dann die von Horatio, dem Hamlet-Freund. Schiemann reißt sich die blonde Ophelia-Perücke und das weiße Spitzenkleidchen von Kopf und Leib. Hinein ins schwarze Gertruden-Gewand, drauf mit deren Rothaar. Gestik und Mimik der beiden Schauspieler erweisen sich als so ausdrucksstark wie deren stimmliches Vermögen. Sie sind ein eingespieltes Team, fetzen sich verbale Bälle zu. Keck vermischen die Ruhrpottpflanzen Hausgemachtes weit weg vom Shakespeareschem Drama mit Original-Monologen wie „Zu welchem Ende wird dies kommen?“
Im dritten Akt dann der Satz aller Sätze „Sein oder nicht sein, das ist die Frage.“ Sterben, schlafen, nichts weiter wolle er, lamentiert Hamlet. „Wer ertrüge die Peitschenhiebe, die Fußtritte . . .“ Ungebildet jedenfalls verlässt man als Gast den Tatort nicht. Man ist aufgeklärt. Darüber, dass Dichterfürst Shakespeare fürs einfache Volk geschrieben habe und Schauspieler Schiemann unschlagbar sei in stummen Rollen (Henselewski über den Part seines Freundes als königlicher Geist).
Nach anderthalb Stunden Spielzeit funkeln Schweißperlen auf Schiemanns Stirn. Der „Pfundskerl“ lacht und säuselt „es sollte mich nicht wundern, wenn ich am Ende der Produktion zur multiplen Persönlichkeit mutiert bin.“