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KARLSTADT: Unabhängigkeit von den Männern

KARLSTADT

Unabhängigkeit von den Männern

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    Nicht mit Gewalt, dann klappt's: Elvi George aus Karlstadt baut unter der Anleitung von Jürgen Spanier, Inhaber des  Fahrradladens SOS Bike, das Hinterrad eines Fahrrads ein. Gisela Baum (links), die den Vhs-Kurs anregte, und Katharina Gehrig verfolgen alles ganz genau, sie werden gleich selbst Hand anlegen.
    Nicht mit Gewalt, dann klappt's: Elvi George aus Karlstadt baut unter der Anleitung von Jürgen Spanier, Inhaber des Fahrradladens SOS Bike, das Hinterrad eines Fahrrads ein. Gisela Baum (links), die den Vhs-Kurs anregte, und Katharina Gehrig verfolgen alles ganz genau, sie werden gleich selbst Hand anlegen. Foto: Foto: Tanja Reder

    „Halte das Rad ganz locker, nicht so verkrampft. Ja, jetzt ist es eingerastet, gut gemacht!“ Jürgen Spanier, Inhaber des Radgeschäfts SOS Bike neben dem historischen Rathaus Karlstadt, klopft Elvi George aufmunternd auf die Schulter. „Mensch, ich hab‘s geschafft, das war ja ganz einfach!“, stellt sich erleichtert der berühmte Aha-Effekt ein. Und das soll sich an diesem Nachmittag noch mehrmals wiederholen.

    Unter dem Titel „Fahrradcheck selbst durchführen“ bot die Volkshochschule Karlstadt erstmals einen Kurs speziell für Frauen an, die selbst Hand am Rad anlegen wollen. „Ich habe keine Ahnung von Fahrrädern, ich muss immer zu meinem Mann sagen: Jetzt komm‘ doch mal und mach mir das. Das wollte ich nicht mehr!“ Gisela Baum aus Roden-Ansbach hatte die Idee zu dem Kurs, die die Leiterin der Vhs, Elisabeth Hennrichs, gleich aufgriff und umsetzte.

    Jürgen Spanier witzelte gleich zu Beginn des Kurses über die Männer, die in sein Geschäft kämen und immer alles gleich besser wüssten, während sich die Frauen oft erst einmal ausführlich beraten ließen. Dazu gehört auch, dass er zugibt: „Das Gerät zum Reinigen der Kette braucht ihr nicht, eine alte Zahnbürste tut es auch.“

    Den Kurs, den er selbst mit einigem Lampenfieber begann, startete er für die angemeldeten Frauen jedoch nicht mit der ersten Reparatur, sondern mit einem unerwarteten Appell: „Ihr könnt 80 Prozent der Pannen verhindern, wenn ihr euer Rad ordentlich pflegt.“

    Dann lässt er Kette und Zahnräder reinigen und erläutert ausführlich die Teile am Rad. „Wenn eure Bremsen quietschen, ist das oft nichts weiter als Dreck auf den Felgen, wenn ihr den nicht wegmacht, dann geht das Rad auf die Dauer kaputt. Dabei ist das in ein paar Minuten erledigt.“

    Dann geht‘s ans Eingemachte: „Wir wechseln den Hinterreifen. Katharina, probier‘ du das jetzt mal.“ Geduldig zeigt er mehrfach, wie das Rad aus der Halterung genommen wird und anschließend wieder in die Kette und die Halterung hineingelegt wird.

    „Wenn ihr Angst vor dreckigen Händen habt, könnt ihr Handschuhe haben oder euch da drüben dann die Finger waschen. Aber langt jetzt selbst mal hin.“ Immer wieder ermuntert er die Damen, allesamt sicher schon an die 40. Es wird immer wieder gelacht über die eigene Unsicherheit im Umgang mit dem technischen Gerät, aber auch, wenn mal etwas besonders gut klappen will.

    Wenn Jürgen Spanier dann wieder etwas Theorie dazwischenpackt und erklärt, warum das Rad nicht zu fest eingespannt werden soll, findet er bildhafte und passende Vergleiche: „Stell dir vor, du hast einen Knödel zwischen den Händen, was passiert dann, wenn du zu viel Druck ausübst? Genau, er wird verformt und geht kaputt, so ist es auch mit deiner Radhalterung, wenn du das zu fest einspannst.“ Die Teilnehmerinnen nicken, aufmerksam folgen sie seinen Ausführungen, wenn er Tricks und Tipps weitergibt oder aus dem Nähkästchen plaudert, um häufige Fehler bei der Fahrradpflege oder den eigenen Versuchen in der Werkstatt zu vermeiden.

    Und immer wieder gehen die Damen zum Tresen, dort haben sie ihre Blöckchen liegen, schreiben einzelne Tipps, zu verwendendes Material bei der Reparatur oder Pflege auf.

    Erst als alle einmal den Reifen aus der Rahmenhalterung und der Kette genommen haben und auch wieder eingebaut haben, macht er weiter. Spätestens beim Wechseln des Schlauchs merken alle, wie leicht es beim Fachmann aussieht, und welche Tricks man wissen muss, damit das Material keinen Schaden nimmt und frau sich nicht plagt, um den Reifenmantel wieder in die Felge zu bekommen. Aber am Ende haben alle auch hier selbst probiert, wie man ohne männlichen Kraftakt wieder einen prallen Reifen am Rad hat.

    Viel zu schnell sind die drei Stunden vergangen, doch er will noch schnell nachschieben: „Ich muss euch noch zeigen, was ihr macht, wenn die Kette reißt!“ Und gerne bleiben alle länger, weil sie gefesselt sind von dem „Hexenwerk“, das er ihnen da vermittelt.

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