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Lohr: Vermieter in Lohr familienunfreundlich? Eine Familie verzweifelt an der Wohnungssuche

Lohr

Vermieter in Lohr familienunfreundlich? Eine Familie verzweifelt an der Wohnungssuche

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    Wohnungsmangel in Lohr: Die Suche nach einer Mietwohnung ist gerade für Familien kein leichtes Unterfangen. Das erfuhr nun eine vierköpfige Familie. Das Bild zeigt Mietwohnungen der Lohrer Baugenossenschaft in der Weisenau.
    Wohnungsmangel in Lohr: Die Suche nach einer Mietwohnung ist gerade für Familien kein leichtes Unterfangen. Das erfuhr nun eine vierköpfige Familie. Das Bild zeigt Mietwohnungen der Lohrer Baugenossenschaft in der Weisenau. Foto: Johannes Ungemach

    Sind Wohnungsvermieter in Lohr familienunfreundlich? Eine 46-jährige Lohrerin erhebt diesen Vorwurf. Sie schildert, gut ein Jahr auf der Suche nach einer Wohnung für ihre vierköpfige Familie gewesen zu sein. Immer wieder habe sie Absagen erhalten – wegen der beiden Kinder, ist die Frau überzeugt.

    Der Fall: Die 46-jährige Frau, die ihren Namen nicht genannt haben möchte, hat zwei Kinder im Grundschulalter. Sie und ihr älterer Ehemann beziehen Rente. Die Familie wohnte viele Jahre in einer Mietwohnung in einem Lohrer Stadtteil. 80 Quadratmeter, 750 Euro warm.

    Im August 2018 kündigte der Vermieter wegen Eigenbedarf. Auszugsfrist: drei Monate. »Finde in Lohr mal in drei Monaten eine Wohnung für eine Familie«, sagt die Frau und schüttelt den Kopf. Der Fall ging vor Gericht. Dieses verlängerte die Auszugsfrist bis Ende 2019. Nun tickt die Uhr.

    Wunsch: In Lohr bleiben

    Die Frau schildert, dass sie vergeblich an allen Strippen gezogen habe: Bekannte, Internet, Annoncen. Die Wohnung sollte vier Zimmer haben und in Lohr sein. Einerseits, so sagt die Frau, weil sie hier eine pflegebedürftige Mutter habe, andererseits weil sie aus Lohr stamme: »Da zieht man nicht nach Gemünden oder Karlstadt.«

    Die Finanzen seien kein Knackpunkt gewesen. »Ich brauche keine Sozialwohnung. 650 Euro Kaltmiete können wir uns leisten«, sagt die Frau. Doch über Monate blieb die Suche erfolglos. Zum Teil lag das auch an den Anforderungen der Familie. In einem Fall sei die Wohnung völlig unbrauchbar geschnitten gewesen, sagt die Frau, in einem anderen nicht tauglich für ihren gehbehinderten Mann.

    Hauptgrund für den ausbleibenden Erfolg sei jedoch etwas anderes gewesen: »Die Vermieter wollen keine Kinder.« Ein einzelnes Kind werde vielleicht noch akzeptiert, »aber keine zwei«, sagt die Frau und ist empört: »Das kann doch nicht sein.«

    Hilfegesuch bei Bürgermeister

    In ihrer Not wandte sie sich direkt an Bürgermeister Mario Paul, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Lohrer Baugenossenschaft (siehe Hintergrund) ist. Dort hatte sich die Frau gleich nach der Kündigung für eine Wohnung beworben. Paul habe telefoniert, aber nichts für sie erreichen können, schildert die 46-Jährige.

    Sie erhebt nun Vorwürfe gegen die Baugenossenschaft: Wohnungen würden dort nicht nach Warteliste und sozialen Kriterien vergeben, sondern unter der Hand. Außerdem seien etliche Vier-Zimmer-Wohnungen der Baugenossenschaft teilweise auch von jungen Paaren bewohnt »und die Kinderzimmer stehen leer«, sagt die Frau.

    Vorwürfe zurückgewiesen

    Bernd Karmann, Geschäftsführer der Baugenossenschaft, weist die Aussagen zurück. Man halte sich bei der Wohnungsvergabe strikt an die Satzung. Diese schreibe fest, dass die Genossenschaft zuvorderst ihre Mieter und somit Genossen zu fördern hat. Wenn sich auf eine freie Wohnung ein Mieter der Baugenossenschaft bewerbe, weil er sich verändern wolle, habe er »immer Vorrang vor jemandem, der sich von außen bewirbt«, erklärt Karmann.

    Für die Wohnungsvergabe an Externe gebe es klare Kriterien. An erster Stelle stehe die Bonität, gefolgt von Dringlichkeit und Wartezeit, so Karmann. Auf der Warteliste stünden stets mehrere Hundert Bewerber. Es würden jedoch pro Jahr nur 20 Wohnungen frei. »Wir können nicht zaubern«, sagt Karmann.

    Über die Vergabe entscheide ein Gremium bestehend aus Aufsichtsräten der Genossenschaft. Im Zweifelsfall werde gelost. Ihm sei aus den vergangenen Jahren kein Fall bekannt, in dem eine Vier-Zimmer-Wohnung an ein junges Pärchen ohne Kinder vergeben worden sei, sagt Karmann zu einem weiteren Vorwurf der Frau.

    Der Geschäftsführer spricht davon, dass viele Bewerber ein hohes Anspruchsdenken hätten und erwarteten, dass die Baugenossenschaft ihnen sofort eine Wohnung bieten müsse. »Dabei beansprucht jeder für sich die größte Not«, umschreibt er das Dilemma.

    Bürgermeister Mario Paul betont, dass er als Aufsichtsratsvorsitzender »persönlich darauf achte«, dass bei der Wohnungsvergabe »fair, gerecht und sachgemäß« gehandelt werde. Er werde immer wieder von Wohnungssuchenden um Hilfe gebeten.

    Hoffen auf Neubauten

    Der Wohnungsmarkt in Lohr sei sicher schwierig, sagt Paul. Das liege auch daran, dass der soziale Wohnungsbau für private Investoren aufgrund fehlender Renditen nicht attraktiv genug sei. Die Baugenossenschaft wolle neue Wohnungen bauen. Doch auch sie müsse wirtschaftlich handeln und erst ein passendes Projekt finden. Generell sei ausreichender und bezahlbarer Wohnraum für die Stadtentwicklung extrem wichtig. »Wir wollen gerade jungen Menschen und Familien etwas bieten können«, so der Bürgermeister.

    Er erhofft sich eine deutliche Verbesserung durch die größeren Wohnbauprojekte, die in Lohr im Entstehen oder in Planung sind. Auch Volker Menz, geschäftsführender Gesellschafter des Lohrer Maklerbüros Klemmer Immobilien, glaubt, dass sich die Lage dadurch entspannen könnte. Derzeit sei es zweifellos so, dass sich Vermieter die Mieter aussuchen könnten. Es seien mitunter auch viele Vorurteile dabei, wenn dabei Familien nicht zum Zuge kommen, so Menz.

    Unterdessen gab es für die an der Wohnungssuche schier verzweifelte Frau und ihre Familie doch ein Happy End: »Wir haben zum Glück einen Vermieter gefunden, der ein Erbarmen mit Familien hat«, sagt die Lohrerin, die bei ihren Schilderungen mehrmals den Tränen nah war. Vor wenigen Tagen hat sie den Mietvertrag unterschrieben. Um anderen solch nervenzehrende Erfahrungen zu ersparen, hat sie einen Appell an Vermieter: »Gebt Familien eine Chance.«

    Lohrer Baugenossenschaft Die 1948 gegründete Lohrer Baugenossenschaft versteht sich als Dienstleister, der seinen Mitgliedern eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung bietet. Man wolle Wohnraum nicht nur für einkommensschwache, sondern für alle Schichten der Bevölkerung bieten, heißt es im aktuellen Geschäftsbericht. Die Genossenschaft verwaltet in Lohr 62 Mietshäuser mit zusammen 396 Wohnungen, daneben 66 Garagen und 120 Stellplätze. 28 Wohnungen haben ein Zimmer, 129 zwei Zimmer, 171 drei Zimmer und 68 vier Zimmer. Im Jahr 2018 gab es in den 396 Wohnungen 21 Mieterwechsel. Die Kaltmieten bewegen sich im unteren Bereich des Ortsüblichen. Bei 165 Wohnungen liegt die Miete pro Quadratmeter unter fünf Euro. Die Durchschnittsmiete aller Wohnungen liegt bei 4,96 Euro pro Quadratmeter. Eine Wohnung kann nur mieten, wer Mitglied in der Genossenschaft wird. Ende 2018 zählte diese 460 Mitglieder. Sie hielten zusammen 10500 Genossenschaftsanteile zu je 150 Euro. Darauf schüttete die Genossenschaft für 2018 eine Dividende von drei Prozent aus.

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