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MARKTHEIDENFELD: Versteigerung: Gutes Rad ist nicht teuer

MARKTHEIDENFELD

Versteigerung: Gutes Rad ist nicht teuer

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    In Reih und Glied: Bei der Auktion am Mittwoch wurden alle Fahrräder versteigert, die in den vergangenen vier Jahren im Stadtgebiet gefunden worden waren und deren Eigentümer sich nicht gemeldet haben.
    In Reih und Glied: Bei der Auktion am Mittwoch wurden alle Fahrräder versteigert, die in den vergangenen vier Jahren im Stadtgebiet gefunden worden waren und deren Eigentümer sich nicht gemeldet haben. Foto: Fotos (5): JOCHEN JÖRG

    Für ein Rad in diesem Top-Zustand sind 125 Euro gut angelegtes Geld. 28 Zoll, Shimano-Gangschaltung, gefederter Sattel, Rahmen aus Aluminium. „Neu zahlst Du für so ein Rad locker 300 Euro oder mehr“, sagt Friedrich Engelke und steckt sein Portemonnaie wieder in die Tasche seiner blauen Latzhose. Gerade hat er bei der Fahrradversteigerung der Stadt Marktheidenfeld zugeschlagen.

    „Mein altes Rad taugt einfach nicht mehr“, sagt Engelke. Um einen Ersatz zu finden, ist er an diesem Mittwochnachmittag zum Fränkischen Haus gekommen. Engelke, der in Rothenfels wohnt und Ortsbeauftragter des Technischen Hilfswerks Marktheidenfeld ist, hatte sich eine Schmerzgrenze gesetzt. 150 Euro, mehr wollte er für das schwarz-graue Herrenrad, das er sich bei der Begutachtung ausgekuckt hatte, nicht zahlen. Seine Mission war erfolgreich.

    So wie Engelke wollen viele Menschen ein Schnäppchen machen. Nur verstehen die meisten unter dem Begriff etwas anderes. Inge Albert zum Beispiel, die Marktheidenfelder Stadtmarketing-Leiterin. Sie sucht ein Rad, mit dem sie künftig zur Arbeit fahren möchte. Von Gemünden, wo Albert wohnt, bis nach Marktheidenfeld ist es etwas weit zum Strampeln. Deshalb würde Albert bei schönem Wetter gerne mit dem Auto nach Hafenlohr fahren, dort den Wagen stehen lassen und aufs Rad umsteigen. Bei einem blauen Damenrad, Marke Rixe, mit Drei-Gang-Schaltung greift Albert zu. 1 Euro ist das Mindestgebot – und weil niemand sonst Interesse an dem Drahtesel hat, erhält Albert den Zuschlag.

    Das 125-Euro-Rad Engelkes und das 1-Euro-Rad Alberts haben eines gemeinsam: Sie sind irgendwo gefunden und dann im Fundbüro abgegeben worden. Meistens erledigen das die Polizei oder der Bauhof, hin und wieder auch Privatpersonen. 39 Räder und ein City-Roller waren seit der letzten Versteigerung im Jahr 2009 zusammengekommen – genug, um endlich einmal die Garage zu räumen.

    „Ein halbes Jahr müssen wir gefundene Fahrräder auf jeden Fall aufbewahren“, erklärt Nicole Miltenberger, die Leiterin des Bürgerbüros. Meldet sich der rechtmäßige Eigentümer in dieser Zeit nicht, wird derjenige verständigt, der das Rad gefunden hat. Hat er keine Verwendung dafür, geht es in das Eigentum der Stadt über. Miltenberger erzählt, es sei schon vorgekommen, dass jemand nach einem Dreivierteljahr nach einem Rad gefragt habe. „In solchen Fällen sind wir natürlich kulant“, sagt sie. Wichtig sei jedoch ein Nachweis, dass einem das Rad einst gehört hat. Das könne ein Foto sein oder eine Rechnung.

    Den Auktionator macht am Mittwoch Stadtbote Georg Riedmann – für ihn eine eher ungewohnte Rolle. Auf einer Hochzeit habe er schon mal einen Brautschuh versteigert, sagt er, doch ansonsten habe er in diesem Metier keine Erfahrung. Seinen Job erledigt er dennoch souverän – und erfolgreich: Bis auf vier Fahrräder, die sich bestenfalls noch zum Ausschlachten eignen, finden alle einen Käufer. 521 Euro kommen am Ende zusammen, die zu gleichen Teilen unter den fünf städtischen Kindertagesstätten aufgeteilt werden.

    Ein kleiner Teil des Geldes stammt von Ulrike Steigerwald, die Mitglied im Marktheidenfelder Weltladen-Team ist. Steigerwald arbeitet als Heilpädagogin in Würzburg. Um dort flexibler zu sein, braucht sie ein Zweitrad. Besonders gut gefällt ihr ein beiges Damenrad mit elektrischer Gangschaltung. Als Horst Kraus, der Hausmeister des Rathauses, das Rad vorführt, bringt sich Steigerwald in Position. Sie ist nicht die Einzige, die das Rad haben will und so entwickelt sich ein Wettstreit. 1 Euro, 5 Euro, 10 Euro – die gebotene Summe steigt und steigt, bis auf 30 Euro. Steigerwald erhöht noch einmal: „35“, ruft sie. Das ist den Anderen zu viel. Die linke Hand am Lenker, die rechte auf dem Sattel, rollt Steigerwald das Rad zur Kasse. Auf einer Bierbank sitzen zwei Mitarbeiterinnen vom Bürgerbüro, vor ihnen ein passender Tisch, auf dem eine feuerrote Schatulle steht. Jeder, der brav bezahlt hat, bekommt eine Quittung ausgestellt. Sie dient dem neuen Eigentümer als Beleg – auch für den Fall, dass der Vorbesitzer sein ehemaliges Rad zufällig einmal wiederentdeckt.

    Nicht jeder gibt sich mit einem einzigen Rad zufrieden. Franka Ploke aus Marktheidenfeld kann seit Mittwoch zwei Rennräder und ein Mountainbike ihr Eigen nennen. Wer in der Familie welches Rad bekommt, das sei noch nicht geklärt, sagt sie. „Zunächst werden wir die Räder ein bisschen aufmöbeln müssen.“ Auch auf den Papa von Jonas Scheurich aus Homburg wartet Arbeit. Das Rad, mit dem der Junge künftig fahren wird, ist ein Geschenk von Mama Sonja – für 2 Euro. Sie ist mit ihrem Sohn beim Einkaufen, als die beiden zufällig auf die gerade laufende Auktion aufmerksam werden.

    Noch einiges zu tun hat auch Sebastian Liebler, bevor er sich auf sein „neues“ Rad schwingen kann. 1 Euro ist es ihm wert – nur ihm. Das Rad klappert, während er es über den Asphalt schiebt, die Reifen sind platt, der Lenker ist verbogen. „Den habe ich schnell wieder gerade gedreht. Ich schraube auch an alten Autos“, sagt der junge Marktheidenfelder. Große Ansprüche hat er an sein Rad ohnehin nicht. Es soll ihm lediglich dazu dienen, zur Arbeit und zurück zu fahren.

    Moderner wirkt das Rad, das sich Susanne Schillinger aus Waldzell sichert. Marke Pininfarina, grasgrün, futuristisches Design. 7 Euro legt Schillinger dafür hin. „Das Rad ist für meine zehnjährige Tochter“, sagt sie. Dann läuft sie schnellen Schrittes zurück zur Auktion. „Ich habe noch eine zweite Tochter.“

    ONLINE-TIPP

    Auf der Homepage der Stadt Marktheidenfeld, www.stadt-marktheidenfeld.de, befindet sich unter der Rubrik „Bürgerbüro“ das virtuelle Fundbüro, in dem sämtliche Fundsachen aufgeführt sind – natürlich nicht nur Fahrräder.

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