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MAIN-SPESSART: Viele Energiefelder gleichzeitig zu beackern

MAIN-SPESSART

Viele Energiefelder gleichzeitig zu beackern

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    Energiereich: Sonne und Wind liefern reichlich Energie. Noch in den Kinderschuhen stecken allerdings die Verfahren, diese auch zum richtigen Zeitpunkt nutzen zu können.
    Energiereich: Sonne und Wind liefern reichlich Energie. Noch in den Kinderschuhen stecken allerdings die Verfahren, diese auch zum richtigen Zeitpunkt nutzen zu können. Foto: Foto: Günther Fischer

    „Die Ziele, die sich der Landkreis Main-Spessart gesetzt hat, sind ambitioniert“, schreiben die Autoren des Klimaschutzkonzepts Main-Spessart, Sebastian Dürr und Hannes Bürckmann. Bekanntlich hat der Kreistag beschlossen, dass der Landkreis bis 2035 energieautark werden soll. Dahinter steckt das Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen herunterzufahren und damit das Klima zu schützen.

    Dazu müsste hier ebenso viel Energie aus regenerativen Quellen kommen, wie verbraucht wird. Zwei Faktoren sind dabei wesentlich: Erstens weniger Energie verbrauchen und zweitens mehr Energie aus eigenen Quellen erzeugen.

    Das vom Kreistag gesteckte Ziel halten die Autoren bei der Stromerzeugung für machbar. Bei der Prozesswärme für die Industrie und der Raumheizung halten sie „das Erreichen von Teilzielen für sehr wahrscheinlich, jedoch mit größeren Herausforderungen verbunden“. Von vorneherein ausgeklammert war das Thema Verkehr.

    Bleibt Stromverbrauch so hoch?

    Beim Strom gehen Dürr und Bürckmann davon aus, dass der Verbrauch konstant bleibt – trotz sinkender Einwohnerzahl in Main-Spessart und trotz der Weiterentwicklung sparsamerer Geräte. Selbst wenn 2035 nach wie vor jährlich 850 Millionen Kilowattstunden Strom gebraucht werden, halten sie es für wahrscheinlich, dass diese aus Sonne, Wind, Wasser und Biogas gewonnen werden.

    Sie haben errechnet, dass es genügen würde, jedes Jahr im Landkreis zwei neue Solarparks zu bauen, bis 2035 insgesamt 84 neue Windkraftanlagen zu errichten, jedes Jahr ein Klein-Wasserkraftwerk zu reaktivieren und alle zwei Jahre eine neue Biogasanlage hinzuzubauen.

    Bei Solar und Wind schlummern dabei die weitaus größten Potenziale, sie sind dabei stark von den politischen Vorgaben zur Einspeisevergütung abhängig – auf die der Landkreis keinen Einfluss hat. Bei der Wasserkraft sind die Potenziale heute schon weitgehend ausgereizt. Zudem kollidiert Wasserkraft mit den Interessen von Fischerei und Naturschutz.

    Biogas spielt zwar im heutigen und künftigen Energiemix eine un-tergeordnete Rolle, hat aber einen großen Vorteil: Es ist speicherbar. Somit könnte es in Zeiten verstromt werden, da viel elektrische Energie benötigt wird, aber wenig Wind weht oder die Sonne nicht scheint. In der Kritik ist Biogas jedoch immer wieder, weil es als Konkurrenz zur Produktion von Lebensmitteln gesehen wird.

    Schwankender Stromertrag

    Die Unregelmäßigkeit von Wind und Sonne veranlassen Peter Tiefenthaler, Geschäftsführer der Energieversorgung, zu der Kritik, das Klimakonzept des Landkreis führe vielleicht zu einer rechnerischen Autarkie, aber längst noch nicht zu einer echten Unabhängigkeit. So gibt es beim Strombedarf im Tagesverlauf eine Bedarfsspitze um 12 Uhr. In der kalten Jahreszeit übersteigt der Strombedarf diese Spitze gegen 18 Uhr noch einmal.

    Doch auch dafür gibt es inzwischen Ideen. Begrenzt umsetzbar sind Pumpspeicherwerke – ähnlich dem in Langenprozelten –, bei denen mit überschüssigem Strom Wasser in eine höhere Lage gepumpt wird. Bei Bedarf wird daraus in einem Wasserkraftwerk wieder Strom.

    Tiefenthaler nennt eine andere Möglichkeit, die Bedarfsspitzen zu entschärfen: Smart grid. Das sind intelligente Stromnetze, bei denen Verbraucher je nach Stromangebot an- oder abgeschaltet werden.

    Scheint die Sonne und bläst der Wind, springen beispielsweise Waschmaschine und Gefrierschrank an, um den Sonnen- und Windstrom zu verwerten. Diese Geräte gehören zu denjenigen, die als Puffer dienen können. Einen gewissen Einfluss müsse der Kunde dennoch haben, betont Tiefenthaler.

    Eine weitere Methode zur Speicherung von Strom wird gerade in einer ersten Großanlage getestet: die sogenannte Methanisierung. Dieses Verfahren kommt der früher für einen Witz gehaltenen Idee, dass Autos mit Wasser als Treibstoff fahren könnten, schon ziemlich nahe. Man nehme Sonne oder Wind, Wasser und CO2 (!) und erhalte energiereiches Methangas. Damit kann man Autos antreiben, Gebäude heizen oder es als Prozessenergie in der Industrie verwenden. Und es lässt sich in den Erdgasnetzen speichern.

    Chemisch funktioniert das so: Mit überschüssigem Strom wird Wasserstoff von Wasser abgespalten. Und aus dem Wasserstoff wird unter Hinzunahme von CO2 dann Methan (2H2 + CO2 • CH4 (Methan) + O2).

    Wärme ist der Löwenanteil

    Es wird jedoch wesentlich mehr thermische Energie als elektrische Energie benötigt, also zum Heizen von Gebäuden oder als Prozesswärme in der Industrie. Eigentlich müsste der Bevölkerungsrückgang im Landkreis auch den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen verringern. Andererseits ist bis 2011 trotz des Bevölkerungsrückgangs die Wohnfläche im Landkreis weiter angestiegen – auf mehr als sechs Millionen Quadratmeter. Das ist eine Fläche, die beheizt werden muss.

    Dürr und Bürckmann schlagen für Main-Spessart die stärkere Nutzung von Kleinprivatwäldern vor. Werden gleichzeitig bis 2035 jährlich zwei Prozent der Gebäude energetisch saniert, so ließe sich der Heizbedarf schon mit dem zusätzlichen Holz der Kleinprivatwälder decken, rechnen die Autoren vor. Sie erkennen allerdings selbst, dass die „Aktivierung dieses Potenzials schwierig“ ist.

    Kombiniert man jedoch bisher bekannte Techniken geschickt, so lassen sich schon gut gedämmte Häuser bauen, die über Photovoltaik auf dem Dach so viel Strom erzeugen, dass man sie mit einer Kombination von Wärmepumpe und Absorbern – beispielsweise auf dem Garagendach – nicht nur mit der selbst gewonnenen Energie beheizen kann, sondern noch Strom übrig bleibt.

    Wärmepumpen aber, die mit konventionell erzeugtem Strom arbeiten, hält Tiefenthaler für wenig sinnvoll. Er schildert das an einem Beispiel: Sie mögen beispielsweise so effektiv sein, dass sie mit dem Aufwand von einem Kilowatt so viel Wärme bringen wie eine andere Heizung mit einem Aufwand von drei Kilowatt. Das konventionelle Kraftwerk jedoch arbeitet so uneffektiv, dass drei Kilowatt Primärenergie eingesetzt werden müssen, um ein Kilowatt Strom zu erzeugen. Wärmepumpen hält er nur dann für sinnvoll, wenn sie mit selbst erzeugtem Strom arbeiten.

    Verkehr

    Die vielfältigsten Verbesserungsmöglichkeiten gibt es beim Verkehr, um Energie einzusparen und weniger Treibhausgase auszustoßen. Das reicht von leichteren Autos über solche mit Hybridantrieben bis zu Carsharing, Mitfahrzentralen und dem Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs.

    Finanzielle Anreize

    Egal, ob es darum geht, in Photovoltaik oder Windkraft zu investieren oder Strom zu sparen – am effektivsten lässt sich all das über den Geldbeutel beeinflussen. So bezuschusst die Energieversorgung jeden, der bei der Heizung von einer anderen Energieart auf Erdgas umstellt, mit 200 Euro. Auch wenn Erdgas ein fossiler Brennstoff ist, so sind die Emissionen dort geringer als bei anderen. Energie und E.ON fördern den Einbau eines Gas-Blockheizkraftwerks mit 1000 Euro. Zuschuss geben sie auch für die Anschaffung eines Erdgasfahrzeugs. Energieberater stehen bei beiden Energieversorgern den Kunden bis zu einem gewissen Punkt kostenfrei zur Verfügung.

    Wer wissen will, wo in seinem Haushalt die Stromfresser sind, kann bei der Energie kostenlos Strommessgeräte leihen und ermitteln, wie viel die Geräte im Haushalt brauchen.

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