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Marktheidenfeld: Vom Streben nach Erkenntnis und Genuss

Marktheidenfeld

Vom Streben nach Erkenntnis und Genuss

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    Eine unheilvolle Begegnung: Heinrich Faust und Mephistopheles im Puppenspiel von Thomas Glasmeyer.
    Eine unheilvolle Begegnung: Heinrich Faust und Mephistopheles im Puppenspiel von Thomas Glasmeyer. Foto: Martin Harth

    Große Weltliteratur auf einer Miniaturbühne? Das geht, ja, das geht sogar sehr gut! Den Beweis trat der Würzburger Puppenspieler Thomas Glasmeyer vor gut 30 Gästen in der Marktheidenfelder Stadtbibliothek an. Mit Unterstützung der Bürger-Kultur-Stiftung hatten Volkshochschule, die städtische Kulturabteilung und die Bibliothek im Rahmen der Reihe Wortkunst zu einer Aufführung des Stücks "Fauste" eingeladen.

    Und "Wortkunst" war dabei wirklich kein zu groß gewählter Begriff. Seit 30 Jahren bietet Thomas Glasmeyer Figurentheater, das sich, hierzulande immer noch eher selten, auch an ein erwachsenes Publikum wendet. Mit den beiden Faust-Tragödien von Johann Wolfgang von Goethe hat er sich zwei meistzitierten und fast monströs anmutenden Klassikern der Weltliteratur zugewandt.

    Der Erzähler wird zum Teil des Spiels

    Er spielte offen inmitten seiner selbstgebauten, expressiven Tischfiguren aus Holzmasse und Karton, die dank einiger mechanischer Kniffe geradezu lebendig geführt werden konnten und nicht nur einfach auf der Bühne stehen. Die Regie der Inszenierung hatte Martin Menner geführt, die Musik war von Wolfgang Salomon beigesteuert worden.

    Goethe, Puppenspieler Thomas Glasmeyer und Heinrich Faust im Gespräch.
    Goethe, Puppenspieler Thomas Glasmeyer und Heinrich Faust im Gespräch. Foto: Martin Harth

    Aber Glasmeyer steht nicht nur hinter den Vorhängen seiner tischhohen Bühne, er tritt auch direkt vor das Publikum oder hin zum Nebenschauplatz "Auf dem Theater" zum Dialog von Dichter, Theaterdirektor und Lustiger Person. Der Erzähler verlässt seine Rolle wird zum Teil des Spiels und sei es unter einer schwarzen Pudelmütze zu jenem jaulenden Hund, der schließlich den Mephistopheles dem unzufriedenen Forscher Heinrich Faust gegenüberstellt.

    Puppenspieler haucht den Figuren Leben ein

    Der Puppenspieler nahm das Versmaß von Goethe gekonnt auf. Er folgte den Handlungssträngen des Originals, obwohl die beiden Tragödien für eine Spieldauer von gut eineinhalb Stunden ganz erheblich zu kürzen waren. Faust II wurde dabei zu einem kurzweiligen und atemberaubenden Parforceritt durch die Zeiten und Mythologien des Dramas, das, wie Glasmeyer meinte, ohnehin kaum jemand wirklich verstehen könne. Manch ehemaliger Schüler wird dies wohl aus eigener leidvoller Erfahrung im Schulfach Deutsch zu bestätigen wissen.

    Seinen Figuren hauchte der erfahrene Puppenspieler wirkliches Leben ein. Dies nicht nur durch seine detailreiche Führung der Tischmarionetten, sondern auch durch seine wandelbare Stimme, die den einzelnen Rollen Charakter verlieh – und seien es zum Bespiel das verzweifelnde Gretchen oder deren Nachbarin Marthe. Der wenig diabolische, aber umso umtriebigere Mephistopheles war wie Geheimrat Goethe mit hessischem Einschlag zu vernehmen.

    Munter ging es in der Walpurgisnacht auf dem Brocken mit Puppenspieler Thomas Glasmeyer zu.
    Munter ging es in der Walpurgisnacht auf dem Brocken mit Puppenspieler Thomas Glasmeyer zu. Foto: Martin Harth

    Im Auerbachs Keller sächselten die trinkfreudigen Studenten. Apropos Leipzig, in Sachsen kam man auch auf die Fremdenfeinde von Pegida zu sprechen. Mit ironischen Seitenhieben aktualisierte Glasmayer den klassischen Stoff, ohne sein Stück zur bloßen Klamotte zu machen.

    Thomas Glasmeyer in großer Spiellaune

    Da kamen bei der Verjüngungskur in der Hexenküche schon einmal die Tierversuche zur Sprache und ein feministisch angehauchtes Gretchen führte Klage über mangelnde Lohngerechtigkeit zwischen Mann und Frau. In der Tragödie zweiter Teil traten sich sogar politische Gestalten der deutschen Gegenwart als widerstreitende Könige gegenüber.

    Zitate aus neuerer Zeit wie "Kann denn Liebe Sünde sein" oder Passagen aus Brechts Dreigroschenoper vor dem Separee in der Brockenbar der Walpurgisnacht-Szene ließen die Zuschauer immer wieder schmunzeln und lachen.

    Das "Vorspiel auf dem Theater" aus Goethes Faust mit Puppenspieler Thomas Glasmeyer.
    Das "Vorspiel auf dem Theater" aus Goethes Faust mit Puppenspieler Thomas Glasmeyer. Foto: Martin Harth

    Das Streben nach Erkenntnis und nach Lebensgenuss blieben aber, wie in den beiden Originalen, die entscheidenden Fragestellungen der Handlung. Und am Ende folgte die so unerwartete Errettung des Heinrich Faust im Himmel, der trotz aller Wirrungen sich des rechten Wegs immer bewusst geblieben war: "Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen".

    Weil sich Thomas Glasmeyer in seiner "Fauste"-Aufführung in grandioser Spiellaune stets seinem richtigen Weg durch Goethes beide Klassiker verbunden blieb, erlösten ihn die Gäste am Ende ebenso mit großem Schlussapplaus und erkennbarem Interesse bei der sich anschließenden, genaueren Betrachtung der wandlungsfähigen Kulissen und wundervoll raffinierten Spielfiguren.

    Das Ende: findet geführt von Puppenspieler Thomas Glasmeyer geführte Faust Erlösung nach seinem Tode?
    Das Ende: findet geführt von Puppenspieler Thomas Glasmeyer geführte Faust Erlösung nach seinem Tode? Foto: Martin Harth
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