Sorgfältig und mit viel Feingefühl und Akribie lässt Thorsten Sbanski das Fischhaut-Eisen über das Holz gleiten. Die parallelen Furchen nebeneinander gesetzt und im vorgesehenen Winkel gekreuzt lassen so das Muster entstehen, die sogenannte „Fischhaut“.
Sbanski ist Schäfter, ein ungewöhnlicher Beruf. Wer an den Schaft seiner Jagd- oder Sportwaffe hinsichtlich Handlichkeit oder Optik besondere Ansprüche stellt, ist bei ihm genau richtig. Der gelernte Büchsenmacher hat in seinem Haus in Thüngen eine Werkstatt eingerichtet und übt dort mit großer Kunstfertigkeit sein Handwerk aus.
Diese ist zum einen natürlich ein interessantes Gestaltungselement – ein echter Hingucker auf dem Holz. Die so gewollte Rauheit dient aber auch der Sicherheit, weil so später der Schaft und somit die ganze Waffe wesentlich sicherer in der Hand liegt.
Natürlich ist jedes Gewehr schon von der Fabrik aus mit einem Schaft ausgestattet, doch steigt mittlerweile der Anteil von Schützen, für die Trefferquote und damit der jagdliche oder sportliche Erfolg in der optimalen Beschaffenheit der Waffe begründet liegt.
Ein Maßanzug aus Holz
Für echte Profis sollte das Gerät so wie ein Maßanzug auf die Anatomie und speziellen Anforderungen der Person zugeschnitten sein. Ganz besonders beim Tontaubenschießen, wo der Schütze so gut wie keine Zeit zum Zielen hat, gilt der Grundsatz „der Lauf schießt, der Schaft trifft“, sagt Thorsten Sbanski. Auch das ist einer der Gründe, auf das Können eines Schäfters zu setzen.
Und der ist wirklich so etwas wie ein Maßschneider für Holz: Im persönlichen Gespräch werden die Wünsche des Kunden besprochen. Schäfte für Rechts- oder Linkshänder, Doppelfalz oder Überrollbacke, Vorderschaft mit Tropfnase oder Biberschwanz-Vorderschaft, Kaisergriff oder Pfeifenkopfpistolengriff sowie Griffabschlüsse jeder Art – Sbanski gestaltet das Holz ganz so, wie es der Kunde wünscht.
Gemeinsam werden die optimalen Schaftmaße festgelegt, dann reißt Sbanski die Form auf dem Rohling des Schaftholzes an und die Arbeit beginnt. Nussbaum aus der Türkei oder dem Kaukasus ist der beste Rohstoff für diese Arbeiten, so Sbanski. Die Festigkeit und die Maserung dieser Hölzer werden durch das besondere Klima und das hohe Alter der Bäume, die schon mal 300 Jahre alt sein können, bedingt. Allein der ursprüngliche Holzblock kann bis zu 800 Euro kosten.
Walnussholz, Vogelaugen-Ahorn und Kalifornischer Berglorbeer sind auch beliebt. Ein geschickter Fachmann weiß die Faserstruktur und Farbgebung maximal auszunutzen. In Handarbeit arbeitet Sbanski nach den Kundenwünschen mit Stechbeitel, Ziehmesser und Raspel die Form des Schaftes feinsäuberlich heraus.
Der besondere Knackpunkt bei jedem Gewehr: der Zusammenlauf des hölzernen Schafts und des metallenen Laufs. Die zwei Stücke müssen absolut sauber ineinanderpassen, weil schließlich später beim Schuss das Holz den Rückstoß des Metalls aufnehmen und abfedern muss. „Da darf kein Spiel sein, das muss perfekt passen“, so Sbanski.
Wenn alles genau gefeilt und eingepasst ist, folgt die „Anprobe“ mit dem Kunden – wie beim Anzug-Maßschneider eben auch. Ist der zufrieden, erhält der Schaft wenn gewünscht noch ein Muster, beispielsweise die „Fischhaut“. Dann muss wieder sorgfältig geschliffen und mehrfach geölt werden. Bis zu 80 Stunden Handarbeit kommen da insgesamt schon mal zusammen.
Retter der „Totgeglaubten“
Aber Sbanski fertigt nicht nur neue Schäfte an, er ist auch ein Fachmann für „totgeglaubte Fälle“. Häufiger als man denkt, gehen Schäfte zum Beispiel bei Stürzen auf der Jagd kaputt, sie zerbrechen und meist kann Sbanski den Schaden mithilfe modernster Klebe- und Verstiftungsmethoden reparieren, sodass der Schaft wieder dauerhaft hält und selbst das geübte Auge kaum noch etwas erkennen kann.
Der 40-Jährige hat bei der renommierten Würzburger Firma Frankonia Jagd den Beruf des Büchsenmachers erlernt. Weil ihn die Handarbeit stets fasziniert hat, spezialisierte er sich als Schäfter und bildete sich in dem Betrieb unter der Anleitung erfahrener und traditionsbewusster Schäfter weiter. Im Jahr 2006 machte er sich zunächst in Erlabrunn selbstständig und siedelte drei Jahre später nach Thüngen um.