Jahrelang wurde der epilepsiekranke Gemündener Thomas Guby falsch behandelt. Obwohl er die verordneten Tabletten brav schluckte, hatte er drei Anfälle pro Woche. „Das kann doch nicht sein“, wurde Henrike Staab-Kupke von der Epilepsieberatung im Würzburger Juliusspital stutzig. Und tatsächlich fanden die Spezialisten des Juliusspitals heraus, wie man ihm helfen könnte. Heute ist er anfallsfrei.
Der 56-Jährige, der am Landratsamt in Karlstadt arbeitet, engagiert sich in der Würzburger Selbsthilfegruppe für Epileptiker, ist im Landesverband Epilepsie (Nürnberg) sowie in der Deutsche Epilepsie-Vereinigung (Berlin) aktiv. Ihm ist es ein Anliegen, andere aufmerksam zu machen, um sie von einem ähnlichen Schicksal zu bewahren, wie er es erleben musste.
Keine Spielkameraden
Schon als Kind litt er an Epilepsie. Seine Eltern waren in ständiger Sorge im ihn. Mit anderen auf dem Bolzplatz spielen und in der Natur herumstreunen – das war tabu für ihn. Seine Eltern schirmten ihn sogar von anderen ab. Denn für Außenstehende war es schockierend, seine Anfälle mitzuerleben. So hatte er keine Freunde. Im Teenageralter wurden die Anfälle häufiger.
Thomas Guby absolvierte die Hauptschule in Gemünden und lernte Bürofachkraft. Doch danach folgten acht Jahre Arbeitslosigkeit. Erst als er noch eine Ausbildung zum Bürokaufmann draufsetzte, bekam er den Job, den er heute noch ausübt. In der Registratur des Landratsamts legte er Akten an, mustert andere aus, bietet wieder andere dem Staatsarchiv an . . .
„Die ständige Angst machte mich mürbe“
Doch die ständigen Anfälle machten ihm das Leben zur Hölle. „Ich hatte immer Angst: Wo kommt der nächste Anfall? Wo werde ich liegen? So etwas macht einen mürbe.“ Zwar hatte er vor den Anfällen ein Unwohlsein im Bauch, doch war es immer schon zu spät, um zu reagieren. Thomas Guby konnte meist gerade noch in die Hocke gehen, um die Stürze in die Bewusstlosigkeit zu lindern.
Denn sobald die Anfälle abgeklungen waren, konnte er wieder weitergehen. „Da war ich eigentlich wieder fit.“ Doch hatten ahnungslose Passanten oft schon den Notarzt und Sanitäter gerufen. Guby schämte sich sogar für deren viele Einsätze.
Tabletten verschlimmerten sein Leiden
Erst vor sechs Jahren folgte die Wende. Der Gemündener war 2011 in Bad Orb auf Reha und erfuhr dort von der Beratungsstelle im Juliusspital. Nach dem Gespräch mit Henrike Staab-Kupke diagnostizierten die Ärzte 2012, dass er unter fokalen Anfällen litt. Die Tabletten, die er nahm, waren jedoch auf generalisierte Anfälle ausgerichtet. Sie verschlimmerten sein Leiden sogar.
Die weitere Diagnose zeigte sogar, dass bei dem Gemündener ein chirurgischer Eingriff am Kopf Heilung bringen könnte. Guby willigte sofort ein. Wie er berichtet, überlegen sich andere diesen Schritt gründlich. Für ihn aber war das wie ein Strohhalm in der Not. Der rechte Schläfenlappen wurde entfernt.
Keine Anfälle mehr
Die OP zeigte den gewünschten Erfolg. Und für den damals 50-Jährigen begann ein neues Leben. „Vorher war ich so weit, dass ich nicht mehr leben wollte.“ Inzwischen wagt er sich unter die Leute. Bei einem Aufenthalt in Bad Füssing war er erstmals in einem Schwimmbad – und das gleich dreimal. Und Guby fährt längere Strecken mit dem Zug, vor allem zu den Verbänden, in denen er sich jetzt engagiert.