Ein lauter Pfiff erklingt im Lohrer Pfarrheim St. Michael. Trainerin Ruth Graf ruft: "Auf geht es, Jungs!"Dann fällt Licht auf die Bühne. Im Takt der Musik marschieren sieben Männer und eine junge Frau auf die Bühne und beginnen zu tanzen.
Einer geht auf die Knie, um die Stütze für eine Vier-Mann Pyramide zu bilden. Vor der Bühne steht die 57-jährige Ruth Graf, klatscht und ruft, feuert die Männer an. Seit zehn Jahren trainiert sie mit ihrer Nichte die Männerballetttruppe.
Außerdem macht sie die Schminke für den Lohrer Fasching, schneidert Kostüme, arbeitet Schicht im Bezirkskrankenhaus, und ist "Ihre Lieblichkeit Prinzessin Ruth die Erste". Zusammen mit ihrem Mann Wolfgang Graf, der seit rund 30 Jahren mittanzt, bilden sie das Prinzenpaar der "Lohrer Mopper", der Faschingsgruppe der Kolpingsfamilie.
Eine neue Clique im Ballett
Dieses Jahr zieht Ruth Graf zumindest einen Schlussstrich. Sie wird das Zepter über die Männerballettgruppe abgeben: "Wir haben genug Ämter. Jetzt haben wir gesagt: Es ist mal gut", sagt die 57-Jährige lachend. Die neue Trainerin steht bereits mit den Männern auf der Bühne und probt. Mit der 21-jährigen Julia Schmitt kommen auch neue Tanzmitglieder in das jetzt 18-köpfige Männerballett. Die Musik wechselt, und die älteren Männer gehen an die Seite. Was jetzt läuft, könnte man auch an Mallorcas Partystränden hören. Sieben junge Männer um die 20 erobern die Bühne. Einer beginnt gleich mit Breakdance, ein anderer vollführt inmitten der Gruppe einen Salto aus dem Stand.

Die Mopper wollten gerne junge Leute für das Männerballett begeistern, Schmitt hatte ihren Bruder gefragt, ob er nicht eine Truppe zusammentrommeln könne. "Auf einmal hatten wir sieben Jungs, die motiviert waren, mitzumachen – aber keine Trainerin. Und dann hab ich gesagt: Ok, ich mach es", so Schmitt. Ein neues Mitglied ist im Breakdance begabt, tritt auch im Lohrer Jugendzentrum auf. Das sei aber nicht die Regel: "Es sind auch einige dabei, die Rechts-Links-Schwäche haben", sagt Schmitt und schmunzelt. "Ich habe probiert, die Truppe so durchzumischen, dass sich jeder von seiner besten Seite zeigt."
Mit dem Neuzugang kommt frischer Wind in die Gruppe. "Die Alten machen das Männerballett mehr aus Spaß. Die Jungen machen ein bisschen mehr Akrobatik und Ähnliches", sagt Ruth Graf. Julia Schmitt sieht es positiv: "Die Jungen sind noch ein bisschen motivierter als die Älteren - und mehr auf Zack. Sie wollen ausprobieren, sind richtig on fire."
Aber man merke, dass die Älteren sich neben den Neuzugängen nicht blamieren wollen. "Sie sind schon angepeitscht." Faschingserfahrung bringt der Nachwuchs aber kaum mit: "Ich glaube, die Jungs wissen immer noch nicht, was genau auf sie zukommt", sagt Schmitt und lacht.
Auftritt im Februar
Das Thema des Männerballetts sei streng geheim, beteuern Wolfgang und Ruth Graf. Aber man darf sagen: Es ist ein aktuelles, lokales Thema, das das Lohrer Männerballett beschäftigt.
Mit der Planung haben die Trainerinnen bereits Ende Juli begonnen, seit September laufen die Proben für den großen Auftritt am 16. Februar im Pfarrheim St. Michael.
Zum Abschluss des Tanzes kommen wieder einige Ältere auf die Bühne und tanzen zusammen mit den Jungen weiter. Einige bleiben jedoch an der Seite stehen, darunter auch Wolfgang Graf. "Man kann sagen, wir haben eine Wachablösung beim Lohrer Männerballett", sagt der 58-Jährige. Für ihn wird der kommende Auftritt der letzte im Männerballett sein. Mit dem Tanz werde ein Bogen von alt zu jung gespannt, und denen, die abtreten, ein gebührender Abschied geboten, so das Ehepaar Graf. Auch Julia Schmitt hofft, dass der Auftritt am 16. Februar gelingt: "Dann sind die Jungs hoffentlich auch das nächste Jahr wieder dabei."