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Lohr: Wallfahrtsleiter Schmitt: "Für mich ist bereits der Weg das Ziel"

Lohr

Wallfahrtsleiter Schmitt: "Für mich ist bereits der Weg das Ziel"

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    Wallfahrtsleiter Siegfried Schmitt (links) mit Pater Josef Bregula bei der Wallfahrt nach Walldürn vor vier Jahren.
    Wallfahrtsleiter Siegfried Schmitt (links) mit Pater Josef Bregula bei der Wallfahrt nach Walldürn vor vier Jahren. Foto: Ernst Feistle

    Seit zwölf Jahren fungiert der Lohrer Siegfried Schmitt als Wallfahrtsleiter der Pfarreiengemeinschaft 12 Apostel am Tor zum Spessart und organisiert die jährliche Wallfahrt zum Heiligen Blut nach Walldürn. Nachdem sie im vergangenen Jahr ausfallen musste, konnte auch heuer der traditionelle Termin am Sonntag nach Fronleichnam nicht eingehalten werden. Der 78-Jährige hat jedoch einen Ersatztermin am 18.Juli angesetzt.

    Herr Schmitt, seit wann sind Sie aktiv bei der Wallfahrt dabei?

    Ich bin relativ spät eingestiegen, weil der traditionelle Termin früher mit meinen anderen Ehrenämtern kollidierte. So konnte ich erstmals im Jahr 2006 teilnehmen und mir war sofort klar, dass ich sie, solange die Füße tragen, nicht mehr versäumen werde. Das war eigentlich nur als Pilger gedacht, nicht als Wallfahrtsleiter.

    Wie kamen Sie dazu, Wallfahrtsleiter zu werden?

    Drei Jahre später bat mich meine Vorgängerin Erika Caspers, das Amt des Wallfahrtsleiters von ihren Schultern zu nehmen. Ich habe Ja gesagt, weil es mir sehr wichtig ist, dass die Wallfahrt, die 1989 auf Wunsch des damaligen Lohrer Stadtpfarrers Werner Bernhard wiederbelebt worden war, weitergeführt wird. Auch ich würde gerne jetzt oder spätestens 2022, dann mit 80 Jahren, das Amt in jüngere Hände übergeben. Aber das ist schwierig. Derjenige muss es wirklich wollen und mit gläubigem Herzen dabei sein. Als Pflicht funktioniert das nicht.

    Was sind Ihre Aufgaben als Pilgerführer?

    Ein Pilgerführer ist etwas anderes als ein Wallfahrtsleiter. Ich sage zwar auch manchmal "wir pilgern", aber streng genommen handelt es sich um eine Wallfahrt. Der Unterschied ist, dass Wallfahrer in Gruppen gehen, meist in geschlossenen Gruppen, zum Beispiel eine Pfarrei. Pilgern kann man dagegen auch alleine, und das muss nicht unbedingt auf dem christlichen Glauben basieren. Der Jakobsweg ist für viele ein Event. Was auch gut ist – manchmal findet dort jemand wieder zum christlichen Fundament zurück, das er verloren hatte. In Coronazeiten ist es einfacher zu pilgern, denn das geht auch alleine oder in der eigenen Familie.

    Und Wallfahren in Coronazeiten?

    Es macht wenig Sinn, mit nur fünf Personen aus zwei Haushalten zu wallfahren, noch dazu wenn auch im Freien Maskenpflicht besteht und nicht gesungen werden darf. So lauteten die Corona-Bestimmungen noch am Sonntag nach Fronleichnam. Deshalb haben wir den Termin verschoben. Über 35 Kilometer und zehn Stunden stumm zu laufen, das ist nicht Sinn einer Wallfahrt.

    Jetzt haben wir den 18. Juli angesetzt, um hoffentlich auf der sicheren Seite zu sein. Von den Teilnehmern wird ein Schnelltest oder Impfnachweis verlangt, um der Gruppe eine gewisse Sicherheit zu geben – sofern es dann noch vorgeschrieben ist. Singen und Beten ist ja wieder im Gottesdienst erlaubt. Natürlich wird unterwegs auf Abstand geachtet, der sich beim Laufen aber ohnehin ergibt.

    Das heißt, als Wallfahrtsleiter organisieren Sie das Ganze?

    Ja, als Wallfahrtsleiter muss ich für die Logistik sorgen, mit dem Pilgerbüro in Walldürn Termine absprechen, mit dem Stadtpfarrer klären, ob er dort den Gottesdienst halten kann, die Rasten unterwegs vorbereiten, Gebetstexte und Lieder auswählen, sowie den Bus für An- und Rückfahrt sowie ein Begleitfahrzeug mit wegekundigem Fahrer organisieren.

    Es gibt Grundgebete an verschiedenen Stationen, zum Beispiel zu Maria, zur Eucharistie und zum Heiligen Geist, das sind jeweils Themen für bestimmte Strecken. Aber ich suche auch immer wieder neue Texte heraus. Damit beginne ich nach der Wallfahrt und sammle sie für die nächste, adaptiere und füge sie in unsere Texte ein. Das Vorbeten gehört auch zu meinen Aufgaben, dabei wechsele ich mich aber mit Frauen und Männern aus der Pfarrei ab.

    Welche Bedeutung hat die Wallfahrt für Sie?

    Zielort ist Walldürn, aber für mich ist bereits der Weg das Ziel. Ich nehme unterwegs sehr viel mit und bekomme viel zurück, Wallfahren lädt die Akkus auf. Wir laufen zu 95 Prozent auf Wald- und Flurwegen. Allein schon um 5 Uhr früh auf der Höhe des Odenwalds bei sommerlicher Kühle die Sonne aufgehen zu sehen, gibt einem sehr viel. Natürlich kann man auch beim Wandern oder Spazieren gehen vom Äußeren her das Gleiche erleben. Doch beim Wallfahren ist noch ein wesentlicher Aspekt dabei – das christliche Gemeinschaftserlebnis mit anderen Wallfahrern und dem, der über uns ist und uns begleitet. Jeder, der am Abend Walldürn erreicht – vielleicht mit Schmerzen im Knie oder in den Oberschenkeln – erlebt ein Gefühl der Erleichterung, ich möchte fast sagen Glückseligkeit. Und alle sehnen sich das ganze Jahr nach der nächsten Wallfahrt. Denn sie trägt und gibt uns das Gefühl "Ich bin nicht allein". Dabei fördere ich ganz bewusst das Miteinander unterwegs.

    Wie machen Sie das?

    Wenn der Weg lang ansteigt und Singen und Beten zu belastend wird, da lasse ich schon mal Zettel mit Nummern aus einem Säckchen ziehen. Die beiden Personen mit gleicher Nummer sollten dann diese Strecke zusammenlaufen und miteinander ins Gespräch kommen. Gut ist es auch, an alle Namensschilder auszuteilen. Denn man kann nur richtig ins Gespräch kommen, wenn man sich mit Namen ansprechen kann. Grundsätzlich sind Wallfahrer übrigens alle per Du. Die Teilnehmerzahl schwankt zwischen 25 und 50, früher waren es oft mehr als 200. Aber es wird schwieriger, viele Ältere können nicht mehr und Junge kommen kaum nach. Dabei ist es erstaunlich, wie viel man schaffen kann. Wallfahren setzt psychische und physische Kräfte frei und das Gefühl, getragen zu werden. Das erlebe ich auch immer wieder bei meinen Mitwallfahrern.

     Lohrer Wallfahrt zum Heiligen BlutSiegfried Schmitt ist gebürtiger Lohrer und von Kind auf stark in der Pfarrei St. Michael verwurzelt. Der pensionierte Volksschullehrer und Rektor engagierte sich jahrzehntelang im Schützenverein Lohr und als Bezirksschützenmeister Unterfrankens. Seit 2006 ist der 78-Jährige Wallfahrtsleiter. Die Lohrer Wallfahrt zum Heiligen Blut nach Walldürn entstand bald nach dem Dreißigjährigen Krieg, 1651 fand sie erstmals unter Pfarrer Sprigelius statt. Sie dauerte drei Tage, die Wallfahrer waren zu Fuß und mit dem Schiff unterwegs. Mit den sogenannten Sand-Schelchen fuhren sie bis Urfeld, heute Urphar, von dort wurde gelaufen. Die Wallfahrt überstand die Säkularisation, obwohl ab 1806 davon abgeraten oder sie ganz verboten wurde. Zeitweise hielten private Prozession sie aufrecht. Ab 1835 wurde sie stillschweigend wieder zugelassen, ab 1830 hatte der Pfarrer bereits Gottesdienste gehalten. Ab 1884 ersetzte die Eisenbahn die Schelche. Während die Wallfahrt im Ersten Weltkrieg nicht unterbrochen wurde, kam sie während des Dritten Reiches zum Erliegen. In den 1960er bis 70er Jahren veranstaltete Kolpingsbruder Hermann Friedel eine Buswallfahrt, die aber nicht von der Pfarrei begleitet wurde. Erst 1989 wurde die Fußwallfahrt wiederbelebt. Sie findet seitdem alljährlich am Sonntag nach Fronleichnam statt. Wegen der Corona-Pandemie ist dieses Jahr der Sonntag, 18. Juli, als Ersatztermin festgelegt worden. Nähere Informationen im Internet: www.pg-12-apostel.deQuelle: ahl

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