Noch sind etliche auf dem Hof des Karlstadter Eisenwerks Düker zu sehen: riesige Rohrstücke. Bald werden sie am Persischen Golf im Boden eingegraben sein. Sie gehören zu einer riesigen Wasserleitung, mit der Katar seine Wasserversorgung sicherstellen will.
Katar strebt an, jederzeit einen Trinkwasser-Vorrat für sieben Tage zur Verfügung zu haben. Zu diesem Zweck werden an fünf verschiedenen Stellen auf der Halbinsel von Katar insgesamt 24 riesige Beton-Wasserspeicher gebaut. 480 Kilometer lange Leitungen aus Gusseisen mit bis zu 160 Zentimetern Durchmesser werden diese miteinander vernetzen.
Im ersten Bauabschnitt geht es darum, den Wasserbedarf zu decken, der für 2026 prognostiziert ist. Die Bevölkerung von Katar wächst explosionsartig, hat heute mehr als zwei Millionen Einwohner – das Zehnfache von 1978. Zehn Millionen Kubikmeter sollen die betonierten Wasserreservoire speichern können. Sie werden weltweit die größten sein. 2036 sollen es dann 17 Millionen Kubikmeter Trinkwasser in 40 Betonspeichern sein.
Im Nahen Osten ist die energieintensive Gewinnung von Trinkwasser mit fossilen Energieträgern wie Schweröl oder Erdgas weit verbreitet. In den ölreichen Golfstaaten stellt die Meerwasserentsalzung die Hauptquelle der Trinkwassergewinnung dar. Auf der Landkarte von Katar sind zwei große Entsalzungsanlagen an der Küste zu erkennen, zwischen denen die neue Trinkwasserleitung verlaufen wird. Entlang dieser Leitung befinden sich dann die Wasserspeicher.
Baubeginn war September 2013. Momentan werden die Gussrohrleitungen in der Erde verlegt. Neben enormen Mengen an Druckrohren werden hier auch Formstücke benötigt – Krümmer, T-Stücke, Anschlussstücke und Ähnliches. Der Auftrag für die Formstücke ist in zwölf Lose aufgeteilt. Düker hat den Zuschlag für eines davon bekommen. Das bedeutet: Es sind mehr als 350 Formstücke in einer Größe zu produzieren, die Düker bisher nicht hergestellt hat.
Die Handformerei in Laufach wurde bereits im Jahr 2010 erweitert und modernisiert, um dem Bedarf an solch großformatigen Formstücken besser gerecht zu werden. Das Unternehmen hat in Modelle investiert, mit denen sich Rohrteile mit 140 und 160 Zentimetern Durchmesser gießen lassen. Diese Modelle bestehen aus Holz und Kunststoff mit Aluminium-Einlagen. Mit deren Hilfe werden die Sandformen in viel Handarbeit erstellt.
Das anschließende Gießen erfolgt einzeln. Mit Gabelstaplern wird das flüssige Eisen in die Formen gegossen. Die größten Teile sind T-Stücke mit einem Abgang von jeweils 160 Zentimetern Durchmesser. Sie wiegen vier Tonnen. Nötig sind für ein solches Formstück 730 Liter Flüssigeisen. Andere Beispiele: Ein 45-Grad-Krümmer mit 160 Zentimetern wiegt zwei Tonnen, ein Krümmer mit 120 Zentimetern Durchmesser 1,1 Tonnen.
Diese Formstücke werden im Werk Laufach gegossen. Wegen der beengten Platzverhältnisse in Laufach werden diese seit einigen Monaten im Werk Karlstadt beschichtet – mit einer trinkwassertauglichen Innenzementierung und einer Außenbeschichtung auf Bitumenbasis. Eine mögliche Variante wäre auch innen und außen eine Epoxy-Beschichtung.
Für die Nennweiten von 140 und 160 Zentimetern hat Düker auch in eine CNC-Horizontal-Bohr- und Fräsemaschine investiert, um beispielsweise die Löcher in die Flansche zu bohren. Damit lassen sich dann zwei Rohre über viele einzelne Schrauben miteinander verbinden. Diese neue Maschine steht in Laufach. Sie wechselt automatisch bis zu 60 Werkzeuge. Die Werkstücke finden bei der Bearbeitung auf einem Rundtisch Platz, der Teile mit bis zu sechs Tonnen Gewicht aufnehmen kann.
Wie bei Aufträgen für den Nahen und Mittleren Osten üblich, finden für einen Teil der Lieferungen schon vor der Verladung Abnahmen im Werk Karlstadt statt, berichtet das Unternehmen. Die Kunden setzen für die Qualitätsprüfungen einen vom Kunden beauftragten externen Auditor ein.
Die Zeitpläne für die Herstellung und Lieferung der Teile sind sehr eng. Der größte Teil der Formstücke wird per Seefracht verschifft. Einzelne Teile werden aufgrund der kurzen Fristen aber auch per Luftfracht versendet.
Noch sind nicht alle Lose für das Projekt in Katar vergeben. Düker hat also noch Chancen, dafür weitere Aufträge zu bekommen.
Starke Konkurrenz hat das Unternehmen dabei in Frankreich. Die Franzosen haben weltweit Gießereien. Auch in Indien gibt es Gießerei-Konkurrenz.
Die Eisenwerke Düker
Die Düker GmbH & Co. KGaA mit den beiden Fertigungsstandorten in Laufach und Karlstadt stellt diverse Rohr- und Gussprodukte „Made in Germany“ her. Die Hauptprodukte sind Druckrohrformstücke und Armaturen aus duktilem Guss sowie gusseiserne Abflussrohrsysteme. Mit rund 650 Mitarbeitern – davon rund 200 in Karlstadt – wird ein Jahresumsatz von etwa 112 Millionen Euro realisiert, bei einem Exportanteil von über 40 Prozent. Das Unternehmen, das auf über 500 Jahre Firmengeschichte zurückblickt, ist in privatem Besitz.
Weitere Informationen zu dem Projekt in Katar im Internet unter www.watermegareservoirs.qa