Das Landratsamt hatte die vergangenen Jahre beide Augen zugedrückt. Der Brandschutz im historischen Rathaus in Karlstadt ist nicht mehr zeitgemäß – vor allem im Dachgeschoss mit der Hausmeisterwohnung, der Uhrenstube und verschiedenen Lagerräume. Jetzt legte das Architekturbüro Gruber-Hettiger-Haus dem Bauausschuss einen Plan für eine Metallwendeltreppe von der Uhrenstube in den Rathaussaal vor. Zudem müssen die Wände und Türrahmen im Flur im Dachgeschoss verstärkt beziehungsweise erneuert werden.
Die Treppe (siehe Zeichnung) platziert Karl Gruber in seinem Plan in die nordwestliche Ecke des Rathauses. Weil die Uhrenstube auf 4,5 mal 2,5 Metern Platz verliert – sie hat bereits eine Wendeltreppe hoch zu den ausgestellten Uhrwerken –, wird ihr beim Neubau der Flurwände ein Raum zugeschlagen. Gehalten wird die Treppenkonstruktion von einem Stahlträger über Eck zwischen zwei Fensterkonsolen. Der hält die Spindel auf 5,90 Meter Raumhöhe, an der die Treppe durch den zu öffnenden Fußboden Uhrenstube/Decke Bürgersaal bis auf den Fußboden des Saals hängt. Der Fußboden des Bürgersaals wird nicht angetastet. Für zwei wegfallende Heizkörper unter den Fenstern – an der Stelle des Stahlträgers – werde eine Lösung gefunden. Der Architekt betonte, dass der Eingriff in die Bausubstanz des historischen Rathauses so gering wie möglich sein soll. Trotzdem sei der Einbau der Treppe ein „Bauen unter erschwerten Bedingungen“, was Gruber auch auf den Materialtransport im und am Gebäude aus dem Jahre 1422 bezog.
Die sogenannte Metallspindeltreppe verbindet nur die Uhrenstube mit dem Bürgersaal und zieht sich nicht durch das ganze Gebäude, tangiert also nicht den „Ratskeller“. Hier soll nach Angaben von Bürgermeister Paul Kruck das schwarze Tuch hinter der Bühne, das den Ausgang zur Rathaustreppe auf den Marktplatz kaschiert, bis in die Ecke zur neuen Wendeltreppe erweitert werde.
Vom Bürgersaal aus ist die Fluchtmöglichkeit im Notfall gesichert. Errechnet wurde, dass je 55 Personen aus der Uhrenstube über die neue Wendeltreppe und über den bestehenden Treppengang am östlichen Ende das Dachgeschoss verlassen können. Aus dem Bürgersaal fliehen je 200 Personen über die Haupttreppe ins Foyer und über die Außentreppe auf den Marktplatz. Über 50 weitere gelangen über die bestehende Treppe zum Ausgang Alte Bahnhofstraße.
Eine weitere notwendige Brandschutzmaßnahme, die Karl Gruber im Bauausschuss vorstellte, ist die Ertüchtigung von Flurwänden und Türen. So verfügen die Türen über keine Metallleisten. Einer 18 Zentimeter breiten Flurwand, die brandschutztechnisch verstärkt wird, steht eine Gipskartonwand gegenüber, die ersetzt werden muss. Zudem müssen auch einige Türen im Erdgeschoss und im Treppenhaus ersetzt beziehungsweise ertüchtigt werden.
Bei der Vorstellung der Kosten von 210 000 Euro sagte der Architekt, dass in Abstimmung mit einem Brandschutz-Ingenieurbüro, dem städtischen Bauamt und dem Landratsamt auf Genehmigungsbehörde, die optimale Lösung erfolgt sei.
Keine Ablehnung mehr
Da nur 100 000 Euro im laufenden Haushalt für diese Maßnahme stehen, wird die andere Hälfte aus einer verschobenen Straßenbaumaßnahme in Rettersbach gedeckt, sagte Bürgermeister Paul Kruck. Er freute sich, dass nach Fertigstellung – noch in diesem Jahr – die Brandschutzauflagen erfüllt sind und dann auch die Uhrenstube öfter vermietet werden kann. Bislang musste die Stadt Anfragen, zum Beispiel von Hochzeitgesellschaften, wegen mangelhaften Brandschutzes ablehnen. Trotz der hohen Kosten fand die Planung Zustimmung im Bauausschuss und wird dem Stadtrat an diesem Donnerstag empfohlen.