In wenigen Tagen geht die erweiterte Helmstadter Kläranlage schrittweise in Betrieb. Vorher muss sie aber noch „geimpft“ werden. Weshalb diese Art der Heilbehandlung notwendig ist, erklärte Ingenieur Christian Gora vom Würzburger Ingenieurbüro SAG im Gespräch mit Main-Post und Bürgermeister Edgar Martin.
Zur geplanten Inbetriebnahme wird aktive Bakterienmasse benötigt, die das Abwasser sofort reinigt. Hierzu kann der vorhandene Klärschlamm der alten Abwasserreinigung nur während einer lang andauernden Inbetriebnahmephase eingesetzt werden. Die Bakterien sind nämlich in einer anderen Zusammensetzung und Konzentration im alten Klärschlamm enthalten und sind nicht in der Lage, die Abwasserreinigung bei einem geänderten Verfahren kurzfristig zu übernehmen.
Es wird daher zur Animpfung ein Schlamm bevorzugt, der einer vergleichbaren Anlage in der benötigten Aktivität und Konsistenz und auch Menge entspricht. Je nach Entwicklung der Anfangsphase benötigt man zwischen 300 und 900 Kubikmeter. Die nächstgelegenen Kläranlagen, die diese Kriterien erfüllen, sind die in Marktheidenfeld und Würzburg.
Da Marktheidenfeld näher liegt, beschloss der Gemeinderat, den Klärschlamm von dort zu holen. Den Transport übernimmt laut Beschluss die Firma Linz aus Zellingen. Je nachdem, wie viel Klärschlamm benötigt wird, fallen Kosten zwischen 3200 und 9700 Euro an. Geplant ist, zunächst nur einen Reaktor anzuimpfen und dann die beiden weiteren mit Schlamm aus dem ersten zu versorgen.
Die neue Kläranlage ist auf einen Einwohner-Gleichwert (EW) von 5500 Kubikmetern ausgerichtet. Das bedeutet aber nicht, dass man in absehbarer Zeit mit soviel Zuwachs rechnet. „Keinesfalls wurde die Kläranlage überdimensioniert“, versicherte Edgar Martin. Er verweist darauf, dass künftig durchaus mehr Abwasser in den Haushalten anfallen kann. Außerdem habe man die Größe an eine mögliche Ansiedlung von Firmen im neuen Gewerbegebiet an der Würzburger Straße bereits einkalkuliert.
Bei Inbetriebnahme arbeitet die Kläranlage auf dem Niveau von 4000 EW. Künftig fallen rund 900 Kubikmeter Abwasser an. Die Regenwetterleistung liegt bei 40 Liter in der Sekunde. Das Regenwasser wird gemeinsam mit dem Abwasser gereinigt. Insgesamt fallen pro Jahr 3600 Kubikmeter Klärschlamm an.
Dieser wurde bisher von einer Spezialfirma abgeholt und entsorgt. Wenn das neue Klärschlammbeseitigungskonzept für den westlichen Landkreis Würzburg tatsächlich umgesetzt wird – Landratsamt und Kreistag befassen sich zurzeit damit – könnte er mit dem Klärschlamm anderer Gemeinden in einem neuen Blockheizkraftwerk verbrannt werden. Das entstehende Gas soll als Fernwärme genutzt werden.
Heizung mit Wärmepumpe
Gebäudeheizung und Warmwasseraufbereitung der Kläranlage werden mittels einer Wärmepumpe ganzjährig gesichert. Eine Senkung der Betriebskosten wird durch eine effiziente, zielgerichtete Steuerung zur Versorgung der Bakterien mit Luft durch drei Gebläse erreicht. Die Reinigung der Abwässer geschieht biologisch durch das so genannte Belebungsverfahren.
Man erzielt eine 98-prozentige Reinigung der Abwässer bei den sauerstoffzehrenden Stickstoffverbindungen und eine 95-prozentige bei Kohlenstoffverbindungen. Die Reinigungsleistung bei der so genannten Nährstoffbelastung liegt bei 75 Prozent. Gemäß der gesetzlichen Forderungen liegt die Verbesserung der Wasserqualität bei einer ganzen Stufe.
Neu gebaut wurden nur zwei Klärwerksbauten, weil das alte Gebäude weiter verwendet wird. Insgesamt wurden 150 Tonnen Baustahl, 1400 Kubikmeter Beton und 330 Edelstahl-Rohrleitungen verbaut. Jedes der drei Klärbecken weist eine Größe von 1000 Kubikmetern auf.