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Wettlauf mit der zweiten Flutwelle

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Wettlauf mit der zweiten Flutwelle

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    Karlstadt/Seychellen - Glück gehabt: Dem Mitarbeiter des Karlstadters Heinz Lummel auf den Seychellen geht es den Umständen entsprechend gut. Und auch das Anwesen von Lummel, das nur 100 Meter vom Meeresufer entfernt liegt, hat wenig abbekommen.

    "Wir haben totales Glück gehabt", resümiert Heinz Lummel. Die Nachbarn seines Anwesens auf den Seychellen hat es allesamt hart getroffen. Er hat in Karlstadt die Firma Lummel GmbH, Spenglerei Sheet Metal International Systems, und betreibt zusätzlich bei Victoria auf der Seychellen-Hauptinsel Mahe eine Bedachungsfirma. Sein Mitarbeiter Toni Zink aus Karlstadt-Stetten lebt mit Frau und Kind auf Mahé und betreut die dortige Firma. Er hat die Flutwelle des Seebebens vom Sonntag hautnah miterlebt.

    "Ich war im Freien bei einem Lokal an der Strandstraße, als die erste Welle kam", berichtet Zink in einem Telefonat mit der MAIN-POST. Er wollte gerade mit Bekannten zu einer Geburtstagsparty aufbrechen. Diese hatten die Welle zuerst gesehen und riefen ihm zu: "Wo gehst du hin? Da kommt was!" Alles ging sehr schnell. Zink schildert, er habe sich auf einen Tisch und dann auf einen riesigen Schiffsanker gerettet, der in der Gaststätte als Ausstellungsstück dient.

    Lummel selbst hatte von dem Vorfall erst am Dienstag erfahren. Gesundheitlich angeschlagen, hatte er die vergangenen Tage nicht ferngesehen und somit von dem Seebeben nichts gewusst. Toni Zink hatte vergeblich versucht, ihn zu erreichen, aber keine Verbindung herstellen können. Als Lummel von Bekannten aus Deutschland angerufen wurde, "dachte ich erst, die wollen mich verarschen". Auf den Seychellen sei noch nie etwas von einem Seebeben zu spüren gewesen.

    Inzwischen konnte er direkt mit Zink telefonieren. Der sei ganz erschöpft gewesen - nach 72 Stunden Aufräumarbeiten ohne eine Stunde Schlaf. 70 Schubkarren Schlamm habe er beispielsweise aus der Werkstatt herausgefahren. Der Garten war überschwemmt. Das Wohnhaus indes hat verhältnismäßig wenig abbekommen.

    Der Geistesgegenwart von Toni Zink ist es zu verdanken, dass der Schaden nicht so groß ist. Er hatte nach der ersten Welle die Rollos am Haus von innen abgestützt, so dass sie der zweiten Welle eineinhalb Stunde später standhielten. Bei einem Nachbarn hingegen hat das Wasser die Rollos voll eingedrückt. Auch fuhr Zink das Auto Lummels an eine höher gelegene Stelle.

    Er schildert, wie er diese zweite Welle erlebt hat: "Das Meer ist erst gesunken auf ein Niveau - noch zwei Meter tiefer als bei Ebbe. Die Schiffe haben alle frei gelegen. Nach etwa fünf Minuten kam die Flut. Das war Wahnsinn." Die vorgelagerten Häuser hätten die Welle gebrochen. "Da sind ganze Einfriedungsmauern eingefallen. In manchen Häusern stand das Wasser einen Meter hoch. Möbel wurden bis 800 Meter weit in die Straße reingespült."

    Die Bebauung in Lummels Nachbarschaft ist gemischt: Einheimische, Feriendomizile und Betriebe wechseln sich ab. Zum Teil handelt es sich um ältere Häuser. Die Nachbarn rundherum wurden von der Flut schwer getroffen. Zink: "Bei vier Chalets nebenan brach die Flut vorne herein und hinten wieder heraus."

    In der Stadt Victoria seien Leute im Casino gewesen und hätten es nicht mehr geschafft, ihre Autos wegzufahren. "Die sind geschwommen." Auch eine Schnellstraßenbrücke sei eingestürzt. Container wurden von der Wasserwelle hochgehoben und über die Küstenstraße geschwemmt. Sie liegen jetzt im Gebüsch verteilt.

    Die Straße hat bis zu drei Meter tiefe Gräben. Bulldozer sind im Einsatz. Einen genauen Überblick konnte sich Zink noch gar nicht verschaffen, da er nur mit Aufräumarbeiten bei Lummels Anwesen und in der Nachbarschaft beschäftigt war. Die Nachbarn sind teilweise total fertig, sehen einen Teil ihres Lebenswerks zerstört. Selbst Häuser, die 40 Meter weiter im Landesinnern liegen, hat die Flut noch erwischt. Waschmaschinen und andere Geräte, die vom Salzwasser überspült wurden, sind kaputt. Überall sind Sand, Salz und Dreck.

    Lummel hatte sein Haus mit Werkstatt und Garage beim Bau 50 Zentimeter über der Umgebung positioniert. Das sei jetzt das Glück gewesen. Zudem sei alles solide deutsche Arbeit: in Beton mit Armierung. Über die 1,70 Meter hohe Umfriedung sei die Welle gerade zehn Zentimeter drübergeschwappt und habe den Garten arg mitgenommen. Auch drang das Salzwasser in die Trinkwassertanks ein, die jeweils 10 000 Liter fassen. Diese würden gerade leergepumpt.

    Eine dritte Welle kam am Dienstag gegen 6 Uhr, jedoch wesentlich schwächer als die vorherigen. Bei knapp 20 Grad regnet es inzwischen in Strömen. Zink bezeichnet das als Glücksfall für die Natur, da der Regen das Salz abwäscht. Die Pflanzen würden bereits braune Blätter bekommen - wie in Deutschland im Herbst.

    Versicherungen sind bereits unterwegs, um die Schäden aufzunehmen. Der Karlstadter Bernhard Zink, der ebenfalls bereits mit seinem Bruder telefoniert hat, sagt, sein Bruder Toni habe vor, auf Mahé selbst zu bauen. "Nach diesem Vorfall wird er jetzt seine Baupläne ändern."

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