Eine außergewöhnliche Holzernte läuft seit wenigen Tagen am Steilhang zwischen Sendelbach und Steinbach. Wegen des Gefälles und der fehlenden Wege ist der Einsatz von Rückemaschinen unmöglich, deshalb holt ein Seilkran die gefällten Bäume aus dem Wald. 400 Meter lang ist das Stahlseil, an dem selbst dickste Stämme wie von Geisterhand den Berg hinauf schweben. – Eine Herausforderung für die Mitarbeiter der Gemündener Forstservicefirma „Für ihren Baum“.
Es ist ein für hiesige Gefilde eher seltener Einsatz. Verbreiteter ist das Holzrücken mit dem Seilkran im Gebirge. Der Einsatz im ebenfalls nur schwer zugänglichen Wald des Freiherrn von Hutten dauert voraussichtlich noch vier bis sechs Wochen. Ort des Geschehens ist ein rund zehn Hektar großes Waldstück am Sendelbacher Ende des Buchenberges.
Seit rund 70 Jahren sei dort wegen der schwierigen Bedingungen kein Holz mehr geerntet worden, sagt Alfons Löser (41), Einsatzleiter der Gemündener Firma „Für ihren Baum“. Aufgrund der fehlenden Pflege sei der Baumbestand teilweise instabil, die Ausdünnung dringend erforderlich gewesen.
Doch wie sollte man das Holz aus dem Wald bringen? Diese Frage beschäftigte Löser, dessen Firma regelmäßig im von Hutten'schen Wald im Holzeinschlag tätig ist, seit Sommer 2013. Über zwei aus Thüringen stammende Mitarbeiter, die für die Firma arbeiten, kam der Kontakt zu einem thüringischen Seilkranunternehmer zustande.
Der Termin für die Arbeiten wurde im vergangenen August festgelegt. Danach waren noch etliche Vorbereitungen zu treffen. Unter anderem musste die straßenrechtliche Genehmigung zum zeitweisen Sperren der am Hangfuß verlaufenden Straße eingeholt werden. Bis zu 20 Minuten am Stück dürfen Löser und seine Mitarbeiter die Straße sperren, wenn während der Arbeiten die Gefahr besteht, dass Bäume den steilen Hang hinab auf die Fahrbahn rutschen. Auch die Gefahr von Steinschlag sei an dem bis zu 70 Prozent steilen Hang nicht auszuschließen.
Vor zwei Wochen haben die Waldarbeiter mit dem Fällen der Bäume begonnen, darunter sehr dicke Buchen und Eichen. Rund 1100 Festmeter Holz werden laut Löser auf den zehn Hektar entnommen. Das ist deutlich mehr, als bei gewöhnlichen Eingriffen unter normalen Bedingungen. Doch aufgrund der Tatsache, dass seit 70 Jahren kein Stamm mehr entnommen worden sei und der Seilkran so schnell nicht mehr wiederkommen werde, habe man sich zu einem stärkeren Eingriff entschieden, erklärt Löser.
Der Aufbau der mobilen Seilkrananlage begann am Montag. Seit Mittwoch ist sie in Betrieb. Um das Holz aus der Fläche den steilen Hang hinauf befördern zu können, sind laut Löser wohl vier verschiedene Seiltrassen im Abstand von 50 Metern nötig. Die längste Trasse ist rund 400 Meter lang, jede drei bis vier Meter breit. Die „Bergstation“ bildet ein 25 Tonnen schwerer Kettenbagger, dessen Arm eine elf Meter hohe Stahlstütze hält. Doch der Bagger alleine könnte die am Seil zu bewegende Last von bis zu sechs Tonnen nicht halten. Deswegen ist die Stütze mit mehreren Stahlseilen an umstehenden Bäumen befestigt.
400 Meter hangabwärts bildet ein dicker Baum das andere Ende der Seiltrasse. Auch er ist zur Absicherung mit Stahlseilen mit den Stammfüßen naher Bäume verbunden. Allein um das dicke Tragseil des Seilkrans den Hang hinunter zu ziehen, seien drei Mann nötig gewesen, beschreibt Löser die Anstrengungen, die das Arbeiten in einer solchen Steillage mit sich bringt.
Das Tragseil verläuft etliche Meter über dem Boden. An ihm bewegt sich der Laufwagen, der alleine knapp 500 Kilo wiegt. Von ihm baumeln mehrere Seile herab, die ein Arbeiter im steilen Hang zu den einzelnen Baumstämmen zieht. Ein Zugseil zieht den Laufwagen mitsamt dem daran baumelnden Holz schließlich den Berg hinauf, per Fernbedienung gesteuert von den Bedienern des Seilkrans. Oben angekommen greift sich eine schwere Rückemaschine die Stämme und transportiert sie nach dem Entfernen der Seile gleich zum nahen Waldweg, wo Löser das Holz nach Qualität und Baumarten sortiert. Die im Sendelbacher Wald praktizierte Holzernte per Seilkran ist nicht nur aufwendig, sondern auch teuer. Laut Löser kostet sie etwa da Dreifache des Normalen. Angesichts der aktuell hohen Holzpreise über alle Baumarten hinweg sei der Zeitpunkt für einen solchen Einsatz momentan jedoch günstig. Der Waldbesitzer könne so am Ende wohl mit einer schwarzen Null rechnen, vermutet Löser.
Mit Schaulustigen rechnet Löser in den kommenden Wochen am Rande der ungewöhnlichen Holzbringung im Sendelbacher Wald. Aus Sicherheitsgründen appelliert er jedoch an Waldgänger, dem gesamten Waldgebiet und besonders der Anlage und den Fällarbeiten unbedingt fern zu bleiben. Nicht ohne Grund wurden die durch den Hang führenden Wanderwege für den Zeitraum des Einsatzes komplett gesperrt.