Augenringe, Kraftlosigkeit, Konzentrationsprobleme: Müdigkeit. Gerade Familien mit kleinen Kindern ist dieses Problem nicht fremd. Doch was tun, wenn das Kind nicht durchschläft?
Alexandra Jakeway ist Schlafberaterin für Kinder zwischen sechs Monaten und sechs Jahren. Ihre Aufgabe: Eltern beraten und ihnen aufzeigen, wie das Kind das Schlafen lernen kann. Dabei stimmt sie ihr Konzept jedes Mal individuell auf die Familien ab. „Ich fange immer damit an, ein Gespräch zu führen, bei dem es darum geht, wo das Problem liegt, und bei dem ich auch meine Methoden kurz vorstelle“, erklärt die 42-Jährige.
Der „langsame Rückzug“
Besagte Methoden sind unterschiedlich. Jakeways Lieblingsmethode ist der sogenannte „langsame Rückzug“. Dabei setzen sich die Eltern zu Beginn mit einem Stuhl neben das Bett des Kindes. „Dabei sollten sie auch Körperkontakt halten“, so die Schlafberaterin. Außerdem solle man zum Beispiel reden oder singen. Nach drei Tagen stellt man den Stuhl dann weiter weg. „Dabei ist eine sichere, gleichbleibende Atmosphäre wichtig.
“ Und vor allem müsse man immer warten, bis das Kind tief und fest schlafe, bevor man den Raum verlasse – „damit das Kind weiß, dass die Eltern da sind.“
Der eigene Sohn schlief nicht
Schlafberaterin geworden ist die gebürtige Marktheidenfelderin, weil ihr jüngster Sohn ebenfalls nicht geschlafen hat. „Ich bin irgendwann nicht mehr Auto gefahren, weil ich zu müde war und wusste, ich kann nicht schnell genug reagieren“, erzählt Jakeway. Sie hat nach Hilfe gesucht, aber 2011, als das Problem akut war, waren Schlafberater in Deutschland noch weitgehend unbekannt. Jakeway selbst kannte diese Form der Beratung aus Kanada, wo sie acht Jahre mit ihrer Familie gelebt hat – schließlich ist ihr Mann Kanadier. Am Ende arbeitete sie dann mit einer Kanadierin zusammen, und schnell lernte ihr Sohn zu schlafen. Das hat die 42-Jährige so beeindruckt, dass sie selbst Schlafberaterin werden wollte.
Im Jahr 2014 machte die Mutter von vier Kindern dann die Ausbildung via Fernstudium. Drei Monate lang hörte sie Vorträge von verschiedenen Experten und erfahrenen Schlafberatern. Danach folgte eine Anerkennungszeit, in der sie unter Supervision drei Familien betreute, mit anschließender Abschlussprüfung. Insgesamt kostete Jakeway die Ausbildung über 5000 Euro.
Gute Abendrituale
Neben der Beratung von Familien hält die gelernte Kinderkrankenschwester auch Vorträge in Kindergärten in Schweinfurt und Hafenlohr. „Dabei geht es unter anderem um den richtigen Schlaf, die richtige Zeit und Menge und um das konsequent Sein“, so Jakeway. Ein Tipp, den sie häufig gebe, sei etwa ein gutes Abendritual, ein immer gleicher Ablauf zu immer gleicher Zeit. Dabei gehöre viel Körperkontakt, zum Beispiel kuscheln, auf jeden Fall dazu.
Mit verzweifelten Menschen arbeiten
Ein bis zwei Familien betreut Jakeway im Monat. „Die eigene Familie geht eben vor“, erklärt sie. Für die Zukunft könne sie sich aber schon vorstellen, auch noch mehr Familien zu begleiten. Und die Resonanz auf ihre Arbeit? Laut der Schlafberaterin „durchweg positiv.“ Kritik bekomme sie nur von Leuten, die ihre Hilfe nicht in Anspruch nehmen. „Ich wurde schon hart angegangen wegen meines Ansatzes, dass Kinder alleine schlafen lernen müssen.“ Dabei lege Jakeway keinen Wert darauf, den Familien ihren eigenen Weg aufzudrängen. „Wenn es Leute gibt, die im Familienbett schlafen und alle sind ausgeruht, dann ist das klasse“, sagt sie. Sie wolle nur denjenigen, die verzweifelt sind, neue Möglichkeiten aufzeigen. „Wenn ich höre, dass manche Eltern aus Verzweiflung ihren Kindern Schlafmittel geben, dann schockiert mich das. Das sind die Leute, mit denen ich arbeiten möchte.“
Krankenkasse zahlt nicht
Rund 200 Euro kostet eine komplette Beratung – viel Geld, wie Alexandra Jakeway weiß. Leider werde Schlafberatung noch nicht von den Krankenkassen übernommen. Sie finde aber, dass man Schlaf mehr wertschätzen müsse, schließlich sei er wichtig für Gesundheit und Wohlbefinden. Und außerdem: „Eine ausgeschlafene Mutter ist für ein Kind Gold wert.“