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WERTHEIM-WARTBERG: Wie Otfried Preußler zum Namenspatron wurde

WERTHEIM-WARTBERG

Wie Otfried Preußler zum Namenspatron wurde

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    Hellmut Winkler
    Hellmut Winkler Foto: Jochen Jörg

    Elf Schulen sind in Deutschland nach dem berühmten Kinderbuchautor Otfried Preußler benannt, der am 18. Februar gestorben ist. Eine davon ist die Grundschule auf dem Wertheimer Wartberg. Dass Preußler Namensgeber wurde, ist mit ein Verdienst von Hellmut Winkler, der dort früher Schulleiter war und als freier Mitarbeiter für die Main-Post aus dem Raum Kreuzwertheim berichtet – auch noch mit 92 Jahren.

    Winkler und Preußler besuchten einst die gleiche Schule: die Lehrerbildungsanstalt in Reichenberg im Sudetenland, wo beide aufgewachsen sind. Preußler war fast drei Jahre jünger als Winkler und deshalb zwei Klassen unter ihm. Bewusst begegnet sind sie sich in dieser Zeit nicht. „Ich weiß nicht viel über seine Kindheit, aber habe erfahren, dass er bereits im Alter von zehn Jahren Schriftsteller werden wollte“, sagt Winkler. Und was für ein erfolgreicher Autor Preußler wurde: 1955 gelang ihm der Durchbruch mit seinem Kinderbuch „Der kleine Wassermann“. Es folgten Welterfolge wie „Die kleine Hexe“, „Der Räuber Hotzenplotz“, „Das kleine Gespenst“ und „Krabat“.

    In der Schule in Reichenberg verehrten Winkler und Preußler denselben Lehrer: Professor Dr. Eduard Eisenmeier, der Deutsch unterrichtete. Zwischen Eisenmeier und Winkler entwickelte sich im Laufe der Jahre eine Freundschaft. Als Eisenmeier 1992 mit 87 Jahren gestorben war, hielt Winkler die Grabrede – und er suchte auch zum ersten Mal den direkten Kontakt zu Preußler und schickte ihm einen Brief.

    Noch heute denkt Winkler mit Freude an den Nachruf, den Preußler geschrieben und ihm persönlich zugesandt hat. Darin erinnerte sich Preußler an seinen früheren Lehrer Eisenmeier: „Eines Tages, die Szene ist mir noch gegenwärtig, kam er vorgestreckten Kinns in die Klasse hereingestürmt, den Blick gegen Himmel gerichtet, die Rechte aufs Herz gepresst, die Linke mit großer Gebärde emporgestreckt. ,Was ist Liebe?‘ Wir konnten nicht ahnen, dass seine empathische Frage als Einstieg zu Goethes Gedicht ,Maifest‘ aus den Sesenheimer Liedern gedacht war, dessen bekannteste Strophe mit den Worten beginnt: ,Wie lieb ich dich!‘ Und wir hielten es damals für ungeheuer lustig, als ihm der Rotky Paul aus der Tiefe des Raumes die ernüchternde Antwort gab: ,Eine vorübergehende Trübung des Verstandes aus biologischem Anlass, Herr Professor.‘“

    Einige Jahre später wandte sich Winkler erneut an Preußler. 1997 war es, als die Grundschule am Wartberg ihr 25-jähriges Bestehen feierte und die Idee aufkam, ihr einen anderen Namen zu geben als einfach nur den des Wertheimer Stadtteils. Winklers Nachfolger Christoph Wolz schlug vor, die Schule nach Otfried Preußler zu benennen.

    Dafür gab es zwei gute Gründe: Die Schule auf dem Wartberg wurde von vielen russlanddeutschen Kindern besucht. Um sie behutsam an die deutsche Sprache heranzuführen, griffen die Lehrer gerne auf Preußlers kindgerechte und lebendige Erzählungen zurück. Hinzu kam, dass Preußler selbst aus seiner böhmischen Heimat vertrieben worden war.

    Preußlers Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Bereits zwei Wochen später formulierte er seine Zusage: „Ich habe mich bisher nur dort als Namenspatron zur Verfügung gestellt, wo es sich um Schulen für behinderte Kinder handelt. In Ihrem Fall möchte ich jedoch gern eine Ausnahme machen“, schrieb er. Fünf seiner jungen Jahre habe er in russischer Kriegsgefangenschaft verbracht und dabei auch Kontakt zu russlanddeutschen Familien geknüpft.

    „Ich stimme Ihrem Vorschlag von Herzen zu.“

    Otfried Preußlers Antwort auf die Anfrage der Wartberg-Grundschule

    Preußler fügte an: „Ursprünglich hatte ich die Absicht, nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Systems für ein paar Monate als pädagogischer Entwicklungshelfer nach Kirgisien oder Kasachstan zu gehen. Daraus ist nun leider aus Alters- und Gesundheitsgründen nichts geworden. Deshalb freut mich Ihre Anfrage ganz besonders. Und deshalb stimme ich Ihrem Vorschlag von Herzen zu.“ Seit 1998 trägt die Schule auf dem Wartberg nun den Namen von Otfried Preußler.

    Vor etwa zwei Wochen starb Preußler im Alter von 89 Jahren in Prien am Chiemsee. Die Wertheimer Grundschüler waren darüber sehr traurig. Einige befürchteten gar, dass ihre Schule geschlossen werden müsste. Schulleiter Wolz konnte da natürlich Entwarnung geben. Dennoch hielt er es für geboten, dass sich die Kinder anlässlich von Preußlers Tod noch intensiver mit dessen Werken beschäftigten als ohnehin schon.

    Unter anderem bastelten die Schüler zehn „kleine Gespenster“, nach dem Vorbild von Preußlers Buch. Die Gespenster wurden im Flur zwischen zwei Wänden an einer Schnur aufgehängt. Die Aktion ist der beste Beweis: Preußlers Figuren sind unsterblich.

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