Mit dem Begriff „Schnickerli“ werden viele unter 30-Jährige kaum noch etwas anfangen können. Es handelt sich dabei um ein fränkisches Gericht aus gekochten und in Streifen geschnittenen Innereien von Wiederkäuern, das quasi zum Synonym für die alte Wirtshauskultur in Franken geworden ist, aber heutzutage kaum noch auf den Tisch kommt. Wo es noch serviert wird, wusste am Mittwoch Gerrit Himmelsbach von der Uni Würzburg im Arnsteiner Gasthof Goldener Engel zu berichten.
Himmelsbach ist Mitarbeiter am Unterfränkischen Institut für Kulturlandschaftsforschung an der Universität Würzburg und Mitglied des Spessartbunds, der aus 80 Vereinen mit rund 10 000 Mitgliedern besteht. Der Aschaffenburger kam auf Einladung der Volkshochschule zum Vortrag „Wirtshäuser einst und heute“ nach Arnstein.
In seinem Vortrag betonte er, dass es bei dem Erhalt der Wirtshauskultur auch um den Erhalt der Heimat und der eigenen fränkischen Identität und des Dialekts geht, der in Unterfranken in rheinfränkisch und mainfränkisch aufgeteilt ist, getrennt durch den „Äppeläquator“, der den Bezirk in Nord-Süd-Richtung teilt.
Mindestens eine Wirtschaft im Ort
Während es früher auch im kleinsten Dorf mindestens eine Wirtschaft gab, in der alte Männer mit einem Zigarrenstumpen im Mund bis spät in die Nacht Schafkopf spielten, seien heutzutage Wirtschaften nicht mehr in der Lebenskultur eingeplant, meinte Himmelsbach. Je besser die Arbeitsplätze seien, desto weniger Wirtschaften gebe es, brachte er es auf den Punkt.
Kleinere Gastwirtschaften seien nur im Familienbetrieb wirtschaftlich zu führen, aufgrund der unregelmäßigen Arbeitszeiten. „Drei Hochzeiten hintereinander, dann zwei Wochen nichts, das macht kein Angestellter mit“, sagte Gerrit Himmelsbacher. Erfolgreich seien Wirtschaften an Verkehrswegen oder ehemaligen Postlinien. Der Bau einer Umgehungsstraße bedeute meist das Aus für eine Gastwirtschaft. Großen Zulauf hätten auch Gasthäuser, die sich als Ausflugsziel etabliert haben, wie beispielsweise das Gasthaus „Hochspessart“ in Lichtenau im Hafenlohrtal, das mit fehlendem Handyempfang sogar wirbt, oder die „Bayerische Schanz“ in Ruppertshütten, die berühmt durch ihren Weihnachtsmarkt wurde und Busse in Scharen anlockt.
Vergessene Spezialitäten
Eine weitere Art, Gäste anzuziehen, ist das Kredenzen von oft längst vergessenen Speisen. So serviert das Landgasthaus in Uettingen immer samstags die bereits angesprochenen „Schnickerli“. Da der Wirt die dafür nötigen „Kuddeln“, also Innereien, von heimischen Schlachthöfen nicht bekommt, müsse er sie importieren, was allerdings seinen Erfolg nicht schmälert.
Oft erfolgreich seien auch Gasthäuser mit eigener Brauerei, wie das Gasthaus „Zum Riesen“ in Miltenberg, das seit dem 15. Jahrhundert existiert und eines der ältesten Gasthäuser Deutschlands ist.
Anmerkung der Redaktion: Über das gleiche Thema referierte Himmelsbach kürzlich in Eichelsdorf im Haßgau. Dieser Artikel verwendet Material aus der Berichterstattung über den Eichelsdorfer Vortrag.