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GEMÜNDEN: Ziegler punktet mit Flexibilität gegen Fernost-Konkurrenz

GEMÜNDEN

Ziegler punktet mit Flexibilität gegen Fernost-Konkurrenz

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    Gift für empfindliche Elektronik: Um statische Aufladungen zu vermeiden, tragen Mitarbeiter spezielle Kleidung.
    Gift für empfindliche Elektronik: Um statische Aufladungen zu vermeiden, tragen Mitarbeiter spezielle Kleidung. Foto: Björn Kohlhepp

    „In Gemünden weiß keiner so genau, was wir hier eigentlich machen“, sagt Roland Ziegler, Geschäftsführer der Ziegler GmbH Industrieelektronik beim Besuch des Unternehmens im Gemündener Hofweg. Was die Firma produziert, wird an zwei Beispielen besonders greifbar: Seniorchef Georg Ziegler hatte vor vier Jahrzehnten ein Batterieprüfgerät für große Batterien entwickelt, das in vielen Kfz-Werkstätten zum Einsatz kam, und heute arbeiten viele Goldschmiede mit einem in Gemünden entwickelten und produzierten Feinstschweißgerät mit eingebautem Touchscreen.

    Nett ist die Geschichte eines Testers für die Funktionen von Elektronik. Um den Gabelstaplerhersteller Linde beliefern zu dürfen, hatte dieser in den 80ern zur Vorschrift gemacht, dass sich die Firma Ziegler dasselbe Testgerät kauft, wie es Linde verwendete. Über 100 000 Mark kostete das Gerät.

    Georg Ziegler, 76: „Das war nicht verwendbar das Ding.“ Die Messungen des teuren Geräts hauten einfach nicht hin. Kurzerhand hat Sohn Roland, 49, für seine Diplomarbeit ein neues Testgerät entwickelt. Heute stehen im Unternehmen sieben Stück für den Eigengebrauch – und auch Linde war schnell überzeugt und bestellte bei Ziegler.

    Das Gemündener Unternehmen plant und fertigt nicht nur die Elektronik selbst, sondern auch Gehäuse und Frontplatten aus Stahlblech und Profilgehäuse. Das Prachtstück in der Elektronikfertigung ist ein moderner Platinenbestückautomat. Neupreis: rund 250 000 Euro.

    Ein Bestückkopf saust hektisch hin und her, holt von sich drehenden Bändern mit winzigen Elektronikbauteilen wie Widerständen, Transistoren und Kondensatoren, was er braucht, und bestückt damit vollautomatisch eine Platine, mit der dann vielleicht ein Zahnarztbohrer oder ein Stapler gesteuert wird. Nur manche „klobige“ Bauteile, wenn man die in der kleinen Größenordnung so nennen darf, schafft der Automat nicht. Da kommt der Mensch ins Spiel.

    Für die Platinen stehen außerdem Maschinen wie eine Hub-Tauch-Löteinheit, eine Selektivlötmaschine oder eine Wellenlötanlage bereit. Auch ein C 64, ein Uraltcomputer, kommt noch zum Einsatz. Auf 1200 Quadratmetern entwirft, beschichtet und bestückt das Unternehmen Platinen und bindet Kabelbäume. Bei einem Rundgang durch seine Firma zeigt Roland Ziegler die zweite Fertigungshalle mit Fräs-, Bohr- und Sägemaschinen. Stolz ist er auf eine Maschine, die 16 Millimeter starke Edelstahl- und noch dickere Stahlplatten mit einem Wasserstrahl schneiden kann. Außerdem hat das Unternehmen eine Laserbeschriftungsmaschine und kann so seinen Kunden Komplettlösungen mit aufgelaserten Produkt- und Herstellerinformationen bieten.

    „In Gemünden weiß keiner so genau, was wir hier eigentlich machen.“

    Roland Ziegler Juniorchef

    Beim Feinstschweißgerät für Goldschmiede ist irgendwann ein Goldschmied – ein „Einmannbetrieb“ – gekommen, der so etwas entwickelt haben wollte. Also entwickelte und fertigte die Firma Ziegler mit dem Kunden zusammen ein solches Gerät. Der Kunde ließ es sich patentieren und verkauft die Geräte made in Gemünden jetzt in alle Welt.

    Deshalb kamen auch Japaner nach Gemünden, um sich die Produktion anzuschauen. In einem Besprechungsraum stehen die verschiedenen Varianten des Schweißgeräts bis hin zum neuesten mit Touchscreen. Und in der Fertigungshalle harren Dutzende der Geräte in Reih' und Glied auf weitere Arbeitsschritte.

    Bei der Arbeit mit Platinen ist Vorsicht vor elektrostatisch aufgeladener Kleidung geboten. Wenn man eine „gewischt kriegt“, sind das immerhin 3000 bis 4000 Volt, was im Fall einer Platine die Bauteile zerstört. Deshalb tragen Zieglers Mitarbeiter – derzeit 13 – spezielle Schuhe und Westen aus leitfähigem Material und am Arbeitsplatz geerdete Armbänder. Jeder Mitarbeiter hat zudem einen eigenen Strichcode, ebenso wie jeder Arbeitsgang. Vor und nach jedem Arbeitsgang müssen die Mitarbeiter diese wie an einer Supermarktkasse einlesen, damit etwa für die Preiskalkulation nachvollziehbar ist, wie lange die Fertigung eines Produkts gedauert hat.

    Angefangen haben die Zieglers in Karlstadt, woher sie stammen. 1968 gründete Georg Ziegler, der damals noch angestellter Ingenieur war, nebenher das Unternehmen als Ingenieurbüro. Es wurden Geräte konstruiert, labormäßig Entwicklungen durchgeführt sowie fertigungsreife Muster gebaut. Weil für eine Erweiterung Karlstadt keine Fläche bot, siedelte die Firma 1982 nach Gemünden ins neue Gewerbegebiet im Hofweg um. Zur Wendezeit hatte der Betrieb 39 Mitarbeiter, aber sie sind zum großen Teil durch Maschinen ersetzt worden.

    Das Batterieprüfgerät war in den 70ern und 80ern ein erster Renner der Firma. 7000 Stück wurden davon verkauft. Doch Ziegler hatte kein Patent auf das Gerät, irgendwann habe der Batteriehersteller Varta interessanterweise das gleiche Gerät gehabt. Georg Ziegler: „Varta hat eins zu eins abgekupfert.“ Heute seien ohnehin die Asiaten billiger. Wodurch sich Ziegler von Chinesen unterscheide? Junior Roland Ziegler überlegt nicht lange: „Durch Flexibilität und dadurch, dass wir alles aus einer Hand bieten.“

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