Karlstadt Gutes Beispiel macht Schule: Nach den "Stadtstreichern" am historischen Rathaus in Karlstadt fand sich nun ein ärztliches Streicherensemble, um dem hässlichen Betonklotz der Trafo-Station des Kreiskrankenhauses ein farbiges Gewand zu verpassen.
Ob handwerklich begabt oder mit zwei linken Händen gesegnet, alle Belegärzte des Krankenhauses meldeten sich freiwillig zum Streicheinsatz bei der Trafo-Station und zahlten auch noch das Material aus eigener Tasche.
In zartem Gelb und Sandsteinrot strahlt bereits seit geraumer Zeit der sanierte Altbau des Distriktkrankenhauses. Ein echter Weggucker war dagegen der mausgraue Betonklotz in unmittelbarer Nähe. Erfolgreich transplantierten die Ärzteteams in mehreren Eingriffen nun eine farbige Haut. Anästhesisten, Chirurgen, Gynäkologen und Internisten benutzten dabei - teils zum ersten Mal - für Mediziner eher unübliches Werkzeug, nämlich Farbe und Pinsel.
"Ich habe Rechtfertigungsprobleme zu Hause", beschreibt der Anästhesist Dr. Christian Baier. Seine Ehefrau bohrt, streicht und baut Regale. Er steht ihr nur mit Kritik zur Seite. "Ich bin handwerklich unbegabt", gesteht er. Trotzdem griff er zum ersten Mal zum Pinsel. Fast ein Profi ist dagegen der Kardiologe Dr. Michael Dobler: "Nach dem Studium bin ich während der Facharztausbildung sechsmal umgezogen und habe einmal gebaut." Dabei hat er immer selbst für die Anstriche gesorgt.
Ein geübter Streicher ist auch der Chirurg Dr. Siegbert Vogel: "Ab und zu streiche ich mal im Haus." Außerdem ist er sich sicher: "Streichen kann jeder."
Sein chirurgischer Kollege Werner Weth baut dabei aber auch lieber auf seine Ehefrau. Ein Hindernis beim Heimwerken sei die Sorge, dass die Hände verletzt werden. Selbst Fahrrad fährt er deshalb nur mit Handschuhen.
"Mein Pinsel verliert Haare", beklagt die Internistin Dr. Ute Lederer. Mit schicken Jeans und Lederjacke und ohne jeden Farbklecks sieht sie eher nach Shopping aus. Auch sie ist eine geübte Malerin. Wenn es ihre knappe Zeit erlaubt, ist sie zu Hause mit Farbe und Pinsel zu Gange.
Den Anstoß für die Streichaktion gab das Beispiel der Karlstadter Stadträte am historischen Rathaus, betont Lederer. "Wir haben alle eine recht persönliche Bindung zum Krankenhaus", erklärt sie den spontanen Einsatz von allen Belegärzten.
"Wir sind auch sonst oft da", ergänzt Weth. Ihm bereitet ein wenig Sorge, die anderen Kliniken könnten meinen, "die haben nichts zu tun, die müssen streichen". Da hat Maria Schneider, die Geschäftsleiterin des Krankenhauses, ganz andere Erfahrungen gesammelt. Sie koordinierte die Einsätze an mehreren Tagen: "Es war gar nicht so einfach." Die Praxen und der Dienst im Krankenhaus ließen nur wenig Spielraum.
Als Fachmann stand den Ärzten Johann Vetter zur Seite. Der Ruheständler ist im Krankenhaus der Mann für handwerkliche Notfälle. Er hatte bereits bei der Trafo-Station den Grundputz aufgezogen und die Metallteile grundiert. Den zweifachen farbigen Anstrich und das Lackieren besorgten die Ärzte. Zum ersten Mal hatte er Mediziner als "Stifte". "Aber sie waren ganz tüchtig", lobt er sie. Sie hätten sich sogar belehren lassen. "Ich empfehle sie weiter fürs nächste Mal", betont Vetter. Da ist Dr. Baier aber ganz anderer Meinung. Es sei zwar ein gemeinschaftlich kurzweiliges Erlebnis gewesen: "Ansonsten bleibe ich bei den Sachen, die ich kann."