Das Bild von einer Schneiderbude als Hintergrund, ein Tischchen, drapiert mit typischen Utensilien, dazu ein Fahrrad mit Kleidersack auf dem Gepäckträger. Die Kulisse im Wirtshaus 1890 in Frammersbach hat es den über 80 Besuchern der "Heimschneiderweihnacht" am Freitagabend leicht gemacht, sich in längst vergangene Zeiten zurückzuversetzen.
Baum erst kurz vor Heiligabend
Akteur in dieser Szenerie war Schauspieler Kurt Spielmann aus Großwallstadt, den der Museumsverein anlässlich seines 15-jährigen Bestehens eingeladen hatte. Spielmann plauderte mit hessischem Zungenschlag über seine eigene Kindheit als Sohn von Heimschneidern und weckte damit bei den älteren Zuhörern Erinnerungen an die Weihnachtszeit der 50er und 60er Jahre.
"Wir hatten aber immer nasse Füße, und wenn wir vom Kalten ins Warme kamen, hat es immer so ein bisschen gebitzelt." Gemurmel, zustimmendes Kopfnicken und ein melancholisches Lächeln auf den Gesichtern der Gäste -ja, so war das vor 60, 70 oder 80 Jahren, als es zu Weihnachten noch schneite. "Man bekam vor allem Sachen geschenkt, die man brauchte, wie Schiesser-Feinripp und Polyacrylpullover, in denen man nach Kuhstall stank und die beim Ausziehen im Dunkeln knisterten und Glitzersternchen versprühten." Spielsachen gab es nur im Katalog oder im Spielwarengeschäft, »wo wir uns als Kinder die Nase an der Schaufensterscheibe platt drückten«.
Anders bei den wohlhabenden Geschäftsleuten im Ort. "Dort gab's Autos, Blechspielzeug oder eine Burg. Der Christbaum war mit roten Kugeln und rotem Lametta geschmückt. Da konnte unser spärlich aufgeputztes, oft windschiefes Bäumchen nicht mithalten, das Vater kurz vor Heiligabend noch besorgt hatte - früher im Wald, später, nachdem er vom Flurschütz erwischt worden war, beim örtlichen Christbaumhändler."
Große Zustimmung
Adventsmärkte mit gepanschtem Glühwein und lebenden Krippen habe es früher nicht gegeben, dafür Barbarazweige und einen Adventskranz. Oft sei an Heiligabend wegen der "eiligen Kittel" bis kurz vor der Bescherung geschafft worden.
Spielmann schilderte auf liebevolle Weise Begebenheiten und Anekdoten rund um die Adventszeit, ohne dabei in kitschige Weihnachtssentimentalität abzugleiten.
Große Zustimmung beim Publikum fand das gemeinsame Singen von klassischen Weihnachtsliedern, zu dem der Erzähler zwischen seinem Vortrag einlud. Wie gut die Veranstaltung angekommen ist, zeigte sich am Wunsch der Zuschauer nach einer Fortsetzung im kommenden Jahr.