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Zwischenstopp auf dem Weg in die Alpen

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Zwischenstopp auf dem Weg in die Alpen

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    Ein sechswöchiges "Alpenprojekt" ziehen Hamburger Schüler mit ihren zwei Lehrern durch. Zunächst radeln sie
1100 Kilometer, arbeiten dann freiwillig in einem Bergwaldprojekt und setzen sich zum Abschluss bei einer
Wanderung mit der Problematik der zurückgehenden Gletscher auseinander. Unterwegs müssen sie schauen, wo
übernachten können. In Karlstadt stellte ihnen spontan der evangelische Pfarrer Paul Häberlein (links im Bild) den
Gemeindesaal zur Verfügung.
    Ein sechswöchiges "Alpenprojekt" ziehen Hamburger Schüler mit ihren zwei Lehrern durch. Zunächst radeln sie 1100 Kilometer, arbeiten dann freiwillig in einem Bergwaldprojekt und setzen sich zum Abschluss bei einer Wanderung mit der Problematik der zurückgehenden Gletscher auseinander. Unterwegs müssen sie schauen, wo übernachten können. In Karlstadt stellte ihnen spontan der evangelische Pfarrer Paul Häberlein (links im Bild) den Gemeindesaal zur Verfügung. Foto: FOTO SYLVIA SCHUBART-ARAND

    Im Garten hinter der evangelischen Kirche wuseln am Montagmorgen um 8 Uhr 25 verschlafene junge Leute. Eile ist geboten, denn um 9 Uhr muss der Gemeindesaal, in dem sie die Nacht verbracht haben, leer und sauber sein. Das ist die einzige Bedingung, die der evangelische Pfarrer Paul Häberlein an die 16- und 17-jährigen Gymnasiasten der Hamburger Gesamtschule Blankenese gestellt hat, damit sie dort kostenlos eine Nacht unter Aufsicht ihrer zwei Lehrer verbringen konnten.

    Die Gruppe zieht ein besonderes pädagogisches Projekt durch: Vom 19. August bis zum 22. September, also für sechs Wochen, sind die beiden Lehrer Ellen Horstmann-Sachs und Claas Grot mit elf Mädchen und 14 Jungen der elften Klasse mit dem Fahrrad von Hamburg aus in die Schweiz unterwegs. Dort werden die Jugendlichen noch eine Woche freiwillig arbeiten und zur Abrundung der anstrengenden Tour geht es auch noch auf einen Gletscher.

    Zum zweiten Mal führt die Gesamtschule Blankenese dieses Projekt durch, bei dem Heranwachsenden über den Arbeitseinsatz in einem Umweltprojekt in den Schweizer Alpen Naturerfahrung, Übernahme von Eigenverantwortung, Teamfähigkeit und Organisation in der Gruppe vermittelt werden soll. Lehrer Grot war vor zwei Jahren mit einer kleineren Gruppe unterwegs; diesmal wollte er eine ganze Klasse mitnehmen. Schulleitung und Eltern unterstützen das Projekt, das jeden Teilnehmer 1200 Euro kostet. Teuer wird es, weil die Schüler für ihren Arbeitseinsatz in den Schweizer Alpen auch noch zahlen müssen.

    Beim "Alpenprojekt" ist der Weg das Ziel: Die Schüler planen die Route ihrer Tour von Hamburg in die Schweiz selbst. Täglich müssen sie nicht nur entscheiden, welche Strecke sie zurücklegen wollen, sondern sich auch Übernachtungsmöglichkeiten suchen - im voraus gebucht wurde nur wenig. In Obersinn genehmigte der Fußballverein den jungen Hamburgern, ihre Zelte auf dem Sportplatz aufzustellen und die Duschen zu nutzen. In Karlstadt bot die Kirchengemeinde ihren Gemeindesaal zur Übernachtung an, anderswo werden Sporthallen oder Wiesen zweckentfremdet.

    Auf dem ersten Abschnitt der Fahrt steht das Projektthema "Wasser" im Vordergrund. An verschiedenen Orten entlang des Weges, beispielsweise einer Schleuse, halten die Schüler Referate. Außerdem nahmen sie an einem Seminar des Wissenschaftlichen Zentrums für Umweltforschung der Uni Kassel teil und besichtigten die Wasseraufbereitung von VW im Werk Baunatal. In Biologie, Chemie und Mathe wird das Thema bei der Analyse von Wasserproben vertieft. Als das Wasser jedoch zu heftig auf sie einprasselte, fuhren die Schüler ein Stück mit dem Zug. Auch die Rhön überquerten nur wenige auf dem Rad - die anderen fuhren Zug und nahmen das Gepäck der Radler mit.

    Über Geographie lernen die Schüler viel bei der Routenplanung. "Wir haben gar nicht gewusst, dass Deutschland so schön ist", haben sie festgestellt. Geschichte kommt auch nicht zu kurz: Lehrerin Horstmann-Sachs kündigte an, die Würzburger Festung zu besichtigen.

    Schlapp gemacht hat bislang noch keiner. "Man gewöhnt sich ans Fahren", meint Michaela. Lehrer Grot gibt zu, dass er schon den Allerwertesten spürt. Die Stimmung ist gut. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist aber, die Gruppe zu verantwortlichem Verhalten zu ermutigen. Deshalb gibt es schon mal ein Donnerwetter der Lehrerin, wenn jeder erst an sich denkt, statt gemeinsam dafür zu sorgen, dass der evangelische Gemeindesaal pünktlich um 9 Uhr geräumt ist. "Den Jugendlichen fällt es schwer, das Ganze zu sehen", sagt Lehrer Grot.

    Doch die Jugendlichen akzeptieren, dass sie selbst kochen, auf harten Isomatten schlafen müssen und nicht täglich duschen können. Um so größer ist die Freude über eine Erfrischung im Karlstadter Freibad. Schließlich ist der Weg noch weit bis zum Vierwaldstätter See. In der Schweiz werden die Hamburger mit der gemeinnützigen "Bildungswerkstatt Bergwald" sechs Tage lang täglich neun Stunden zum Erhalt der Alpen beitragen. Sie werden unter Anleitung von Forstingenieuren von Borkenkäfern befallene Bäume abholzen, Wanderwege anlegen und den Jungwald pflegen. Außerdem werden die Schüler an Informationsveranstaltungen teilnehmen.

    Abgerundet wird die Tour mit einer Gletscherwanderung über den Nord- und Südkamm der Alpen. Die nötige Ausrüstung dafür wird einer der Väter in die Schweiz transportieren. Endpunkt der Reise ist Locarno am Lago Maggiore. Von dort geht es mit dem Zug zurück in den hohen Norden. "Wir können uns gar nicht vorstellen, dass dann wieder jeder für sich allein in einem Zimmer schläft", meinen die Schüler.

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