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18 Quadratmeter für sechs Personen

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    Am 7. April 1946 trafen über 1000 Heimatvertriebene aus Südmähren und Znaim am Bahnhof in Wertheim ein
    Am 7. April 1946 trafen über 1000 Heimatvertriebene aus Südmähren und Znaim am Bahnhof in Wertheim ein Foto: FOTO HEINZ FINKE/REPRO UWE BÜTTNER

    Insgesamt 22 509 Heimatvertriebene aus den Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie, Ungarn und dem Sudetenland fanden bis Ende 1946 im Kreis Tauberbischofsheim und 10 801 Heimatvertriebene im Landkreis Mergentheim eine neue Heimat.

    Sie waren aufgrund der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz wie insgesamt zwölf Millionen Deutsche auch aus den Ostgebieten ausgesiedelt worden. Rund zwei Millionen Menschen kamen bei der Flucht und Vertreibung ums Leben.

    Auf Beschluss der Kreisselbstverwaltung des Landkreises Tauberbischofsheim und der Amerikanischen Militärregierung unter Gouverneur Captain Barber wurden in der Taubstummenanstalt in Gerlachsheim und dem ehemalige Fliegerhorst in Wertheim Auffanglager für die Ostflüchtlinge eingerichtet. Im Zobel'schen Schloss in Distelhausen sollte ein Krankenhaus für TBC - Kranke eingerichtet werden.

    Auffanglager in Gerlachsheim

    Nach Abzug der amerikanischen Besatzungstruppen kam der erste Flüchtlingstransport Anfang April 1946 nach Tauberbischofsheim. Die Verpflegung erfolgte über die im Frankoniahaus untergebrachte Volksküche.

    Bereits ab dem 6. November 1945 wurde in Gerlachsheim in der Taubstummenanstalt ein Auffanglager für Ostflüchtlinge eingerichtet. Am 30.  Juni 1947 wurde das Lager Gerlachsheim durch Landrat Herman Götz und den Landeskommissar für Flüchtlingswesen, Professor Siebert aus Karlsruhe, aufgelöst.

    Der erste Zug mit Heimatvertriebenen aus dem ungarischen Budaörs mit 1033 Personen erreichte Gerlachsheim, begleitet von sowjetischen Offizieren, am 7.  Februar 1946.

    Die Ankommenden befanden sich in völlig ausgehungertem und verwahrlostem Zustand. Für die ärztliche Versorgung wurde Dr. Schreder als Lagerarzt verpflichtet und eine Krankenschwester abgestellt, schwierige Fälle wurden ins Krankenhaus in Tauberbischofsheim eingeliefert. In der Lagerküche des Auffanglagers wurden die Heimatvertriebenen mit dem Nötigsten versorgt.

    Bis 1947 folgten zahlreiche weitere Transporte aus Ungarn, dem Sudetenland und Schlesien. Nach acht bis zehn Tagen Aufenthalt wurden die Heimatvertriebenen auf die umliegenden Gemeinden im Kreisgebiet verteilt, um Platz für die nachfolgenden Transporte zu machen.

    Nach zähen Verhandlungen mit der Amerikanischen Militärregierung unter Leitung von Lieutnant Zecca über die Rückgabe des Reinhardshofes an die Stadt Wertheim wurde hier ein Durchgangslager eingerichtet. Über das Landwirtschaftsamt Karlsruhe wurde von Landrat Richard Reile und Inspektor Grosch von der Kreisselbstverwaltung Baumaterial für das Lager Wertheim in Höhe von 130 000 Reichsmark angefordert. Am 13. April 1946 trafen hier bereits zwei weitere Transporte aus Ungarn mit 1600 Personen ein.

    Ab September 1946 kamen weitere 300 000 Flüchtlinge in die Amerikanische Besatzungszone Württemberg-Baden. Für den Landkreis Tauberbischofsheim wurden 2000 bis 3000 Flüchtlinge erwartet.

    Am 26. September 1946 berichtet der Flüchtlingsreferent des Landratsamtes über die Zustände im Fliegerhorst. Von Seiten der Siedlungsbewohner kamen Beschwerden über die menschenunwürdige Unterbringung. Der Verwalter bezeichnete die örtlichen Zustände als haarsträubend. So mussten sich neun Personen 36,4 Quadratmeter, acht Personen 23,6 Quadratmeter und sechs Personen 17,8 Quadratmeter Wohnfläche teilen, hier wurde gekocht, gegessen und geschlafen.

    Zur Verbesserung ihrer Situation erhielten die Lagerbewohner Saatgut und landwirtschaftliche Maschinen zugeteilt. Durch den Anbau konnte die Versorgung verbessert werden. In der Siedlung wurden eine Schule, ein Kindergarten sowie katholische und evangelische Einrichtungen gebaut. Es entstanden sogar kleine Geschäfte und Betriebe. Das Lager in Wertheim bestand noch bis 1951 und musste danach für die neu entstehenden Peden Barracks aufgelöst werden.

    Die Verteilung der Heimatvertriebenen auf die Gemeinden war für die Kreisverwaltung eine oft schwierige und undankbare Aufgabe. Zunächst wurde der verfügbare Wohnraum zur Unterbringung der Neuankömmlinge im Kreisgebiet ermittelt - alle verfügbaren Räume wurden systematisch erfasst. Für die Wohnraumlenkung waren im Landkreis Tauberbischofsheim unter anderem der Gouverneur der Militärregierung, Major Barber, Landrat Hermann Götz sowie die Kreiswohnungskommission und Flüchtlingsreferenten zuständig.

    Wohnungen beschlagnahmt

    Von der Amerikanischen Militärregierung und der Kreiswohnungskommission wurden zahlreiche Wohnungen im Kreisgebiet zur Unterbringung von Heimatvertriebenen beschlagnahmt, oft unter starkem Protest der Anwohner und Bürgermeister. Bei Nichtunterbringung von Flüchtlingen wurden von der Militärregierung drastische Strafen verhängt und so mancher Bürger landete im Gefängnis.

    Die ersten Organisationen, die sich im Kreisgebiet um die Flüchtlinge kümmerten, waren das Deutsche Rote Kreuz, die neu gegründete Caritas und die Flüchtlingsfürsorgerinnen des Evangelischen Hilfswerks.

    Im März 1947 berichtete Irmela Zentgraf dem Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe über die Situation der Heimatvertriebenen im Landkreis Tauberbischofsheim. Im gleichen Monat besuchte sie die Diasporadörfer rund um Tauberbischofsheim, in denen sich hauptsächlich Schlesier, Sudetendeutsche und Ungarn befanden.

    In fast jedem Dorf fand sie Flüchtlingswohnungen, die jeglicher menschenwürdigen Unterbringung spotteten. Weitere Besuche in den Gemeinden um Lauda zeigten die gleiche Situation unter den Heimatvertriebenen, jedoch war die Unterkunft in den Dörfern meistens besser als in den Städten.

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    Im Kreisgebiet entstanden durch den Zuzug der Neubürger zahlreiche neue Wohngebiete wie zum Beispiel 1950 in Tauberbischofsheim "Die Schlacht". Bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 hatte der Landkreis Tauberbischofsheim 56 650 Einwohner, am 13. September 1950 wohnten hier bereits 80 491 Personen. In den einzelnen Gemeinden: Tauberbischofsheim 3609 (1939) und 5824 (1950), Wittighausen (1128/1651), Großrinderfeld (1090/1357), Grünsfeld (1572/2090), Werbach (730/1063).

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