Welch große Bandbreite an Handwerksberufen es früher in Grünsfeld gab, zeigt eine alte Schautafel mit Fotografien eines Festzuges zum 25-jährigen Bestehen des Handwerkervereins, einem Vorläufer des heutigen Gewerbevereins. Wann genau dieser Festzug stattgefunden hat, kann heute niemand mehr sagen. Beim Gewerbeverein gibt es darüber keine Aufzeichnungen mehr und selbst Grünsfelds Ehrenbürger Edgar Weinmann kann die Bilder nicht genau datieren. Der über 90-Jährige hat in den letzten Jahrzehnten viel für die Bewahrung der Geschichte seiner Heimatstadt unternommen. Einiges wäre in Vergessenheit geraten, hätte Weinmann es nicht gerettet und für die Nachwelt aufbereitet.
Immer wieder kommen alteingesessene Familien aus dem Kreis auf ihn zu und übergeben ihm wahre "Schätze". So wie eben diese Schautafel mit Bildern eines Festumzuges des Handwerkervereins. Die Tafel hing jahrelang in der Werkstatt des Installationsbetriebes von Rudolf Ulzhöfer. Niemand beachtete die alten Bilder und entsprechend habe die Tafel dann auch ausgesehen, als sie an Edgar Weinmann übergeben wurde. Er kümmerte sich um die Restaurierung und nun kann man wieder erkennen, wie viele Gewerke es einst in Grünsfeld gab.
Die Bilder müssten in den 1920er Jahren entstanden sein, hat Weinmann zumindest herausgefunden. Wann genau, ist allerdings nicht mehr feststellbar. "Wir hatten früher in Grünsfeld beispielsweise fünf Bäckereien und vier Metzgereien", berichtet der Ehrenbürger von der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Damals seien noch viele Handwerker und vor allem Betriebe in der Stadt gewesen, von denen die meisten heute verschwunden seien oder sich in den Gewerbegebieten außerhalb der Stadtmauer angesiedelt hätten.
Solche Konzentrationen von Betrieben gab es allerdings auch schon früher, nur geordneter, als die Zünfte im Mittelalter ganze Straßenzüge beherrschten. In einer Straße gab es nur Schmiede, in einer anderen Tuchmacher und in wieder einer anderen nur Fassmacher oder Schreiner.
Fülle an Berufen erkennbar
Nun kann man anhand der alten Schautafel nachweisen, welch große Breite an Handwerksberufen es früher gab. Da waren die Küfer und Winzer, die auf einem von Pferden gezogenen Prachtwagen ihr Handwerk präsentierten. Oder die Steinbrecher in ihrer täglichen Arbeitskleidung. Zu sehen ist auch der Stadtrat, der sich historische Motive als Verkleidung ausgesucht hatte. So verkörperten einige Herren den Landgraf von Leuchtenberg samt Knappen oder befreundete Ritter aus Rieneck.
Nicht fehlen durfte die Bauernschaft, die mit ihrem prall gefüllten Erntewagen zeigte, wie üppig die Natur für die Versorgung der Stadtbevölkerung sorgt. Auf der Tafel sind auch die Metzger, Bäcker, Zimmerleute oder Wagner und Schmiede und viele weitere Berufsgruppen zu erkennen.
Ein Indiz für die zeitliche Einordnung der Bilder könnte der Radfahrverein sein. Er beteiligte sich am Festzug sowohl mit einer Radfahrtruppe, als auch mit einer Motivgruppe. Hier wurde Bezug auf die Motorfliegerei genommen, die auch in Grünsfeld nach dem Ersten Weltkrieg betrieben wurde. Und natürlich wurde auch an die Unterhaltung der vielen Zuschauer und Zuschauerinnen gedacht: Eine Musikkapelle spielte auf. So kann man noch viele Kleinigkeiten auf den Bildern erkennen, die, laut Edgar Weinmann, bald als Schautafel im Rathaus ausgestellt werden sollen.