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NEU-ULM/ULM: Arzt wird als „Jesus“ gekreuzigt

NEU-ULM/ULM

Arzt wird als „Jesus“ gekreuzigt

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    Marcello Catena trägt in Neu-Ulm als Jesus das Kreuz. DPA
    Marcello Catena trägt in Neu-Ulm als Jesus das Kreuz. DPA Foto: FOTO

    (dpa) Auf seine schulterlangen gelockten Haare werden sie am Karfreitag die Dornenkrone setzen, ihm die Kleider vom Leib reißen und dann vor dem Ulmer Münster kreuzigen. Marcello Catena, der 30 Jahre alte Arzt aus Neu-Ulm, spielt in Bayerns einzigem lebendigen Kreuzweg die Hauptrolle, den gepeinigten Jesus. Schon fünfmal ließ er sich nach dem Kreuzweg von Neu-Ulm zum Ulmer Münsterplatz symbolisch kreuzigen.

    „Ich versuche mich in die Rolle hinein zu versetzen, um Schmerz und Leid rüberzubringen. Dann vergesse ich mich ganz und durchleben die Jesus-Rolle“, beschreibt er seine Empfindungen. Er glaube, dass viele Menschen gerade die bildliche Darstellung des Karfreitag-Geschehens besser verstehen.

    Rund 80 Darsteller haben in den vergangenen Wochen den Kreuzweg immer wieder geprobt. Im vergangenen Jahr musste der Umzug wegen schlechten Wetters ausfallen, diesmal ist die Wetterprognose günstig. Rund 20000 Zuschauer würden in Neu-Ulm und Ulm erwartet, erklärt Initiator Nicola Albarino. Die Passionsdarstellung sei an vergleichbaren Aufführungen in seinem italienischen Heimatland Apulien orientiert. „Passionsspiele gibt es viele, aber so ein lebendiger Kreuzweg ist etwas besonderes in Süddeutschland“, sagt Albarino, der Präsident der italienischen katholischen Gemeinde.

    Auf fünf Bühnen werden die Stationen der Karfreitagspassion dargestellt. Es beginnt am späten Nachmittag mit der Gefangennahme Jesu am Petrusplatz in Neu-Ulm. Dann folgt das Verhör vor den Hohenpriestern, der Prozess bei Pontius Pilatus und zum Schluss die Kreuzigung vor dem historischen Münster in Ulm. „Die Leute sind immer sehr beeindruckt, manche weinen sogar“, beschreibt Albarino die Reaktion der Zuschauer früherer Jahre. Zu den szenischen Darstellungen kommt über Lautsprecher ernste, geistliche Musik. Dazu wird gebetet und gesungen. „Das ist kein Spektakel, sondern eine ernste Darstellung des biblischen Evangeliums.“

    „Wenn die Leute weinen, weiß ich, dass ich die Handlung gefühlsmäßig gut rüberbringe“, sagt Jesus-Darsteller Catena. Seine katholische Mutter hatte ihn vor Jahren im Vorstand der italienischen Mission für die Christus-Rolle vorgeschlagen, er wurde ausgewählt und ist seitdem Hauptfigur des lebendigen Kreuzweges. „Ich bin gläubig, aber jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, das schaffe ich nicht“, erzählt Catena alias Jesus. Vom Charakter her sei er aber sicherlich die richtige Besetzung für die Rolle, meint er. Für seinen Arztberuf habe sich wenig geändert. Er lerne aber Geduld zu haben, wenn 80 Akteure zusammenarbeiten. „Mit unserem Kreuzweg erreichen wir die Herzen der Menschen“, sagt Albarino, der vom Ulmer Domkapitel und der Diözese Rottenburg unterstützt wird.

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