„Die Tendenz ist steigend“, so Moll. Täglich kämen nun neue Meldungen herein. Betroffen seien vor allem Kinder und junge Erwachsene. „Das jüngste erkrankte Kind ist 17 Monate alt“, erzählt Moll. Oft würden sich dann auch die Eltern anstecken, doch gehe die Verbreitung in der Hauptsache von den Kindern aus. So dramatisch, dass etwa Schulen geschlossen werden mussten, ist die Situation im Main-Tauber-Kreis derzeit aber nicht.
Wer einer Ansteckung entgehen möchte, lässt sich impfen. Obwohl viele Menschen durch Berichte über mögliche Risiken des Impfstoffs verunsichert sind, entscheiden sich doch auch im Main-Tauber-Kreis etliche für den Pieks mit der Nadel. So auch in der Praxis des Wittighäuser Allgemeinmediziners Dr. Reiner Saltin. Er kann am heutigen Mittwoch zum ersten Mal gegen die Schweinegrippe impfen, denn er hat mittlerweile 20 Impfwillige zusammen bekommen.
Der Impfstoff wird in Chargen für jeweils zehn Personen geliefert und muss zügig verbraucht werden, da er sich angebrochen nur 24 Stunden hält. Der Hausarzt befürwortet die Impfung und glaubt an die Verträglichkeit des Impfstoffs. „Ich vertraue darauf, dass das Robert-Koch-Institut gut gearbeitet hat“, sagt der Arzt. Sein Hauptargument für die Impfung: „Die Grippewelle kommt, und das Virus geht durch viele ungeimpfte Körper. Da besteht die Gefahr, dass eine neue Virus-Variante entsteht, gegen die dann keine Impfung mehr wirkt.“
Bisher hat er in seiner Praxis erst einen Patienten mit Schweinegrippe behandelt: ein kleines Kind, das sich die Krankheit in Spanien geholt hatte und bei dem der Verlauf laut Saltin mild war. Einen weiteren Verdachtsfall habe er erst am Montag gehabt, sagt er. Sobald der Arzt einen Patienten mit typischen Symptomen wie Fieber, Husten und ausgeprägtem Krankheitsgefühl vor sich hat, macht er einen Rachenabstrich. Der muss im Labor getestet werden, denn die üblichen, zur Feststellung der „normalen“ Influenza verwendeten Tests könnten die Schweinegrippe nicht sicher identifizieren, sagt Reiner Saltin.
Gegen die saisonale Grippe hat er übrigens schon an die 400 Patienten geimpft. Dabei habe es keine Probleme mit Nebenwirkungen gegeben, so der Mediziner. Und so glaubt er, dass auch der neue Impfstoff gut verträglich sei.
Dr. Rainald Schnittger, Allgemeinmediziner aus Gerchsheim, hat bereits am Dienstag die erste Zehnergruppe geimpft. Vor allem Chronikern und Schwerkranken empfiehlt der Arzt die Impfung. Schnittger hält die Impfung für sinnvoll, wenn die Zahl der Erkrankten weiter zunimmt. Bisher sei die Nachfrage in seiner Praxis eher gering gewesen, aufgrund der Berichte über eine Ausbreitung der Neuen Grippe steige sie jetzt aber an.
Er selbst wolle sich nach der „normalen“ Grippeimpfung jetzt auch gegen die Schweinegrippe impfen lassen, ergänzt der Arzt. In seiner eigenen Praxis hat er zwar noch keinen Patienten behandelt, im Notdienst aber sind ihm schon einige Verdachtsfälle untergekommen. Das rührt daher, dass Schnittger seinen Notdienst im benachbarten unterfränkischen Raum versieht, wo die Schweinegrippe derzeit stärker verbreitet ist als im Main-Tauber-Kreis.
Ob eine oder zwei Impfungen nötig sind, hängt laut Rainald Schnittger von der Altersgruppe ab. Für ältere Menschen seien zwei Impftermine nötig, während bei den „Mittelalten“ ein einziger Pieks genüge. Bei Kindern müsse die Dosis halbiert werden. Schnittger betont, dass für die Schweinegrippe-Impfung das Gleiche gelte wie für andere Impfungen: Die Patienten müssen vollständig gesund sein, damit das Immunsystem auf die Impfung richtig reagieren kann. Wie die meisten seiner Kollegen hält der Arzt aus Gerchsheim einen objektiven Blick auf das Thema für nötig: „Ich will nicht dramatisieren, aber auch nicht banalisieren.“
Landrat Reinhard Frank trägt sich übrigens auch mit dem Gedanken an eine Impfung. Er habe in seinem Beruf so viele Kontakte mit Menschen, dass er sie für sinnvoll hält. Den Einwohnern seines Landkreises rät er, die Situation ernst zu nehmen und für sich selbst verantwortungsvoll abzuwägen.