Gottlob Haag, die Stimme Hohenlohes, ist tot. Er starb im Alter von 81 Jahren am vergangenen Donnerstag an einem schweren Krebsleiden. „Ich will heim“ – diese Worte Gottlob Haags auf dem Sterbebett fassen sein ganzes Leben auf wunderbare Weise zusammen.
Wer die Gnade hatte, den großen Dichter in seinen letzten Stunden noch einmal zu erleben, die Schwäche, die gleichzeitig Kraft war, weiß, dass Gottlob Haag jetzt dort ist, wo er sich sein Leben lang hingesehnt hat, trotz aller unbedingten Diesseitigkeit, die er auch verströmt hat.
In seinem erfolgreichen, mehrfach aufgelegten Lyrikband „Mit ere Hendvoll Wiind“, schrieb er schon zu Beginn seines dichterischen Schaffens Ende der 60er Jahre, das Alter vorahnend: Haamizues: Ou'en Schtägge/ stockt/ e'alder Mou/ berchauf,/ trippelt,/ schlorcht/ und schlaaft/ sen Schatte miit./ Mittoch is/ und klaa/ dr Schatte,/ wie'e Kiind,/ deß ou en/ Schtägge gäeht,/ füerhrt'en alde Mou/ mit klaani Schrittli/ haamizues.
Tief betroffen zeigten sich langjährige Weggefährten wie sein Lektor Peter Schäfer aus Würzburg. „Ich kann es immer noch nicht glauben“, sagt er berührt. Mehr als zehn Jahre hatte er Haag in seinem unermüdlichen Schaffen betreut und empfand zu dem „Herbstmensch“ – wie sich Haag selbst einmal bezeichnete – eine tiefe Freundschaft.
Gottlob Haag hat seinem Heimatdorf Wildentierbach, der Stadt Niederstetten, der ganzen hohenlohisch-fränkischen Region unendlich viel geschenkt. Auf der unmittelbar greifbaren Ebene waren dies rund 35 Bände mit Lyrik in Mundart und Hochsprache, Erzählungen, Zeitungs- und Rundfunkbeiträge, Theaterstücke. Ohne ihn würde es die Freilichtspiele im Niederstettener Tempele nicht geben. Sein Volksstück „Götz vo Berlichinge“, das er vor fast zwei Jahrzehnten schrieb, bildete die Keimzelle der Theateraufführungen in der tuffsteinigen Schlossgartennische am Vorbach. An William Shakespeare, dessen „Sturm“ dort derzeit zu sehen ist, hat sich Haag auch versucht. Immer, so hat er erzählt, hätte er einen hohenloher Sommernachtstraum dort gerne gespielt gesehen.
Vor seinem Haus in Wildentierbach liegt ein großer Feldstein. Das war, ist, Haag. Ein heimatverbundener Fels in der Brandung, ein Dolmenstein, aus alten Zeiten düster zukunft-kündend, ein Eckstein auch. Denn mit Kritik sparte er nicht: an der Zersiedelung seiner geliebten Landschaft, an der Gier mancher Mitmenschen, Bauern, brauner Politiker; das Schicksal der Juden war für Haag immer wieder ein Thema. Der sozialkritische, menschlich-bekennende Haag, hat sich mit seiner mahnenden Haltung nicht nur Freunde gemacht. Die Würdigungen seiner unmittelbaren Heimat kamen spät: Zwar verlieh ihm die Stadt Nürnberg schon 1965 einen Förderpreis, doch erst kurz vor der Jahrtausendwende nahmen die offiziellen Würdigungen zu. Für Gottlob Haag war die Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Niederstetten, das hat er immer wieder gesagt, ein Höhepunkt seines Lebens. Aus kleinen Verhältnissen stammend, war es für ihn einfach wichtig, es quasi mit Brief und Siegel zu haben, dass er es zu etwas gebracht hat.
Kraft zum täglichen Leben fand er in der Erinnerung an die geliebten Großeltern, die er auch in seinen letzten Stunden fürsorglich um sich wähnte, und in einem allumfassenden Glauben. Mit der Institution Kirche hatte Haag seine Probleme, verstand sich aber immer als gläubiger Christ, der vor der Natur und Schöpfung hohen Respekt hatte.