Auch wenn der offenbar nicht sehr Schamhafte das Wort „Notdurft“ vielleicht einfach nur falsch interpretiert hatte, dass man in der Not darf, war er von einem der Ordner prompt des Saales verwiesen worden. Doch auch nach mehreren Stunden an der frischen Luft war die Denkfähigkeit des jungen Mann immer noch so eingeschränkt, dass ihm eine weitere Fehlinterpretation unterlief: Er nahm die Bezeichnung „Dreschhalle“ zu wörtlich: Nach mehreren penetranten, wenn auch vergeblichen Anläufen, wieder am Geschehen im Saal teilnehmen zu dürfen, kam es nach einem anfänglich bloßem Wortgefecht zu Handgreiflichkeiten mit dem Türsteher. Laut Anklage hatte der junge Mann dabei seinen Widersacher festgehalten, während sich ein zweiter, ebenfalls 18-jähriger Besucher plötzlich ungefragt in die Auseinandersetzung einmischte. Dieser verpasste dem Ordnungshüter nach – angeblich fehlgeschlagenem Schlichtungsversuch – einen Schlag ins Gesicht.
Das bittere Ende des verkorksten Abends: Beide Männer wurden vom Amtsgericht Tauberbischofsheim der gefährlichen, weil gemeinschaftlich begangenen Körperverletzung für schuldig befunden und entsprechend dem Vorschlag der Jugendgerichtshilfe nach Jugendstrafrecht verurteilt.
Die Strafen selbst fielen sehr unterschiedlich aus. Denn während der Schläger mit einer richterlichen Verwarnung nebst der Auflage, eine gemeinnützige Organisation mit 650 Euro zu unterstützen, noch einmal glimpflich davonkam, hielt das Gericht für den eigentlichen Verursacher des Geschehens ein höheres Strafmaß für angemessen: Er wurde zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf vier Jahre Bewährung verurteilt.
In der Begründung des Urteils erläuterte der Richter zunächst, warum er das Verhalten der beiden Männer als „gemeinschaftlich“ gewertet hatte. Nach gängiger Rechtsprechung müssten für eine solche Auslegung nämlich nicht beide Täter zugeschlagen haben. Vielmehr reiche es aus, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Täter dem anderen durch Festhalten des Gegners den Rücken stärke und damit die Gefährlichkeit der Situation wesentlich erhöhe.
„Unter meiner Leitung gibt es bei gefährlicher Körperverletzung grundsätzlich Freiheitsstrafe“, wandte sich der Richter an die beiden Angeklagten. Umso mehr erstaunte die doch eher milde Strafe für den einen der beiden 18-Jährigen. Dies erklärte der Richter mit seinem Verhalten nach der Tat: Der junge Mann habe sich seit dem Vorfall zum einen erheblich zu seinem Vorteil geändert, so dass man von einer positiven Sozialprognose ausgehen können. Zum anderen habe er sein Opfer freiwillig mit einem Trostpflaster über 500 Euro für die erlittene Pein mittlerweile entschädigt – wenn auch vermutlich auf den weisen Rat seines Verteidigers hin.
Sozialstunden als Auflage
Im Gegensatz dazu hatte der eher labile Russlanddeutsche nach Ansicht des Gerichts solche Pluspunkte nicht vorzuweisen. Und da bei ihm zudem zu befürchten sei, dass er sein Leben trotz des positiven Einflusses einer neuen Freundin auch weiterhin nicht problemlos in den Griff bekommen werde, hatte ihm der Richter nicht nur die „extralange“ Bewährungszeit von vier Jahren auferlegt, sondern zudem angeordnet, dass er sich mit 160 Stunden unentgeltlicher Arbeit für das Gemeinwohl engagieren muss. Überdies wird ihm für die Dauer der Bewährungszeit von einem Bewährungshelfer über die Schulter geschaut.