In Mengen und Hohentengen bangen sie um eine Rekrutenschmiede der Bundeswehr. Experten munkeln: Die Oberschwabenkaserne könnte der Reform der Streitkräfte zum Opfer fallen. Doch der Bürgermeister kämpft. Und manch einer setzt gar auf göttlichen Beistand.
Seine Argumente für die Bundeswehr füllen einen ganzen Ordner. Stefan Bubeck (CDU), Bürgermeister der Stadt Mengen (Kreis Sigmaringen), fördert ein Papier zutage. Eine „Resolution der Stadt Mengen zum Erhalt der Oberschwabenkaserne“. Einige Tausend unterschriebene Erklärungen landeten im Postfach des Verteidigungsministeriums.
Zwischen Feldern, einem Flugplatz und dem einem Schlachthof liegt die Oberschwabenkaserne, ein reiner Ausbildungsstandort. Sie beherbergt das I. Bataillon Luftwaffenausbildungsregiment. Rund 600 Rekruten sowie 180 Stammsoldaten kommen hier unter. Seit dem vorläufigen Ende der Wehrpflicht bleiben einige Matratzen frei.
Kommandeur Peter Feldmeier weiß nicht, wie es nach der Entscheidung über die Bundeswehrstandorte Ende Oktober weitergeht. Die Bundeswehr ist mit über 850 Dienstposten größter Arbeitgeber der Kleinstadt Mengen und der Gemeinde Hohentengen. Allein den Betrieb der Kaserne überschlägt die Mengener Verwaltung mit einer jährlichen Wirtschaftskraft von 10 Millionen Euro. Durch den Abzug der Soldaten klaffte auch eine gesellschaftliche Lücke.
Bislang war die Oberschwabenkaserne wichtig für die Ausbildung von Wehrdienstleistenden. Die erste Einheit tat 1963 ihren Dienst. Über 100 000 Soldaten durchliefen die oberschwäbische Rekrutenschmiede. Zudem ist eine Sanitätsstaffel stationiert und ein angrenzender ziviler Flugplatz wird für militärische Zwecke genutzt. Die Existenz vieler Handwerksbetriebe hänge vom Stützpunkt ab, sagt Bubeck: Bis zu 70 Prozent aller Aufträge für einzelne Schreiner, Elektriker oder Stuckateure kämen aus der Kaserne.
Hochgradig gefährdet
Aus dem Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen reisten andere Stadtoberhäupter und Bubeck Anfang Juli nach Berlin. Für Ernüchterung sorgten Gespräche bei der „Stallwächterparty“ in der Landesvertretung Baden-Württembergs. Ein Gerücht sickerte durch: Die Stützpunkte in Mengen/Hohentengen und Meßstetten (Zollernalbkreis) fielen wohl der Neustrukturierung zum Opfer.
Ein Verteidigungsexperte bestätigt: Die Oberschwabenkaserne Mengen/Hohentengen sei hochgradig gefährdet. Im Zuge der Bundeswehrreform würden Luftwaffe und Rekrutenzahl erheblich verkleinert. Als reiner Ausbildungsstandort spreche „nicht viel“ für den Erhalt, sagt Mann, der nicht genannt werden will. Falls der Standort aufgelöst werde, könnten die Rekruten „andernorts an bestehende Ausbildungseinheiten drangehängt werden“. Schlechte Karten für die 780 Soldaten.
Als Wirtschaftsareal ungeeignet
Wird das Kasernentor geschlossen, ist die größte Befürchtung eine 87 Hektar große Brachfläche am Stadtrand, sagt Bubeck. Die Umwidmung des Militärgeländes in ein Wirtschaftsareal stelle die Stadt vor große Hürden. Kleine Rekrutenstuben: für Handwerker ungeeignet. Schulungs- und Verwaltungsgebäude: nicht ausgerichtet auf Gewerbe. Doch sagt Bubeck auch: Von Photovoltaik-Firmen bis Logistikunternehmen – zig Anfragen seien bei der Stadtverwaltung eingegangen.
Auch die Militärs haben die Oberschwabenkaserne noch nicht aufgegeben. „Wir sind optimiert für die Ausbildung und könnten dafür der zentrale Standort sein“, erläutert Kommandeur Peter Feldmeier. Für rund sieben Millionen Euro wurde die Kaserne auf Vordermann gebracht. Marco Lössl, einer von 15 Hauptfeldwebeln in Mengen, wäre von der Schließung sehr betroffen. Nach der Auflösung seines Bataillons in Bayreuth pendelte er nach Baden-Württemberg.
Der 34-jährige Ausbilder hoffte, sein Dienst in Oberschwaben sei von längerer Dauer. Er baute er für seine Familie in Hohentengen ein Haus. „Eigentlich wollte ich unser Bad umbauen. Jetzt gilt aber erst mal Baustopp.“ Etwa 70 Bundeswehrfamilien haben sich rund um Mengen häuslich niedergelassen.