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REUTLINGEN: Frau unter Zimmermännern

REUTLINGEN

Frau unter Zimmermännern

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    Eine Exotin im Zimmereiberuf: Die Auszubildende zur Zimmerin, Friederike von Sichart, arbeitet am Dienstag in einer Werkstatt der Berufsschule in Reutlingen. Zwischen ein und zwei Prozent beträgt der Anteil der weiblichen Schüler in den Berufsschulklassen der Zimmerer-Ausbildung in Baden-Württemberg pro Jahr..
    Eine Exotin im Zimmereiberuf: Die Auszubildende zur Zimmerin, Friederike von Sichart, arbeitet am Dienstag in einer Werkstatt der Berufsschule in Reutlingen. Zwischen ein und zwei Prozent beträgt der Anteil der weiblichen Schüler in den Berufsschulklassen der Zimmerer-Ausbildung in Baden-Württemberg pro Jahr.. Foto: Foto: DPA

    Friederike von Sichart steht jeden Tag ihren Mann. Die 22-Jährige will Zimmerin werden. Auch wenn sie bei ganz schweren Dachbalken Hilfe braucht, bei einigen Aufgaben ist sie ihren männlichen Kollegen sogar überlegen.

    Am Anfang schauten die Jungs schon komisch, als Friederike von Sichart den Klassenraum der Berufsschule in Reutlingen betrat. „Einige waren etwas irritiert, dass eine Frau zur Zimmermann-Ausbildung auftauchte“, erinnert sich die 22-Jährige.

    Inzwischen steht von Sichart kurz vor der Gesellenprüfung und fühlt sich allein unter männlichen Kollegen pudelwohl. „Unter Männern ist die Kommunikation häufig direkter und ehrlicher, Lästereien oder Beziehungskisten wie unter Mädels gibt es seltener“, sagt sie.

    Nach dem Abi gleich zu studieren, kam für Friederike von Sichart nicht infrage. „Ich wollte einfach etwas mit den Händen machen, meinen Körper spüren“, sagt die Frau mit den dunkelblonden Locken und prüft das fertige Modell eines Dachsparrens. „Es ist immer ein Glücksgefühl, wenn ich nach einem Tag das Ergebnis meiner Arbeit sehe“, stellt die Tübingerin fest.

    Frauen im Zimmermann-Anzug seien immer noch Exoten, sagt Bernhard Otto (47) vom Zimmerer-Ausbildungs-Zentrum in Biberach an der Riß. Zwischen ein und zwei Prozent betrage der Anteil der Schülerinnen in den entsprechenden Berufsschulklassen in Baden-Württemberg pro Jahr. Auf Vorzugsbehandlung bestünden sie aber nicht. „Einige sind sogar ein bisschen genervt, dass ihnen von den männlichen Kollegen dauernd Hilfe beim Tragen angeboten wird“, sagt Otto.

    Friederike von Sichart hat Strategien entwickelt, um alleine klarzukommen. „Ich richte mir meinen Arbeitsplatz so ein, dass ich kurze Wege habe und nutze gezielt die Hebelkraft, damit es nicht so auf den Rücken geht.“ Selbst bei den schweren Dachbalken schont sie sich nicht. „Manchmal bin ich über meine eigene Kraft überrascht“, sagt die 22-Jährige.

    Ihr Chef ist von der motivierten Auszubildenden angetan: „Friederike arbeitet sehr fix und fasst Dinge schnell auf“, sagt Thomas Baur-Geiger (52), Geschäftsführer der Trio Holzbau GmbH in Rottenburg (Landkreis Tübingen).

    Natürlich sei sie männlichen Kollegen bei besonders schweren Arbeiten unterlegen. Das mache sie aber in anderen Bereichen wieder wett. „Im Umgang mit unseren Kunden kommt sie sehr gut an.“

    Nach ihrer Gesellenprüfung will Friederike von Sichart mit einer Freundin einen kleinen Caravan aus Holz bauen. Vielleicht wollen sie damit nach Südfrankreich, aber das sei nicht so wichtig. „Eigentlich interessiert mich nur das Zimmern“, meint sie. „Ich will mir einfach beweisen, dass ich das kann.“

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